HORROR: GB, 2010
Regie: David Keating
Darsteller: Aidan Gillan, Eva Birthistle, Timothy Spall, Ella Conolly
Ein Hund tötet die kleine Tochter des Tierarztes Patrick und der Apothekerin Louise. Nach diesem Schicksalsschlag zieht sich das trauernde Ehepaar aufs Land zurück. Im abgeschiedenen Dörfchen Wakewood (welches noch heidnische Bräuche und Totenkulte pflegt), wird den Eltern ein merkwürdiges Angebot unterbreitet: Für drei Tage sollen sie ihre verstorbene Tochter zurückbekommen. Patrick und Louise willigen ein. Ein fataler Fehler.
KRITIK:Gegründet von William Hinds und Enrique Carreras in den 30ern. Unter der Ägide von Hinds Sohn Anthony in den 50ern zur ersten Adresse des europäischen Horrors geworden. Zu Weltruhm gelangt mit Verfimungen klassicher Horrormythen wie DRACULA, FRANKENSTEIN oder dem Wolfsmenschen hat man viele Schauerklassiker geschaffen und Genrelegenden geprägt. Wie Peter Cushing. Oder Christopher Lee. In den frühen Siebzigern verglühten jedoch die glücklichen (dunklen) Sterne und ein berühmtes Filmstudio musste seine Pforten schließen. Vermeintlich für immer ...
Die Rede ist - der wahre, traditionsbewußte Horrorfan hat es längst erraten - von den altvorderen britischen Hammer Studios. Ihnen wurde kürzlich neues Leben eingehaucht. Nach 32 Jahren Verweilen in der Ruhmeshalle des Horrorfilms hat der Imperator des niederländischen (TV-)Filmuniversum Endemol, John de Mol die Hammer-Fabrik wieder in Betrieb genommen.
WAKE WOOD ist Film Nr. 3 nach dem Neustart. Hammers Interpretation von William Wymark Jacobs berühmter "Affenpfote", die auch schon deutliche Inspirationsquelle zu Stephen Kings FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE gewesen ist. Hier wie dort geht es um unerträglichen Verlust und das grausame Gesetz, dass sich der Tod nicht betrügen lässt. Sei es, dass doch einmal ein Trauernder versucht, der Endlichkeit ein Schnippchen zu schlagen, steht am Ende zumeist ein Alptraum und noch mehr Leid.
Angesiedelt hat der irische Regisseur seine Geschichte in schaurig-schönen, trist-herrlichen irischen und schwedischen Locations. Und Hammers Rückkehr nach Hause ins Heim des Horrors ist zwar keine weltbewegende und auch keine, die in produktionstechnischer Hinsicht prunkvoll ausgestattet wäre, aber sie ist doch eine düstere und stimmige geworden; Mit den klassischen Schauermären der Cushing/Lee-Ära hat sie allerdings nicht mehr viel gemein. Weil Hammer versucht mit der Zeit zu gehen, ohne dabei die Wurzeln zu verraten.
Soll heißen, dass Hammer nach wie vor eher die alte Schule des Horrors repräsentiert. Die leisen, aber finsteren Töne anschlägt und trotzdem Gespür für Atmosphäre beweist.
Mit kleinen, vor allem gegen Ende nach keiner Jugendfreiheit strebenden Bluteinlagen werden aber genügend Zugeständnisse an die moderne Gangarten gemacht, so dass der Verdacht der Altbackenheit sich nie wirklich erhärtet. Im Gegenteil. Den morbiden Göttern wird zuhauf gehuldigt. Am krudesten und heftigsten in den Szenen der heidnischen Wiedererweckungsrituale, welche selbst bei einem alten WICKER MAN wie mir für das eine oder andere WTF-Erlebnis gesorgt haben. Gefallen hat mir dabei insbesondere der WITCHES-Beigeschmack. Diese kleine Rückkehr in heidnische Gefilde inmitten einer Kuhkaffklaustrophobie, die schon den alten Hammer aus dem Jahre 1966 mit Joan Fontaine ausgezeichnet hat.
Triumphale Rückkehr also? Leider nicht ganz. Obwohl WAKE WOOD massig gute (und vor allem äußerst makabere) Ansätze besitzt. Dennoch schwimmen einige Härchen in der unkoscheren Leichengiftsuppe. Wie die Schauspielriege um HARRY POTTER-Star Timothy Spall, die zwar nie wirklich schlecht, aber doch irgendwie blass agiert. Wie der Look, der zwar Atmosphäre vermittelt, aber leider trotzdem öfters nach ambitionierter TV-Produktion als nach großer Horrorbühne schmeckt. Und das splissigste Haar von allen ist natürlich der Kurswechsel mitten im Film , mit welchem der Plot das finstere Terrain von kruden Leichenriten und dem Horror eines schrecklichen Verlustes verlässt und stattdessen zum etwas plumpen Demon Child from Hell on the rampage verkommt.
Trotz allem ist der durch und durch passable WAKE WOOD einen Kennerblick wert. Und definitiv ein Zeitverkürzerer auf THE WOMAN IN BLACK. Ich vermute, dass die reanimierten Hammer Studios erst mit diesem potentiellen Cinemaxkanditaten durchstarten werden. Freut euch schon mal auf Hammers Interpretation des britischen Spukgeschichtenklassikers THE WOMAN IN BLACK, die hoffentlich auch in unsere Kinos kommt. Interessant hört sich dieses Projekt auf alle Fälle an; vor allem wenn man bedenkt, dass James Watkins, der Regisseur des derben EDEN LAKE, Regie geführt hat und als massenkompatibler Hauptdarsteller niemand Geringeres als HARRY POTTER himself Daniel Radcliffe verpflichtet werden konnte. Letzterer - so steht zu hoffen - dürfte sich hier die Seele aus dem Leib spielen, da es für ihn ja gilt aus der Schublade des ewigen Zauberlehrlings herauszukommen.