OT: Svastica nel ventre
NAZIPLOITATION: ITALIEN, 1977
Regie: Mario Caiano
Darsteller: Sirpa Lane, Giancarlo Sisti, Christiana Borghi, Piero Lulli, Roberto Posse
Jüdinn Hanna liebt den Deutschen Klaus. Als die Nazis die Macht in Deutschland übernehmen, trennen sich die Wege der beiden. Klaus geht zur Wehrmacht, Hanna ins KZ. Und von da aus direkt ins Puff. Nicht als Gast - versteht sich. Das gefällt Hanna nicht allzu sehr - versteht sich wohl auch.
Aber als sich der SS-Offizier von Stein ein neues Spielzeug ins Haus holen will, kommt Hannas große Chance dem Moloch des Bordells zu entkommen... Oh, und Klaus ist Verantwortlicher des Projekts Lebensborn, weil er sich an der Front verdient gemacht hat - is' klar, ne.
Schreit ja förmlich wieder danach großes Kino zu werden...
Und weiter gehts, munter durch den Bodensatz mediterranen Schmoddertums. Will heißen, nach den beiden kürzlich besprochenen Naziploitern SS EXPERIMENT LOVE CAMP und SS HELL CAMP - beide ohne Lager - geht es gleich weiter - ganz getreu dem Motto "A video nasty a day, keeps the morality away" oder auch "Everythings better with Nazis!", oder so - und zwar mit dem dieser Kritik zu Grunde liegenden Film NAZI LOVE CAMP 27 - diesmal tatsächlich mit Lager dass ich das noch erleben darf.
Dabei haben wir es denn auch mit einem Nischenfilm unter den Nischenfilmen zu tun. Denn, wir erinnern uns, dass so gut wie jeder italienischer Reißer in dem Hakenkreuzflaggen - bevorzugter Weise falschrum - an den abstrusesten Orten hängen, fiese SS-Schergen in Wehrmachtsuniformen in Marschritt und voller Feldausrüstung durch Konzentrations-Lager watscheln und sich dabei Befehle bar jeden Sinns in gebrochenem Deutsch zu brüllen - ein Deutscher der normal spricht? Undenkbar! -, und sich damsels in distress gegen noch fiesere SS-Schnecken in sexy-knappen Uniformen zu Wehr setzen müssen, während ihre KKs - was meint Knastkumpaninnen - reihenweiser übelster - meist jedoch einfach nur filmtechnisch übelst umgesetzter - Folter zum Opfer fallen, spätestens in den 80ern seine Videoauswertung fand, nur um kurz darauf verboten und irgendwann wieder freigegeben zu werden. Und mit dieser Freigabe und dem Ruf des Schmuddeligen, Verruchten und einstmals Verbotenen lässt sich denn auch so gut wie jeder Schund auf DVD pressen und ans geifernde Trashologen-Volk bringen - wenn möglich für teuer Geld in Hartboxen.
NAZI LOVE CAMP 27 hingegen fristet seit jeher ein eher einsames Schattendasein. Von zwei VHS-Veröffentlichungen abgesehen - eine davon bei City-Video in den USA sowie eine niederländische VHS, unter dem Titel Vrouenkamp (Frauenlager also, sehr kreativ, hrhr) bei Video Screen -, gibt es von La Svastica nel ventre - wie er im Original heißt - scheinbar keinerlei Kopien, nicht mal Bootlegs ließen sich bei Internetrecherchen ausfindig machen. Eine rare, etwas mysteriöse Schmuddelorgie also, verspricht jedenfalls die englische Wikipedia, die immerhin einen Eintrag über unser heutiges Schundfilmwerk enthält. Denn die verspricht vollmundig, der Film würde sich besonders durch seine äußerst brutalen Sleazereien, eine dramatische Handlung sowie Hardcore-Szenen auszeichnen - wobei da die Frage aufkommt, ob sich irgendwas durch Hardcore-Szenen auszeichnet mal abgesehen davon, dass man ja spätestens seit THRILLER - EN GRYM FILM weiß, dass das nicht immer ästhetisch anzuschauen ist.
Aber seis drum, äußerst brutales Rumgesaue wär ja mal was, wo doch gerade im Naziploitation-Genre gilt "Hunde die bellen, beißen nicht." - bestes Beispiel, wäre da wohl SS EXPERIMENT LOVE CAMP. Und Hardcore-Szenen, nun ja, ob die sein müssen ist die andere Frage, gerade in - und ja, das kommt jetzt wirklich von mir - moralischer Hinsicht - worauf ich später noch weiter eingehen werde, also schön dranbleiben, newa. Aber bevor man nun urteilt, sollte man sich erst mal selbst ein Bild machen. Entsprechend erfreut war ich denn auch, als ich endlich eine Kopie von LIVING NIGHTMARE - im Übrigen neben VROUENKAMP der einzige bekannte Alternativtitel - in das Abspielgerät schieben konnte.
Entsprechend enttäuscht war ich denn dann von dem was mir präsentiert wurde. Zwei gute Grunde, warum
A) Sexploitation mit tiefschürfender Handlung in den seltensten Fällen eine gute Idee ist und
B) warum sich Regisseure, die sich bisher mit Filmen beschäftigt haben, die zwar im Grunde noch zur Exploitation zählen, jedoch auf so etwas wie Dramaturgie bauen, sich nicht in die schmuddeligen Gefilde des Naziploitation-Kinos wagen sollten.
Im Grunde sind sich SS HELL CAMP und NAZI LOVE CAMP 27 ja ziemlich ähnlich. Beide versuchen um die sleazigen Eskapaden herum, zwischen all der Folter und sonstiger Nakedeiszenen, eine Dramaturgie zu entwickeln, eine Geschichte zu erzählen. Doch was bei dem einem zwar nervig, aber nicht wirklich schlimm ist, kann bei dem anderen Werk schon wieder ganz anders wirken. Hier zum Beispiel. Wie sich schnell herausstellt, entpuppt sich unser heutiges Werk abseitiger Filmkunst - kann man so stehen lassen, Kunst muss ja nicht zwangsläufig gut sein, nech - als alles andere als die trashige, gewalttätige Sleazebombe die man erwartet hätte. Nein, leider ist das Gegenteil der Fall.
Schade eigentlich, machte Regisseur Caiano doch prinzipiell all das richtig, was ich den Verbrechern diverser anderer Frauenknaster immer wieder ankreide. Wir haben es hier mit einer richtigen Handlung zu tun. Eine, die nicht - ja nicht mal nebensächlich dazu dient - etwaige Sleazeszenen zu verbinden und für den Regisseur mehr nerviges Beiwerk, denn Hilfsmittel ist. Es gibt Charaktere die, wenn sie auch nicht wirklich dreidimensional sind, immerhin etwas mehr Tiefe besitzen als etwaige Werbefiguren, die einem während Werbepausen verkünden, dass ihr Klopapier das Beste sei. Ja, es wird sogar versucht uns die Hauptpersonen sympathisch zu machen, eine Bindung zwischen Zuseher und Charakter zu entwickeln. In der Kürze liegt zwar normalerweise die Würze, doch in einem fünfminütigen Schloss am Wörthersee-Durchlauf funktioniert das nicht. Schade, denn nun widmen sich die kommenden gut eineinhalb Stunden dem Wohl und Unwohl dieser Figuren.
Klar, es gibt eine Handlung, es gibt eine durchgehende Dramaturgie, doch was nützt all das wenn einem die Figuren - derer tragisches Schicksal wir mitfühlend begleiten sollen - in etwa so schnurzpiep sind wie jeder x-beliebige Statist in der Massenszene eines drittklassigen Philipino-Kriegsploiters? Richtig geraten, nichts. Figuren, mit denen man sich nicht identifizieren kann, deren Schicksal einen eigentlich auch nur peripher tangiert durch eine eineinhalbstündige, schlecht komponierte Rahmenhandlung zu verfolgen, während man doch eigentlich ein sleaziges Freudenfest erwartet, lässt sich nur unter äußerster Anstrengung bestehen. Langeweile wird hier groß geschrieben.
Das wusste höchstwahrscheinlich auch Mario Caiano, was ihn dazu veranlasst haben dürfte, seine Handlung - die zwar, das muss ich nochmal erwähnen, ziemlich gut durchdacht ist und es nebenbei sogar schafft Handlungsstränge am Ende zusammenzuführen, etwas das ja sogar manche Mainstream-Regisseure heutiger Zeit nicht in teuren Hollywoodproduktionen zu schaffen vermögen -, mit einigen Sleaze-Einlagen aufzupeppen. Klar, diese Szenen ergeben durchaus auch - wie vielleicht von Drehbuch und Regie angedacht - einen Sinn, mögen sie die durchlittenen Qualen unserer damsel in distress grafisch gar verdeutlichen. Im Endeffekt jedoch macht all dies den Eindruck simpler Augenauswischerei, des Versuchs auch das geifernde Bahnhofskinopublikum ein wenig an den Einnahmen zu beteiligen, werden diese Szenen ob ihres reißerischen Charakters ihrer Wirkung - die sich in diesem Werk durchaus von der etwaiger Genrekollegen hätte unterscheiden müssen - beraubt, funktionieren jedoch gleichzeitig auch nicht als sleaziges Genußhäppchen, da ihnen, ob ihres filmischen Kontexts, die - den ganzen Spaß ja ausmachende - Überzeichnung fehlt.
So jedoch kämpft man sich durch eine viel zu lange Handlung mit Charakteren die einen entweder kaum interessieren oder derart lächerlich und archetypisch charakterisiert sind, dass es einen von den Socken haut. Und möge mir nun niemand erzählen, wir hätten es hier mit realistischen Figuren zu tun. Klar, realistischer als jedwede Person in Reißern wie ILSA - DIE HÜNDINNEN VON LIEBESLAGER 7 sind die schon, doch jeden Nazi-Offizier der SS - die nebenbei zum Großteil mal wieder alle Wehrmachtsuniformen (!) tragen, von den Soldaten mal ganz abgesehen, die sogar im Lager (!!), in dem sie dienen (!!!), Teile der Feldausrüstung (!!!!) tragen - als sexuell perversen, latent Schwulen darzustellen, funktioniert weder auf trashiger noch auf realistischer Ebene, da es schlichtweg Humbug ist, zum anderen jedoch ob des ernsten Filmmotivs jedoch auch in keiner Weise lustig.
Mario Caiano legte eine gar nicht mal kurze Karriere auf dem Regiestuhl aufs Parkett, zauberte so - soweit ich das den Credits der IMDB entnehmen kann - weitestgehend allerdings nur filmischen Schwachfug hervor - wer hätts gedacht. Nebenbei schrieb und produzierte der Mann und versuchte sich gar in THE TERROR OF ROME AGAINST THE SON OF HERCULES selbst als Schauspieler.
Und eins, das muss ich ihm lassen. Talent scheint der Mann durchaus zu besitzen. Trotz der stümperhaften Recherche und Ausstattung - wobei sich die Soldaten wenigstens fast fehlerfreies Deutsch zubrüllen -, sind einige doch engagierte Einstellungen zu entdecken, und auch manche wenige Szenen vermögen es durch Atmosphäre zu glänzen. Nicht weiter verwunderlich, denn wie gesagt, rein prinzipiell liegen Drehbuch und Regie qualitativ weit über Genrestandard. Nur, dass das leider völlig am Sujet vorbeiproduziert ist und sich mit Produktionen, die sich wahrlich und ernsthaft mit diesem Thema beschäftigen, von Leuten produziert die mit Exploitation nichts am Hut haben, in keiner Weise auf einer Stufe befindet.
Das durchwegs - immer an Genrestands gemessen, das sollte und muss man stets im Hinterkopf behalten, nech - hohe Niveau auf dem NAZI LOVE CAMP 27 produziert und abgedreht wurde, versetzt ihm denn letztlich leider auch den Todesstoß. Eigentlich schade, sind doch einige subtil-ironische Momente - und subtil ist gerade im kompletten Exploitation-Genre, sei welches Sub-Genre auch immer ja eigentlich so etwas wie ein Fremdwort, dessen sich nur wenige Meister der abseitigen Filmkunst bewusst sind - auszumachen. So etwa, sollen die arischen Überblondierten durch muntere Marschmusik in romantische Stimmung für ihre Schäferstündchen im Rahmen des Projekts Lebensborn gebracht werden.
Da ist es nur umso bedauerlicher, dass es schwer fällt bei der Stange zu bleiben um denn diese Szenen auch genießen zu können, denn unser Nazi-Liebeslager zieht sich einfach wie Kaugummi, es fehlt ganz einfach der Trashgehalt. Klar, auch hier gibt es den ein oder anderen "Och, nöö, ernsthaft?!"-Moment, doch leider ist es wie es ist: es gibt nur den ein oder anderen. Während ein Film wie SS HELL CAMP durchwegs Schwachsinn hoch 3 präsentiert und seine Zuseher damit auch unbeschadet durch die relativ sleazefreien Durststrecken der Partisanenhandlung bringt, herrscht hier einfach über weite Strecken nur pure Langeweile.
Und das ist sehr schade für die Darsteller, denn einigen von ihnen merkt man deutlich an, dass sie sich angestrengt haben, dass sie die Sache wirklich ernst genommen und die ganze Sache als Film mit Botschaft gesehen haben. Freilich macht das noch lange nichts gut, und Bemühungen machen aus einem schlechten bis mittelmäßigen Schauspieler noch lange keinen guten.
Aber langsam, gehen wir das mal der Reihe nach durch. Giancarlo Sisti als Captain - jap, ein amerikanischer Titel für ein deutsches Wehrmachtsmitglied, das meine ich mit schlecht recherchiert - Kurt von Stein ist wahrlich kein Christoph Waltz - warum ich diesen Vergleich ziehe? Dazu später mehr, also dranbleiben -, doch auch er versteht es den schmierig-fiesen SS-Offizier gekonnt so zu zeigen, wie man ihnen sehen soll. Als kühlen, berechnenden Bastard. Und das funktioniert gut. Wirkliche Tiefe bekommt die Figur durch Sistis Spiel nicht, wie sollte sie auch, da hätte das Drehbuch weitergehen müssen, doch die Wirkung auf den Zuseher bleibt nicht aus. Der Kerl ist einem unsympathisch, wie er es rein stereotypisch auch sein soll, tut einem aber doch irgendwie leid, ob seiner Neigungen und soziopathischen Charakters, der es ihm nicht ermöglicht, sein Ende kommen zu sehen. Alles in allem doch sehr passabel, aber eben leider nicht gut genug um den Film wirklich interessant zu machen und nicht schlecht genug um ihn unterhaltsam zu machen.
Passabel ist denn auch die schauspielerische Leistung unserer Hauptaktrice Sirpa Lane. Die bestritt, man hätte es sich fast denken können, weder vor noch nach NAZI LOVE CAMP 27 eine große oder großartige Karriere, legte sich aber ordentlich ins Zeug und spielte die damsel in distress denn auch ambitionierter als es Genre und Standard verlangen. Oscarverdächtig ist denn aber immer noch was anderes.
Die restliche Besetzung muss indes einzeln nicht erwähnt werden, es reicht zu sagen, dass wir es auch hier größtenteils mit Leuten zu tun haben, die sich mindestens Mühe geben, von ein, zwei Ausfällen mal abgesehen - doch die übliche Truppe untertalentierte Nasenbären und Nichtsblicker hatte diesmal wohl Urlaub.
Sooo, und jetzt - ich kann eure Neugierde schon förmlich spüren - wollt ihr wissen: Was hat es mit diesem mysteriösen Christoph Waltz-Vergleich auf sich, den wir zwei Absätze zu vor zu lesen bekamen? Nun, es ist im Prinzip ganz simpel. Hat man Quentin Tarantinos neustes Werk - zum jetzigen Zeitpunkt, newa - INGLOURIOUS BASTERDS gesehen und derweil auch NAZI LOVE CAMP 27 - mehr oder weniger - goutiert, drängt sich ein gar grausiger Verdacht auf. Es hat den Eindruck, auch Mr "I steal from every movie ever made" besitzt in seinem riesigen Filmarchiv eine Kopie dieses Machwerks. Etwaige Parallelen werden gerade im großen-kleinen Finale, der großen Abrechnung, deutlich. Nicht im Sinne bombastischer Köpfe-Zerschießerei; es sind eher die kleinen Details, die Atmosphäre, die diesen Verdacht aufkommen lassen.
Aber eine Parallele zu Tarantino macht aus einem Film - und da muss ich so manchen Leser als auch DVD-Verleiher heutiger Zeit enttäuschen - noch lange kein Meisterwerk.
Schade, wirklich schade. Da eilt einem Film sein Ruf voraus und verspricht trashigen Sleaze und sleazigen Trash mit angezogener Gewaltschraube der Gütestufe I - für Ilsa, that is. Was im Endeffekt jedoch dabei herauskommt, ist ein Schaf im Wolfspelz, ein im Endeffekt mieser Sexploiter der sich schließlich leider nur als äußerst dröges Drittes Dreich-Drama entpuppt und damit auf ganze Linie versagt. Zu langatmig, zu langweilig und schlecht produziert für einen richtigen Film, auf der anderen Seite jedoch zu aufwändig zu anspruchsvoll - direkt am Genre vorbeiproduziert - für einen zünftigen Naziploiter.
Die teilweise wirklich harten Sleazeszenen, die sich hiererseits bis auf eine Auspeitschung - mit Stöcken - allesamt auf Vergewaltigungen beschränken, hinterlassen indes einen fahlen Beigeschmack. Und damit beantwortet sich denn auch eine der oben gestellten Fragen, Hardcoreszenen haben in Filmen dieses Genres - mindestens jedoch nicht in NAZI LOVE CAMP 27 - keinen Platz - wer Fake-Rape-Porn sehen möchte, sollte sich doch bitteschön an die nächste Videothek oder das Internet wenden, denn da gibts jede Menge davon -, schon gar nicht, wenn eben jene Szenen - zwar wie in jedem andere Naziploiter auch - als Schauwert fürs geifernde Publikum dienen, aber bar jeglicher Überzeichnung, als für die Handlung relevant und daher als "hart aber nicht zu ändern verkauft" werden.
NAZI LOVE CAMP 27 funktioniert somit also weder als anspruchsvolles - oder seis nur -loses - Historendrama vor Weltkriegskulisse noch als Naziploiter. In gewisser Weise auch für alle Beteiligten insofern schade, als das man diesem Werk die Mühe, die sie sich gegeben haben auch anmerkt. Sich Mühe geben, reicht jedoch oftmals leider nicht aus um aus einem auf Papier vielleicht noch guten Projekt auch einen guten Film zu machen. Das beste Beispiel ist hiermit besprochenes Werk.
In diesem Sinne: "This is getting boring!"