OT: Ai no mukidashi
DRAMA: J, 2008
Regie: Sion Sono
Darsteller: Takahiro Nishijima, Hikari Mitsushima, Sakura Andô
Das wird jetzt ein bisschen kompliziert: Es war einmal ein Priestersohn, der, um Stoff für seine Beichte zu finden, immer mehr Sünden begeht und zum Meister in der Kunst der Upskirt-Fotographie avanciert, also jungen Mädchen mithilfe ausgefeilter Apparaturen und akrobatischer "Moves" unter den Rock fotografiert. Damit nicht genug: Verkleidet als Sasori - genau: DER Sasori - zieht er durch die Stadt und findet seine große Liebe. Die natürlich nicht erwidert wird, denn seine "Maria" ist eine Männerhasserin, wie sie im Buche steht. Und da war noch die zwielichtige Koike, die einst ihren Vater kastriert hat. Der Drecksack hat es aber auch wirklich verdient...
KRITIK:Und das war erst die erste Stunde von LOVE EXPOSURE, dem Opus Magnum des japanischen Regie-Extremisten Sion Sono, bekannt für filmische Grenzerfahrungen wie SUICIDE CIRCLE oder STRANGE CIRCUS. Drei weitere Stunden des grellen Irrwitzes sollen noch folgen.
So sehen sie aus, die ganz großen Kino-Kunstwerke made in Japan. Vier Stunden Perversionen ("Hentai", das japanische Wort für "Perverser" fällt geschätzte 100 Mal), schleichender Wahnsinn, knallbunter Irrwitz, (ungewollte) Erektionen, viel Japan-Pop, eine religiöse Sekte namens "Zero Church", aber auch Gefühl. Melancholie. Schwermut. Ganz großes Melodram. Love Exposure.
LOVE EXPOSURE ist nämlich mitnichten eine bizarre Freakshow. Obwohl... Nein, wir haben es mit einer innigen, förmlich die Leinwand sprengenden Liebesgeschichte zu tun. Im Grunde wird die einfachste und essentiellste Geschichte des Kinos erzählt. Mann und Frau verlieben sich. Aber wie, das muss man gesehen haben. Wenn ich ein paar Vergleiche in den Raum werfen darf: In LOVE EXPOSURE verbindet sich der geballte Irrsinn eines Takashi Miike mit dem Einfallsreichtum von MY SASSY GIRL und der Lust am unbändigen Erzählen von Fernost-Meilensteinen wie OLDBOY oder YENTOWN.
Schon wahr, vier Stunden Laufzeit sind eine Herausforderung. Gewiss hätte man den Film auch zweiteilen können wie schon KILL BILL. Aber das lange Sitzen lohnt sich - Ihr werdet das Kino erschlagen, überwältigt, traurig, lachend und euphorisiert zugleich verlassen. Jede Wette!
Vier Stunden Raserei, Religion, (verhinderter) Sex, Splatter und die große Liebe.
Irrwitziger, bildgewaltiger und wahrhaftiger als diese prall gefüllte japanische Wundertüte kann Kino kaum mehr sein.
Selbst wenn es 237 Minuten Stunden dauert...
In diesem Sinne: "Ich bin ein anständiger Perverser!"