KOMÖDIE: A, 2010
Regie: Andreas Prochaska
Darsteller: Michael Ostrowski, Andreas Kiendl, Elfriede Ott, Angelika Nidetzky
Um sich das Leben ein bissl zu erleichtern, kassiert der verkrachte Informatikstudent Horst (Andreas Kiendl) seit zwei Jahren die Pension der verstorbenen Großmutter. Alles kein Problem, bis ein Politiker der Oma offiziell zum Geburtstag gratulierten will. Horsts Mitbewohner Toni (Michael Ostrowski), der sich mit einem Stretchlimo-Service selbstständig gemacht hat, hat die rettende Idee: Warum nicht einfach eine alte Dame aus dem Krankenhaus ausborgen? Blöd nur, dass er ausgerechnet die prominente und schwerreiche Kammerschauspielerin Elfriede Ott erwischt. Und das halbe Land ist hinter den "Entführern" her.
KRITIK:"Wonnst du di a bissl für Kultur interessieren tatst, wär da ganze Schaß da net passiert!"
Österreich ist ja ein lustiges Land. Die Komödie hat eine lange Tradition hier. Der Qualtinger, der Nestroy, der Kottan. Wenn man die alten Zutaten neu vermischt, sich mit dem Kollegium Kalksburg und dem Grazer Theater am Bahnhof auf ein Packl haut und gemeinsam das Gesamtwerk von Judd Apatow und den Farrelly-Brothers in Steirische übersetzt, was soll da schief gehen?
Muss sich Andreas Prochaska gedacht haben. Als Michael Hanekes ehemaliger Cutter und Schöpfer der erfolgreichen Ösi-Slasher IN 3 TAGEN BIST DU TOT 1 und 2 scheint es Prochaska auf einen Genre-Wechsel angelegt zu haben.
Komödie gilt ja als extrem schwieriges Genre. Als filmische Königsdisziplin. Es reicht ja nicht, lustige Leute vor der Kamera lustige Dinge sagen zu lassen und zu hoffen, dass alle lachen.
Man muss ungeheuer präzise und konzentriert arbeiten; Timing und Rhythmus müssen stimmen, und viel wichtiger noch: Die Chemie zwischen den Figuren. Ohne gut ausgearbeitete Charaktere, ohne Emotionalität kann man sich die schönsten Gags in die Haare schmieren wie Cameron Diaz das Sperma von Ben Stiller in VERRÜCKT NACH MARY.
Das Schöne an der DER UNABSICHLICHEN ENTFÜHRUNG DER FRAU ELFRIEDE OTT ist, dass die Rechnung tatsächlich aufgeht.
So deppert, "tiaf" und überdreht manche Gags dieser slapstickhaften Verwechslungskomödie auch sein mögen: Man hat nie das Gefühl, dass die Charaktere für ein paar billige Lacher verheizt werden. Im Gegenteil, man fühlt mit den sympathischen Figuren, die durchaus aus dem richtigen Leben gegriffen wirken, mit. Als Zuseher wähnt man sich mittendrin im Chaos, das die beiden Heinis auslösen. Sei es durch blanke Dummheit, Naivität oder einfach nur Herzlichkeit.
Dabei spitzen sich die Situationen sukzessive zu; das eigentlich verdammt gute Drehbuch reiht eine absurde Wendung an die nächste, und immer, wenn man denkt, jetzt kann es eigentlich nicht mehr schlimmer kommen, legt das Autorenteam um Michael Ostrowski prompt noch eins drauf.
Okay, zugegeben, dem Autor dieser Zeilen eilt der Ruf eines eher leicht zu unterhaltenden Individuums voraus. Aber nur, wenn der Humor-Stoff gut ist. Bei BORAT und BRÜNO bin ich vor Lachen fast vom Kinosessel gekippt, für Apatow und die Farrellys hab ich einen Altar errichtet, und den spezifisch österreichischen Wasserpfeifenhumor von Michael "CONTACT HIGH" Ostrowski liebe ich sowieso. So viel Patriotismus muss einfach sein.
Ein paar Worte noch zum Entführungsopfer: Es ist jetzt nicht so, dass ich mit dem schauspielerischen Lebenswerk von Frau Elfriede Ott besonders gut vertraut wäre. Und ihr Name im Filmtitel ist für mich auch nicht unbedingt ein zwingender Grund für den Erwerb einer Kinokarte. Aber man muss der alten Dame durchaus Respekt zollen: Für die stoische Nonchalance nämlich, mit der sie alles andere als charmante Scherze (oder besser: Bösartigkeiten) auf ihre Kosten zulässt. Aber seht selbst …
Auch wenn nicht jeder Gag wirklich zündet und die eine oder andere Szene mit Vollgas ins Leere rennt: Noch Tage nach der Pressevorführung haben mir einzelne Szenen dieser Steirerbuben-Version einer Judd Apatow-Komödie einen spontanen Grinser ins Gesicht gezaubert. Eine filmische Scherzkekspackung mit Langzeitwirkung, sozusagen. Und sogar der gestrenge Kurier sprach vom lustigsten österreichischen Film seit Jahren. Wenn das nicht ein Versprechen ist ...
In diesem Sinne: "Gö, wir werden sie umbringen müssn." - "Aber geh, du schaust zu viel fernsehen!"