OT: L´iguana dalla lingua di fuoco
GIALLO: I, 1971
Regie: Riccardo Freda
Darsteller: Luigi Pistilli, Dagmar Lassander, Anton Diffring, Valentina Cortese
Im Kofferraum des Dienstwagens des Schweizer Botschafters Sobiersky liegt die grausam zugerichtete Leiche einer Frau. Da es sich in der Immunität schlecht ermitteln lässt, schleust die Polizei den suspendierten Inspektor Norton in die Diplomatenkreise ein. Der bändelt mit der schönen Tochter des Botschafters an, kann aber zunächst weitere brutale Morde nicht verhindern
KRITIK:Der italienische Regie-Sensei Riccardo Freda tat sich vornehmlich im Fach des Sandalenfilms hervor, hat sich aber vor allem bei Freunden des Eurohorrors mit den Klassikern THE TERROR OF DR. HICHCOCK und THE SPECTRE oder der weniger bekannten, doch seltsam entrückten TRAGIC CEREMONY einen Namen gemacht.
Aber auch ein paar Gialli stehen in Fredas Filmographie zu Buche. In diesem Ressort war DIE BESTIE MIT DEM FEURIGEN ATEM nach A DOPPIA FACCIA sein zweiter Streich. Und gleich zu Beginn stellt der alte Meister seine Garstigkeit unter Beweis: Eine Frau bekommt Besuch von einer Gestalt mit schwarzen Handschuhen, eine Ladung Säure ins Gesicht und die Kehle durchgeschnitten. Nach so einer kruden Eröffnung mit herrlich-billigem Splatter ist natürlich der in uns schlummernde Bluthund geweckt, der im Anschluss daran allerdings mit einigen Enttäuschungen konfrontiert wird.
Seltsamerweise finden die folgenden Morde allesamt im Off statt. Und dann wenn sich der Gorehound schon mit dem (fast) leeren Fressnapf abgefunden hat, gehen mit Freda beim Finale auf ähnlich wahnwitzige Weise die Gäule durch wie dereinst mit Ferdinando Di Leo beim abschließenden Morgensternmassaker im SCHLOSS DER BLAUEN VÖGEL. So gerät der Hausbesuch der BESTIE MIT DEM FEURIGEN ATEM beim Ex-Inspektor Norton zu einer grotesken Gewaltorgie inklusive malträtiertem halbnackten Schulmädchen und einer totgeschlagenen Omi.
Aber das ist symptomatisch für den unentschlossenen Ton des Films, der haltlos, aber kurzweilig zwischen feinem schwarzem Humor, unfreiwilliger Komik, krasser Gewalt und Dialogstilblüten hin- und herpendelt.
Auch in Sachen Plot präsentiert sich dieser in Irland (!) spielende Giallo wenig organisiert. Das Whodunit-Rätselraten gerät zum reinsten Glücksspiel, den abgesehen von vogelwild in den Ring geworfenen Closeups auf suspekte Sonnenbrillen und Feuerzeuge gibt es nichts für den Wohnzimmerdetektiv, mit dem er arbeiten könnte. Brauchbare Indizien oder Plotfinessen sind völlige Fehlanzeige.
Imposant hingegen ist das Aufgebot an Genrestars: Der windige Botschafter ist der Koblenzer Landsmann Anton Diffring, dessen Oeuvre vom Giallo (SEVEN DEATHS IN THE CAT´S EYE) bis hin zum deutschen Knatterfilm (VANESSA) so ziemlich jedes Genre umfasst hat. Seit DER ROTE SCHATTEN (1959), wo er in der Rolle eines diabolischen Schönheitschirurgen / Zirkusdirektor zu sehen war, ist er einer meiner Lieblingsbösewichter wie übrigens auch Werner Pochath (HORROR-SEX IM NACHTEXPRESS), der seinen missratenen Sohn spielen darf. Die wunderschöne Dagmar Lassander (THE FORBIDDEN PHOTOS OF A LADY ABOVE SUSPICION), die hier übrigens den markanten Luigi Pistilli (BAY OF BLOOD, DER SCHWANZ DES SKORPIONS) abschleppt, ist ebenso mit von der Partie wie Valentina Cortese (THE GIRL WHO KNEW TOO MUCH) und Renato Romano (THE BIRD WITH THE CRYSTAL PLUMAGE, THE FIFTH CORD).
Das Ensemble mit Namen wie Luigi Pistilli, Dagmar Lassander oder Anton Diffring ist über jeden Zweifel erhaben, aber unter dem Strich bleibt DIE BESTIE MIT DEM FEURIGEN ATEM dennoch eine zwiespältige Angelegenheit. Die Geschichte wird zwar recht kurzweilig erzählt, ist aber auch alles andere als intelligent. Einerseits bringt Fredas Inszenierung Denkwürdiges wie den Fund der Kofferraumleiche, Dagmar Lassanders Flucht über eine Klappbrücke oder das irrwitzig brutale Finale hervor, andererseits wirkt sie oft auch fahrig und schludrig. Es gefällt der obskure Charakter des Films; es stört der billige Plot.
Kurzum: Bei DER BESTIE MIT DEM FEURIGEN ATEM herrschen Licht und Schatten.