OT: Gironata nera per l´ariete
GIALLO: ITALIEN, 1971
Regie: Luigi Bazzoni
Darsteller: Franco Nero, Silvia Monti, Maurizio Bonuglia, Ira von Fürstenberg
Im Umfeld des abgehalfterten Zeitungsreporters Andrea Bild beginnt plötzlich ein Serienmörder zu wüten. Während die Polizei langsam, aber sicher Andrea als möglichen Täter ins Visier nimmt, versucht dieser auf eigene Faust den Verbindungen zwischen den Opfern zu folgen, um an deren Knotenpunkt, die Identität des wahren Killers aufzudecken
KRITIK:Mit der Cinematographie zu Bertoluccis frühem Opus Magnum IL CONFORMISTA kam im Jahr 1970 der Durchbruch. Hier wurde der Kameramann Vittorio Storaro zum Star seiner Zunft und war fortan zu Höherem berufen. In der Folgezeit sollte er an vielen großen Produktionen mitwirken und seine Kameraarbeiten zu APOCALYPSE NOW, REDS und DER LETZTE KAISER wurden in den Achtzigern gar mit dem Oscar® gewürdigt.
Dem gefragten Mann wurden natürlich auch im Jahr 1971 prestigeträchtige, hoch budgetierte Projekte offeriert, doch die alte Jugendfreundschaft zu einem gewissen Luigi Bazzoni sorgte dafür, dass er die Angebote ausgeschlagen und stattdessen nach Argentos THE BIRD WITH THE CRYSTAL PLUMAGE in einem weiteren "kleinen" italienischen Thriller die Kamera geführt hat.
Der Name des Films: GIORNATA NERA PER L´ARIETE, zu deutsch (EIN) SCHWARZER TAG FÜR EINEN WIDDER; in den USA unter dem Titel der von David McDonald Devine stammenden Romanvorlage THE FIFTH CORD erschienen.
Die Giallo-Gemeinde kann heilfroh sein, dass Bazzoni bei seinem alten Kumpel Vittorio noch einen gut gehabt hat, denn vor allem dessen großartiger Fotografie ist es zu verdanken, dass aus dem inhaltlich bestenfalls soliden Giallo GIORNATA NERA PER L´ARIETE das Kunstwerk GIORNATA NERA PER L´ARIETE geworden ist.
Was der stets aufs Visuelle konzentrierte Regisseur und sein Kameragenie hier an Bilderkraft auf die Filmspule gezaubert haben, ist nicht weniger als cineastische Delikatesse.
Die Kamera und die einer ausgeklügelten Struktur folgenden Bildkompositionen sind demnach auch die eigentlichen Stars in diesem Thriller - und nicht einmal so sehr die mit den gut aufgelegten Franco Nero und Silvia Monti hoch dekoriert besetzten Hauptrollen. Was fasziniert ist das Spiel mit Licht und Schatten, mit welchem Storaro schon den Erstling von Dario Argento veredelt hat und welches er -unglaublich, aber wahr- in THE FIFTH CORD auf einer noch höheren Ebene fortsetzt.
Dann das Einbeziehen von Architektur und Ausstattung in die Bilder und der virtuose Einsatz verschiedenster Blickwinkel. Doch auch wenn die Kamera in die Perspektive eines Opfers oder des Killers wechselt, verlässt sie nicht wirklich die Sphären der Ästhetik und gewährleistet so dem geneigten Fan kunstvoll arrangierte Morde an bisweilen kunstvoll ausgestatteten Tatorten. Das Paradebeispiel hierfür ist natürlich die Schicksalsnacht der "querschnittsgelähmten" Rossella Falk, deren Rollstuhl und Telefon Teil eines sadistischen Versteckspiels werden
Dann gibt es noch diese andere kurze, aber eindringliche Sequenz, wo das Kameraauge an einer kargen, urbanen Stadtlandschaft vorbei gleitet, während sich auf der Tonspur ein bedrohlicher Morricone-Score mit der heiseren Stimme des Serienkillers paart, der in psychopathischer Megalomanie über sich und seine Triebe referiert und seinen Wahnsinnstaten etwas "Göttliches" beimisst.
Es sind Szenen wie diese, die mich meinen nach erster Sicht noch etwas zwiespältigen Eindruck von THE FIFTH CORD nach nun mehrmaligem Sehen revidieren ließen.
THE FIFTH CORD ist herausragendes Genrekino. Auch wenn der Film zu den schwergängigen (nicht schwerfälligen!) Gialli zählt und einer ist, der seine Klasse nicht gleich mit dem ersten Durchlauf offenbart. Seine visuelle Kraft ist allerdings derart groß und selbst die für die Handlung weniger wichtigen Szenen wurden derart versiert gestaltet, dass der Makel eines mäßigen Plots nicht allzu verheerend ins Gewicht fällt. Allerdings ist die billige und an den Haaren herbeigezogene Auflösung dann doch ein kleines Ärgernis. Gut nur, dass dafür das Finale richtig knallt. Zuerst wird ein kleiner Junge durch ein dunkles Haus gejagt und anschließend kommt es zu einem packenden Showdown im Morgengrauen zwischen Reporter und Killer
Dank Regisseur Luigi Bazzoni und seinem Freund, dem Oscar® gekrönten Kameramann Vittorio Storaro ist THE FIFTH CORD auf visueller Ebene nicht mehr und nicht weniger als ein Meisterwerk. Diese Hohe Kunst des Filmhandwerks hätte allerdings einen clevereren, schmissigeren Plot verdient gehabt. Auch wenn mindestens eine denkwürdige Mordkomposition dabei herausspringt; leider kann THE FIFTH CORD inhaltlich nicht immer überzeugen Doch eine perfekt ausgeklügelte Szenengestaltung, tolles Setdesign und virtuose Spiele mit Licht und Schatten machen diesen Giallo zu einem optischen Hochgenuss, der Filmästheten ein ums andere Mal in Verzückung versetzen wird.