OT: Tromeo and Juliet
LOVESTORY/DRAMA: USA, 1997
Regie: Lloyd Kaufman
Darsteller: Jane Jensen, Will Keenan, Valentine Miele, Stephen Blackehart
Die berühmteste Lovestory der Weltliteratur, ein klein wenig modifiziert: (T)Romeo ist ein pornosüchtiger Loser, der - als Kuh verkleidet - auf einem Punk-Konzert seiner Flamme Julia über den Weg läuft. Julia ist eine lesbische Vegetarierin, die einen Fleischer ehelichen soll. Die Eltern des jungen Paares sind verfeindet bis aufs Blut. Wird es trotzdem ein Happy End geben?
KRITIK:Shakespeares zeitloses Liebesdrama, wiedergeboren als kunterbunter Trash-Film mit Schauplatz Manhattan:
Das kann auch nur Lloyd Kaufmann einfallen. Der sympathisch durchgeknallte Mastermind der New Yorker
Independent-Filmfirma Troma hat der Menschheit "Meisterwerke" mit so wunderbaren Titeln wie Surf Nazis Must Die!
und THE TOXIC AVENGER geschenkt.
Auch Tromeo and Juliet hat alles, was das Troma-Fan-Herz höher schlagen lässt: Jede Menge albernen Humor zwischen absurd und geisteskrank, völlig deplatzierte, aber lustige Gore-Einlagen, viel nackte Haut und "Darsteller", die garantiert noch nie eine Schauspielschule von innen gesehen haben.
Ausnahme: Die Titelrollen. Da hat sich sichtlich Mühe gegeben,
ein Männlein und ein Weiblein zu finden, zwischen denen die Chemie stimmt.
Julia-Darstellerin Jane Jensen kann man sogar ein klein wenig Talent nicht absprechen.
Schade, dass die junge Dame ihre Film-Karriere nach ein paar Auftritten in obskuren B-Movies offenbar wieder beendet hat.
Tromeo and Juliet kam 1997 im Windschatten von Baz Luhrmans gefeierter Romeo and Juliet-Adaption
in die amerikanischen Kinos - und wurde auch von Menschen, die noch nie einen Troma-Film gesehen hatten,
recht freundlich aufgenommen. Was daran liegt, dass der Film tatsächlich narrative Qualitäten besitzt.
Kaum zu glauben, aber wahr! Das Drehbuch von James Gunn, der einige Jahre später den Big Budget-Schleim-Spaß
Slither inszenierte, ist wirklich nicht übel.
Ab der Filmmitte verlagert sich das Geschehen zunehmend ins Surreale. Die Szenen mit dem Glaskäfig und Julias Verwandlung (in ein Schwein!) sind so herrlich jenseitig; das muss man selbst gesehen haben, um es zu glauben.
Wie es sich für eine Shakespeare-Verfilmung gehört, wird auch im Versmaß gesprochen - allerdings nur sekundenweise. Was eigentlich schade ist. Dafür macht Lemmy - genau, der von Motorhead! - den Erzähler.
Gutbürgerliche Freunde des niveauvollen Dialogwitzes kommen also voll auf ihre Kosten... *g*
Leider hängt das bunte Treiben auch hin und wieder kräftig durch;
Spannungserzeugung scheint nicht Lloyd Kaufmans erste Stärke zu sein. Von den 115 Minuten Laufzeit hätte man eine halbe Stunde durchaus auf dem Boden des Schneideraus lassen können.
Dennoch sei dieser bunte, sinnfreie und (stellenweise) höchst amüsante Trash-Klassiker wärmstens empfohlen - zumindest Menschen, die derartiges zu schätzen wissen.
"The Poet would have loved it" steht auf der amerikanischen DVD. Das halte ich durchaus für möglich, Shakespeare war ja auch eine coole Sau...
Troma-Mastermind Lloyd Kaufmann vergreift sich an Shakespeare - mit tatkräftiger Unterstützung von Motörhead-Sänger Lemmy. Für Fans der New Yorker Trashfilm-Schiede natürlich ein absolutes Must-See - und für aufgeschlossene Unbedarfte die perfekte Einstiegsdroge in die bunte Filmwelt von Tromaville.