GIALLO: ITALIEN/USA, 1993
Regie: Dario Argento
Darsteller: Asia Argento, Frederic Forrest, Piper Laurie, Christopher Rydell
Die magersüchtige Aura (Asia Argento) bricht aus einer Klinik aus und wird von dem Grafiker David (Christopher Rydell) davon abgehalten sich aus Verzweiflung von einer Brücke zu stürzen. Doch bald wird sie von der Polizei aufgelesen und zu ihrem Elternhaus zurück gebracht. Die Eltern werden kurz darauf von einem Serienkiller getötet, der seine Opfer stets mit einer elektrischen Apparatur köpft. Aura muss wieder in die Klinik zurück, aus der sie jedoch erneut ausbüchst, um zusammen mit David dem Geheimnis des in den Medien als "Headhunter" betitelten Killers auf die Schliche zu kommen ...
KRITIK:Dieser in Deutschland auch als AURA - TRAUMA bekannte Film war nach dem zusammen mit Dario Argentos Buddy George Romero gedrehtem TWO EVIL EYES die zweite Regiearbeit des Meisters in den USA. - Nachdem Argento in Europa bereits zum unangefochtenen König des Horrorkinos avanciert war, fühlte er sich nun bereit auch die Neue Welt zu erobern. - Doch dann kehrte er schon mit seinem nächsten Film (DAS STENDHAL SYNDROM) wieder nach Italien zurück. Und wenn man sich TRAUMA angesehen hat, dann kann man diesen (scheinbaren) (Rück-)Schritt nicht nur verstehen, sondern auch nur begrüßen...
Dabei sind sich anscheinend die meisten Kritiker darin einig, dass TRAUMA keineswegs ein schlechter Film ist, sondern eben nur nicht der erneute große Wurf, den man sich von Argentos nächstem Giallo nach OPERA erwartet hätte. - Aber ich kann mir nicht helfen: Auch nach der inzwischen bereits dritten Sichtung kann ich mit dem Film so rein gar nichts anfangen.
Dabei stimmt es schon, dass es bei TRAUMA, im Gegensatz zu Argentos anderen schlechteren Gialli (THE CARD PLAYER und GIALLO), nicht so leicht fällt die Punkte zu benennen, wo man gleich genüsslich den Finger in die Wunde legen kann. Der Film ist tatsächlich durchgehend recht stimmig inszeniert. - Nur leider kommt trotzdem fast nie so richtig (eine argentoeske) Stimmung auf. Woran mag das nur liegen?
Zum einen unterscheidet sich TRAUMA von allen anderen Gialli Argentos erst einmal darin, dass er komplett in den USA spielt. Und der Schauplatz ist hier auch nicht eine Großstadt wie das zu Beginn von TENEBRAE gezeigte fotogene New York, sondern das Amerika der gesichtslosen und deshalb auch langweiligen Vorstädte. - Dies ist jedoch das bevorzugte Setting der seit John Carpenters genialen HALLOWEEN in den USA stark in Mode gekommenen Tenie-Slasher und ganz offensichtlich war es Argentos Absicht den Amerikanern mit TRAUMA eine amerikanisierte Form des Giallos zu liefern.
Das zeigt sich auch daran, dass hier nicht mit archaischen Schnitt- und Stichwerkzeugen gemetzelt wird, sondern mit einer Stahlschlaufe, die sich auf Knopfdruck um den Hals der Opfer zusammenzuziehen beginnt, bis sie diese schließlich köpft. Doch was sich vielleicht wie eine originelle Variante der im Genre standardmäßigen Tötungsprozedur anhört, wirkt auf der Leinwand fast schon komisch.
Wie bereits gesagt ist Argentos Inszenierung gar nicht mal schlecht, um nicht zu sagen sogar zugegebenermaßen ziemlich gut. Nur gibt es in TRAUMA einfach viel zu wenig wirklich stimmungsvolle Settings in denen diese richtig zum Tragen kommen könnte. - Das ist anscheinend auch dem Meister selbst bewusst gewesen. Denn was mir bei der letztmaligen Betrachtung des Films mit am meisten aufgefallen ist, war, dass fast alle Innenräume reichlich von Rauch geschwängert wirken. Ob Argento dieses Mittel eingesetzt hat, um irgendwie mehr Atmosphäre in die uninteressanten Räume zu bringen, oder ob er einfach wollte, dass man diese möglichst wenig sieht, kann ich dabei natürlich nicht sagen.
TRAUMA war auch der erste Film von Dario Argento mit seiner Tochter Asia, die hier auch gleich die Hauptrolle bekam. Und obwohl ich anderenorts viel Lob zu den von ihr dargebotenen Schauspielkünsten gelesen habe, finde ich sie hier einfach richtig schlecht. Mit der Darstellung der labilen AURA ist sie eindeutig überfordert und agiert häufig am Rande der Lächerlichkeit. Davon abgesehen wirkt die fast Volljährige hier nicht nur wie ein Tenie, sondern fast noch wie ein Kind. - Außer natürlich in der einen umstrittenen Szene, in der sie Papa dazu aufgefordert hat, dem Publikum ihre durchaus gut entwickelten Brüste zu präsentieren...
Der Plot plätschert jedenfalls die meiste Zeit recht spannungsfrei vor sich hin. - Es gibt natürlich auch mal wieder einige nette Referenzen an andere Filme des Meisters. Am auffälligsten ist sicherlich das immer wieder gerne gesehene wichtige beobachtete Detail, an das sich der Beobachter jedoch natürlich erst ganz zum Schluss wieder erinnern kann. Das ist natürlich alles andere als originell, aber noch immer um Längen besser, als die Referenzen an den amerikanischen Horrorfilm wie Séancen mit einem fürchterlich lächerlich schreiendem Medium...
TRAUMA ist für meine Begriffe Dario Argentos schlechtester Giallo überhaupt. Der Film ist zwar "objektiv" betrachtet noch immer solides Mittelmaß und tut deshalb auch nur selten so richtig weh. Doch einen Film der über mehr als eineinhalb Stunden ohne größere Hochs und Tiefs einfach nur so vor sich hin plätschert, finde ich persönlich wesentlich unerfreulicher, als einen eindeutig sehr fehlerhaften Film, der zum Ausgleich aber wenigstens auch ein paar eindeutige Stärken hat. - Da letztere bei TRAUMA jedoch eindeutig fehlen kann ich diesen Streifen mit gutem Gewissen nur Hardcore-Argento-Fans und anderen absolut Gelbsüchtigen empfehlen.