THRILLER/DRAMA: D, 2006
Regie: Detlev Buck
Darsteller: Jenny Elvers-Elbertzhagen, Erhan Emre, David Kross, Oktay Özdemir, Georg Friedrich
Schauplatz der Handlung von Detlev Bucks neuestem Film ist Neukölln,
ein sogenannter "Problembezirk" in Berlin, der von Zuwanderern aus der Türkei und arabischen Ländern dominiert wird.
Hierher verschlägt es den fünfzehnjährigen deutschen Jungen Michael,
dessen Mutter von ihrem reichen Lover vor die Tür gesetzt wurde.
Im Ghetto herrschen andere Sitten - das wird Michael spätestens dann klar, als ihm ein Kübel über den Kopf gestülpt wird,
der die Hiebe mit einem Baseballschläger nur unwesentlich dämpft. Doch was einen nicht umhaut, macht einen nur stärker.
Michael findet sich in der gewalttätigen Umwelt bald zurecht und arbeitet sich zum Drogenkurier hoch ...
Detlev Buck ist ja eine ziemlich gewichtige Figur in der bundesdeutschen Kinolandschaft.
Wenn er nicht selbst Regie führt (Geheimtipp an dieser Stelle: das lakonische Roadmovie Wir können auch anders),
spielt er gerne komische Typen in Filmen wie Herr Lehmann oder zuletzt NVA.
Mit Knallhart wagt Buck einen Neuanfang: Weg vom komödiantischen Tonfall, hin zu Gangsterfilm.
Die Überraschung dabei: Der Film wird seinem Titel durchaus gerecht.
Wir haben es hier mit einem schonungslosen, realistischen und äußerst spannenden Gangsterdrama mit Schauplatz Berlin zu tun.
Ein deutscher Mean Streets, wie der Standard schrieb, ist das zwar nicht. Buck ist nun mal nicht Scorsese, Berlin nicht New York.
Treffender wäre der Vergleich mit den ungeschönten Milieustudien seines türkischstämmigen Kollegen Fatih Akin (Gegen die Wand),
oder auch mit den desolaten Jugend-Dramen von Larry Clark (allerdings ohne dessen selbstzweckhaften Altherren-Sexeinlagen).
Dabei betritt der Regisseur heikles Terrain: Die kriminellen Protagonisten in diesem Film sind samt und sonders Zuwanderer.
Sollten sich also irgendwelche unterbelichteten Strache-Fans ins Kino verirren,
hätten sie hier eine filmgewordene Bestätigung ihrer ausländerfeindlichen Vorurteile.
Aber was soll's, die halten ja auch American History X für einen rechten Kultfilm ...
Tatsache ist jedenfalls, dass Buck im Milieu der türkischen und arabischen Jugendgangs sehr genau recherchiert hat.
Und dass ihm - trotz vereinzelter Anflüge von Ironie - ein hartes, realistisches, beinahe dokumentarisches Jugenddrama geglückt ist, das gegen Ende die Wendung zum Gangsterfilm
nimmt.
Der Film überzeugt nicht nur inhaltlich, sondern auch formal:
Die harten Schnitte, die hoch mobile Kamera und die fast vollständig weggefilterten Farben verleihen dem Film einen sehr coolen Großstadt-Look,
wie man ihn sonst nur von amerikanischen Genre-Filmen kennt.
Erfreulich auch, dass Buck der Versuchung widerstanden hat, allzu milieu-konforme Musik zu verwenden.
Ich hab ja das Schlimmste befürchtet - etwa Berliner Aggro-Idioten-HipHop Marke Bushido.
Umso größer die Überraschung, dass äußerst feine indierockige bzw. electroclashige Klänge von The Kills oder Trial of the Dead den Soundtrack bestimmen.
Kompliment, wie geschmackssicher sich Herr Buck (Jahrgang 62) musikalisch am Puls der Zeit bewegt.
Da könnten sich all die 20-jährigen Ö3-Frühpensionisten hierzulande mal eine Scheibe davon abschneiden ...
Gleichermaßen diskussionswürdiges, realistisches und packend inszeniertes Jugend/Gangsterdrama mit Schauplatz Berlin. Bis in die kleinste Nebenrolle hervorragend gespielt. Und: Toller Soundtrack, sollte man glatt kaufen :-)