ACTION: USA/F, 1994
Regie: Roger Avary
Darsteller: Eric Stoltz, Julie Delpy, Jean-Hugues Anglade
Der amerikanische Profi-Safeknacker Zed (Eric Stoltz) schaut mal wieder bei seinem Pariser Kumpel Eric (Jean-Hugues Anglade) vorbei, der den Coup seines Lebens plant: Einen Bankraub, wie ihn Frankreich noch nie gesehen hat. In der Nacht vor dem Überfall wird erst mal Wiedersehen gefeiert, als gäbe es kein Morgen: Schnaps, Koks, Heroin, bunte Pillen - die Jungs wissen, was gut ist. Kein Wunder, dass Erics genialer Plan - "We go in. We get what we want. We come out." - gründlich in die Hose geht...
KRITIK:Manche Quellen listen KILLING ZOE fälschlicherweise als Tarantino-Film. Tatsächlich fungierte der Meister lediglich als Executive Producer und überließ seinem Freund Roger Avary, der zwei Jahre später das Script zu PULP FICTION verfassen sollte, den Regiesessel.
Der Film ist natürlich super - auch wenn das erbärmliche Rating auf der IMDB Anderes vermuten lässt.
Roger Avary gibt sich alle Mühe, seinen brutalen Gangsterflick europäisch aussehen zu lassen. Und europäisch meint natürlich nicht langweilig, sondern lebensecht. Und im besten Sinne realistisch. Gleich zu Beginn gibts eine wundervolle Sexszene mit Julie Delpy, die mit Szenen aus NOSFERATU parallel montiert wird. Zitat: "In Paris kommt es gut an, frisch gebumst zu riechen."
Bis der große Coup steigt, lernen wir erst mal die wichtigsten Figuren kennen. Da hätten wir den sympathischen Safeknacker-Profi Zed (Eric Stoltz), über den wir nicht viel mehr erfahren, außer dass er auf Prostituierte steht und sich im Grunde nach seinem kleinen Familienglück sehnt.
Sein Gegenpol ist der manische Gangster Eric (Jean-Hugues Anglade, bekannt aus der BARTHOLOMÄUSNACHT), dessen optische Erscheinung irgendwo zwischen Jesus Christus und Charles Manson rangiert, und dessen drogenzerfressenes Hirn sich mehr und mehr aus der Realität verabschiedet.
Was der Mann hier aufführt, ist schon härterer Stoff. Gäbe es einen Oscar für das grandioseste Psychopathen-Overacting in einem europäischen Film, Jean-Hugues Anglade hätte ihn verdient.
Um die Freundschaft der ungleichen Partner in Crime auf eine harte Probe zu stellen, braucht es eine starke Frauenfigur. Hier kommt die titelgebende Zoe (Julie Delpy) ins Spiel. Ihre Auftritte sind kurz, haben es aber in sich...
Die erste Filmhälfte begleitet unsere Freunde bei ihren "Vorbereitungen" auf den großen Coup, die im Wesentlichen aus einem spektakulären Sauf- und Drogengelage bestehen. Das ist - dank der wendigen Kamera und der starken Darsteller, richtig mitreißend in Szene gesetzt.
Tags darauf stürmen die schwer verkaterten Gangster die Bank - und natürlich geht der Plan nach allen Regeln der Kunst in die Hose. Was folgt, ist ein chaotischer Gewaltexzess, bei dem die FSK seinerzeit rot gesehen hat. Die volle ungekürzte Schönheit gibts selbstverständlich nur in der 18er-Fassung.
Bleibt noch zu sagen, dass Roger Avary keinesfalls "nur" einen selbstzweckhaft brutalen, reißerischen Gangsterflick abgedreht hat (obwohl: das natürlich auch :-).
KILLING ZOE funktioniert auch als Studie menschlichen Extremverhaltens, um nicht zu sagen als existentialistisches Drama. Oder ganz einfach als das kleine, rotzige Gegenstück zum Genre der "coolen" Hochglanz-Heistmovies.
Anders gesagt: Wenn OCEANS ELEVEN ein gefälliger, massentauglicher Ö3-Hit ist, dann ist KILLING ZOE ein exzessiver, fiebriger Garagenpunk-Song. In diesem Sinne: "Ich zeig dir das richtige Paris!"
Das Regie-Debut von PULP FICTION-Drehbuchautor Roger Avary ist richtig schön intensives, körperliches Gangsterkino mit europäischer Note. Tolle Schauspieler!
Auf IMDB geradezu sträflich underrated.