EROTIKTHRILLER: USA, 1995
Regie: William Friedkin
Darsteller: David Caruso, Richard Crenna, Linda Fiorentino, Chazz Palminteri
Der in San Francisco lebende Staatsanwalt David Corelli soll einen Mord an einem Multimillionär aufklären. In dessen Panzerschrank findet er Fotos, die den Gouverneur von Kalifornien mit einer Prostituierten zeigen. Die Fotos führen Corelli auf die Spur eines Callgirlrings. Die bei den Kunden Beliebteste der Frauen trägt das Pseudonym Jade. Doch wer ist dieses geheimnisvolle Callgirl?
KRITIK:Der Erotikthriller JADE stammt aus der Feder von Joe "Hollywood Animal" Eszterhas, der zuvor bereits das Skript zu BASIC INTINCT geschrieben hatte. Durch den sensationellen Erfolg des Films mit dem berüchtigten Pussyshot von Sharon Stone galt Eszterhas in Hollywood als der große Erotikthriller-Experte. Diesen Status hat der damals alkohol- und drogenabhängige Eszterhas aber gleich wieder mit dem im selben Jahr wie JADE erschienenem SHOWGIRLS verloren.
Dabei ist mit dem zeitlichen Abstand von fast zwanzig Jahren inzwischen klar geworden, dass BASIC INSTINCT ganz unabhängig von seiner damaligen Skandalträchtigkeit einfach ein verdammt guter Film ist. Dahingegen gilt SHOWGIRLS, Eszterhas´ zweite Zusammenarbeit mit dem Regisseur Paul Verhoeven, auch noch heute als eine unterirdische Gurke, die höchstens durch den unfreiwillig hohen Trashfaktor zu begeistern weiß. Doch wie sieht es nun mit dem von William Friedkin gedrehten JADE aus?
Auch Friedkin galt in der der Traumfabrik dank FRENCH CONNECTION und THE EXORCIST einmal als einer der ganz Großen. Das war allerdings in den 70er Jahren. Sein Ruhm begann jedoch bereits in der folgenden Dekade zu verblassen und Mitte der 90er, als er JADE drehte, krähte bereits kein Hahn mehr nach dem einstigen Regiegott. Und wer diesen Erotikthriller gesehen hat, der versteht leider auch ein wenig, weshalb das so war ...
Zunächst einmal ist unübersehbar, dass es sich bei JADE um einen unverhohlenen Versuch von Joe Eszterhas handelt, an den Erfolg von BASIC INSTINCT anzuknüpfen, um noch einmal so richtig derbe abzukassieren. So haben wir es hier erneut mit einem reißerischen Erotikthriller zu tun, der sich um eine geheimnisvolle, kühle und zugleich äußerst intelligente Schönheit rankt. Diese wird in diesem Film von der, durch den ein Jahr vor JADE erschienen DIE LETZTE VERFÜHRUNG für solche Rollen scheinbar prädestinierten, Linda Fiorentino verkörpert. Den Fall untersucht erneut ein ziemlich abgehalfterter Ermittler, in diesem Fall ein von David Caruso gespielter Staatsanwalt.
Dabei ist es nicht so, dass das Drehbuch zu JADE vollkommen einfallslos wäre. Im Grunde genommen ist der Film sogar weit komplexer und abgründiger als BASIC INSTINCT. Aber das Ganze wirkt zugleich irgendwie reichlich unausgegoren. Hier wurde ganz offensichtlich versucht einfach möglichst viele spektakuläre Szenen aneinanderzureihen. Dazwischen herrscht jedoch immer wieder reichlich Leerlauf. Der Gesamteindruck ist deshalb eher der eines lieblos zusammengeklatschten und leicht wirren Machwerks, als der eines großen Meisterwerks.
Dabei macht William Friedkin fast alles richtig. Seine Regiearbeit zeigt ganz klar, dass hier ein wahrer Könner am Werkeln war. Da gibt es bravouröse Kamerafahrten, tolle Reißschwenks, coole Flash-Forwards und vieles mehr. Und da Friedkin unter anderem für seine spektakulären Autoverfolgungsszenen berühmt ist, darf eine solche natürlich auch in JADE nicht fehlen. Und was der Meister da an wilder Aktion in San Francisco zeigt, dass habe ich seit BULLIT nicht besser gesehen!
Nur leider ist gerade dies zugleich auch eine der Szenen, die nicht so wirklich viel Sinn ergeben. Wer die Verfolger eigentlich waren, wird bis zum Schluss nicht geklärt. Man kann es sich zwar ungefähr denken. Aber dann bleibt noch immer die Frage, warum die unbedingt in eine Straßenparade hineinbrausen mussten. Die Frage ist natürlich nur rein rhetorisch. Das soll halt Spaß machen und dabei auch noch cool aussehen. Aber bei soviel unverhohlenem Humbug, da geht zumindest mir in solch einem Film der Spaß auch schon mal verloren.
Außerdem wirkt JADE trotz aller visuellen Virtuosität zugleich ein wenig zu glatt und zu steril. Der Film hat trotz der edlen Optik einen leichten TV-Touch, der noch durch das vorliegende Vollbildformat verstärkt wird. Und mir sah es verdächtig danach aus, dass dies tatsächlich das Originalformat des Films ist. Doch was gut zu einem Werk von Abel Ferrara passt, da es dort den Indie-Touch verstärkt, wirkt in Verbindung mit der sterilen Hochglanzoptik von JADE, einfach ein wenig billig.
So haben wir es hier mit einem Film zu tun, der trotz der vielen guten Zutaten und der größtenteils ebenfalls sehr gelungenen Umsetzung letztendlich leider nicht wirklich überzeugen kann. Einerseits hatte ich das Gefühl, dass nicht viel fehlte, um aus einem letzten Endes doch ziemlich durchschnittlichen Erotikthriller einen echten Kracher zu machen. Aber andererseits ist hier bereits so vieles schon im Ansatz vermurkst, dass selbst ein sich sichtlich abstrampelnder William Friedkin wahrscheinlich einfach nicht mehr aus Joe Eszterhas´ verkorkstem Skript rausholen konnte.
Der Erotikthriller JADE stammt von zwei wahren Könnern auf dem absteigendem Ast. Der Drehbuchautor Joe Eszterhas hat hier einfach alles reingeknallt, was seit BASIC INSTINCT erfolgversprechend schien und das Ganze einmal kräftig durchgeschleudert. Das Ergebnis ist ein bunter, wirrer Brei, aus dem auch ein William Friedkin keinen wirklich leckeren Kuchen backen konnte. Zumal der einstige Held der New Hollywood-Ära Mitte der 90er Jahre seine beste Zeit ebenfalls lange hinter sich hatte.