OT: Il rosso segno della follia
GIALLO: ITALIEN, 1969
Regie: Mario Bava
Darsteller: Stephen Forsyth, Dagmar Lassander, Laura Betti, Jesús Puente
John Harrington ist unglücklich mit einer reichen Frau verheiratet. Als diese nicht in die Scheidung einwilligen will, macht er kurzen Prozess mit ihr. Als leidenschaftlicher Serienkiller, der seine weiblichen Opfer am liebsten mit einem Brautkleid ausstattet, bevor er sie tötet, fällt ihm ein Mord nicht weiter schwer. Doch seine tote Frau pfeift auf den alten "Bis-der-Tod-euch-scheidet"-Spruch und kehrt aus dem Jenseits zu John zurück. Der hat nun nicht nur die Polizei, die ihm langsam auf die Schlicke kommt, sondern auch noch einen Geist am Hacken -
KRITIK:Mario Bava ist der Urvater des italienischen Thrillers. Mit THE GIRL WHO KNEW TOO MUCH (1963) und BLUTIGE SEIDE (1964) hat er den Giallo ins Leben gerufen. Aber er war auch ein äußerst versierter Meister im Fach des gotischen Horrorfilms. Seine 1966 durchgeführte OPERAZIONE PAURA ist ein düsterer Klassiker des Geisterfilms.
In HATCHET FOR THE HONEYMOON bringt er einen Geist in den Giallo, was zur Folge hat, dass dieser Film sowohl ein prächtiger Thriller all italiana als auch ein feiner Gespensterflick ist. Die übersinnliche Komponente könnte auf Genrepuristen etwas abschreckend wirken und ihr plötzliches Auftauchen im mittleren Akt mag dem ein oder anderen unpassend erscheinen; aber in meinen Augen harmoniert sogar ein Gespenst in dieser ohnehin etwas aberwitzigen Handlung.
Doch HATCHET FOR THE HONEYMOON ist nicht nur Giallo oder besser Ghost Giallo, sondern vor allem eine bitterböse Komödie. Dankenswerterweise wird auf plumpe Kalauer verzichtet; der (pechschwarze) Humor wirkt mehr subtil und zeigt deutlich die Handschrift des spanischen Co-Autors Santiago Moncada, der auch den famosen gialloesken spanischen Thriller A BELL FROM HELL ersonnen hat. Letzterem ist ein ähnlich makaberer hintersinniger Witz zu Eigen wie er auch in HATCHET FOR THE HONEYMOON gegenwärtig ist.
Und der ist auch heute noch so bissig wie vor über vierzig Jahren, als dieser Film entstanden ist. Die Figur des John Harrington könnte durchaus Pate für Brett Eastons Ellis´ AMERICAN PSYCHO Patrick Bateman gestanden haben. Zwei Szenen zeigen die Parallelen sogar ganz deutlich: Gleich zu Beginn stellt sich John mit einer kurzen aus dem Off kommenden Selbstreflektion als gewissenloser Serienmörder vor und dann gibt es noch eine Sequenz, als eine Dame während des Rendezvous nicht ganz ernsthaft danach fragt, was John mit einer verschwundenen Kollegin gemacht hätte. Daraufhin antwortet der ganz locker: "Wenn Sie es nicht weitersagen; ich habe sie getötet. Zuerst vergewaltigt und dann im Treibhaus verbrannt."
Klar, dass diese Aussage bei einem solch charmanten und adretten Mann wie John nur als kleiner Scherz aufgefasst wird. Wie übrigens einige Jahrzehnte später auch beim AMERICAN PSYCHO. Der offenbart sich ja bei einer Gelegenheit ähnlich offenherzig in einer geselligen Runde, ohne ernst genommen zu werden.
Wie Christian Bale einen Klasse-Bateman abgibt, ist Stephen Forsyth ein perfekter John Harrington. Gut aussehend, charmant, kaltblütig und hinter seiner respektablen gesellschaftlichen Maske zutiefst gestört. Absolut unverständlich, dass Forsyth nach dieser glänzenden Vorstellung den Schauspieldienst quittiert hat, um in seiner kanadischen Heimat ins Musikgeschäft überzuwechseln.
Ebenfalls genial ist Laura Betti als seine nörgelnde, zynische Ehefrau Mildred, die ihm selbst aus dem Jenseits noch heimsuchen wird. Und ein Film, indem die Schönheiten Dagmar Lassander (FORBIDDEN PHOTOS OF A LADY ABOVE SUSPICION) und Femi Benussi (STRIP NUDE FOR YOUR KILLER) Brautmoden vorführen, ist eigentlich allein aus diesem Grund Pflicht
Doch natürlich weiß HATCHET FOR THE HONEYMOON nicht nur durch gutes Schauspiel, bösen Humor und einer nicht alltäglichen Story zu überzeugen; er ist auch auf audiovisueller Ebene ein Juwel.
Einmal mehr sorgt Bavas Kamera für atemberaubend stimmige Bilder. Sie machen aus der psychotischen Komödie HATCHET FOR THE HONEYMOON auch einen prächtigen morbiden Traum. Prächtige Ausstattung, sattes Eastman-Color! Surreale Mordphantasien von Hackbeilen, toten Bräuten und gespenstischen Ehefrauen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Einmal mehr hat das Genie Bava einen außergewöhnlichen, überragenden Film erschaffen.
Der Urvater des italienischen Thrillers bringt mit HATCHET FOR THE HONEYMOON neben bitterbösen, pechschwarzen Humor auch einen wachsbleichen, aber waschechten Geist in das Giallo-Genre.
Beim ersten Durchlauf ist das vielleicht noch etwas irritierend, aber spätestens beim zweiten Mal entpuppt sich dann das Meisterwerk. Denn sowohl die schwarz-komödiantische als auch die übersinnliche Komponente harmonieren perfekt in dieser farbensatten, morbiden Mordphantasie über blutbesudelte Brautkleider, Hackbeile und tote Ehefrauen, die aus dem Jenseits zurückkehren