GANGSTERFARCE: USA, 2007
Regie: Scott Frank
Darsteller: Joseph Gordon-Levitt, Jeff Daniels, Aaron Berg, Kalyn Bomback
Nach einem Unfall ist das Leben des jungen Eishockey-Stars Chris Pratt auf dem Kopf gestellt. Seine Umwelt begegnet ihm mit Mitleid und Heuchelei. Doch er wehrt sich dagegen und neue Freunde bieten ihm die Lösung: Wer Geld hat, hat auch Macht.
KRITIK:Wenn profilierte Autoren sich das erste Mal an die Umsetzung eines ihrer Drehbücher machen, ist das Ergebnis in den meisten Fällen gar kein Schlechtes. Ausnahmen bestätigen die Regeln. Wer kennt nun Scott Frank? Nun, in Hollywood ist er längst ein Starautor und einer der besten seines Fachs, hat er doch die Vorlagen zu Minority Report, Out of Sight und Get Shorty! verfasst.
Ein Vollblutautor, der entgegen dem Trend ein Drehbuch nach ein paar Monaten schon für gut zu befinden, auch schon mal ein Jahr an einem Stoff arbeitet und an noch so kleinen Handlungsfasern. Dass er bisher keine Fehlschläge ablieferte spricht doch für sich. Wer seinen Namen also noch nicht gehört hat, sollte ihn sich merken.
So ist's natürlich auch höchste Zeit für die erste Regieleistung gewesen. Eine Gangsterfarce, also. Das, was der gute Mann heiß liebt. Typen mit sattem Charakter, ein wenig genialer Coup, viele Handicaps. Drei Zutaten, die sich bisher in seinen Werken immer bewährt haben. Einfach soll's sein, solide, lebendig und elegant.
Nun, auch als Erzähler hinter der Kamera hat Scott Frank 1A bewiesen, dass er einfach ein Bringer ist. Der Film, ja gut, kam bei uns nie in die Kinos, aber das heißt ja nix. Erfolg und Qualität geben sich in diesen Blockbuster-affinen Zeiten lang schon nicht mehr die Hand. Ein guter Film geht einfach unter, wenn das Marketing versagt. Ein Achtungserfolg dürfte der Film aber dennoch gewesen sein.
Von der Energie her erinnert er an Brick. Dieselbe Frische, dieselbe Intensität. Sehr stark ist der Schwerpunkt auf die bzw. den Charakter, den gehandicapten Held gelegt, gespielt von Joseph Gordon-Lewitt. Sein geistiger Zustand erinnert an "Memento"-Leonard. Chris Pratt leidet an einer Amnesie, die sein Zeitgefühl beeinträchtigt. Er muss aufschreiben was er gemacht hat. "Ich bin aufgewacht, hab mich gewaschen.. mit Seife, habe gefrühstückt..."
Scott Frank und Lewitt schaffen es tatsächlich Mitgefühl im Zuschauer zu entwickeln. Nach ner gewissen Zeit wirkt dieser "machtlose" Held berührend. Die Charakterentwicklung geschieht meisterhaft und filmisch auf hohen Standard, ein seltener Genuss. Lewitt beweist nun zum zweiten Mal, nach Brick, dass er ein unterschätzter Brillant ist, der so Kids wie LeBoeuf und Christensen definitiv alt aussehen lässt.
The Lookout, so der Originaltitel, ist natürlich kein Thriller. Scott Frank inszeniert wie es heute die Besten tun: Langsam und akzentuiert. Einige Abschnitte erinnern an ein Coming-of-Age Drama, andere retten den Film dann aber doch noch aus einer einzigen Genreklaue. Im Großen und Ganzen also ein gesunder Mix, keine reine Gangsterfarce, aber auch kein vollblütiges Drama, ein wohlstrukturierter, frischer Bastard
So kleine Zitate aus Dog Day Afternoon (der Charakter Bone), Memento und Fargo multiplizieren dann wie Jeff Daniels als "Dude"-Verschnitt mit großer Klappe den Film zu einem cineastischen, heimlichen Star, der auf mehr Hunger macht.
Mal abwarten, wohin der gute Mann lenkt und was man ihm als nächstes anbietet. Ich hoffe, Scott Frank bleibt bei seinen Leisten, seiner Geduld und der Qualität, auf die er bedacht zu sein scheint. Mein Aufmerksamkeit hat er auf jeden Fall!
Da gibt's nicht mehr viel zu sagen. Ein rundum gelungener Streifen! Wer wieder Genre-Frische will und nach Brick auf Ähnliches nur wartet, soll sich gleich unverzüglich diesen Titel reinziehen!