OT: Sette scialli di seta gialla
GIALLO: ITALIEN, 1972
Regie: Sergio Pastore
Darsteller: Anthony Steffen, Giovanna Lenzi, Giacomo Rossi-Stuart, Sylva Koscina
Im Rohrkrepierer BLUTIGE MAGIE hatte es Anthony Steffen noch an den Ohren, doch hier in CRIMES OF THE BLACK CAT hört er das Gras wachsen. So belauscht er gleich zu Filmbeginn in einem Lokal ein beunruhigendes Gespräch am Nebentisch. Zwei heiser flüsternde Stimmen sprechen über Erpressung und einen geplanten Mord. Und am nächsten Tag ist plötzlich Steffens Freundin, das Model Paola, tot. Zwar funktioniert im vorliegenden Film Anthony Steffens Gehör, aber leider hapert es am Augenlicht - er spielt nämlich einen blinden Komponisten. So konnte er in erwähnter Szene leider keinen Blick auf den Killer erhaschen; was zunächst eine äußerst dürftige Täterbeschreibung, aber dafür weiteres Modelmeucheln zur Folge hat.
Wenn der Mörder nicht selbst das Rasiermesser wetzt, lässt er eine schwarze Katze zur Tat schreiten
Heisa! Das Schmusekätzchen als Corpus Delicti! Höchst ungewöhnlich, Watson
Aber dies ist lange Zeit auch das einzig wirklich Originelle an den CRIMES OF THE BLACK CAT. Ansonsten hat sich Sergio Pastore in seinem one & only Giallo großzügig aus dem Fundus des Genres bedient:
Morde in der Haute Couture wurden ja schon vom Allvater Mario Bava in seinem 1964er Pionierwerk BLUTIGE SEIDE fest im Sujet installiert und waren außer beim vorliegenden Film auch beliebter Serienmordbackground in Streifen wie THE RED QUEEN KILLS 7 TIMES, STRIP NUDE FOR YOUR KILLER oder NOTHING UNDERNEATH. Den blinden Non-Cop-Ermittler hatten wir schon zwei Jahre zuvor in Argentos DIE NEUNSCHWÄNZIGE KATZE gesehen; dort in Gestalt von Karl Malden.
Und über schwarze Handschuhe, Rasiermesser, Erpressungen, Schaufensterpuppen, Seitensprünge, heiser flüsternde Stimmen, Drohanrufe und Textilien, die ein Killer aus Signaturgründen bei seinen Opfern zurücklässt, brauchen wohl keine großen Worte mehr verloren werden. Das alles sind Säulen des Genres und jede einzelne davon kann in Pastores Film bewundert werden. Dazu klingt De Sicas Titoli und es hört sich an, als hätte es nicht De Sica, sondern Ennio Morricone komponiert; also Daumen hoch für die Filmmusik.
Ein Hurra auch für Sergio Pastore, der das Altbewährte sauber inszeniert und in einem recht flotten Tempo präsentiert. Dazu werden zwei, drei originelle Schmankerl gereicht, die man so auch nicht alle Tage auf den Bildschirm bekommt. Okay, Katzen in der Assassinenrolle kennt man auch aus zahlreichen Horrorfilmen, aber ihr Einsatz als subtile Mordwaffe wie in diesem Giallo ist dann schon etwas abseits des Üblichen. Und die schwarze Katze aus CRIMES OF THE BLACK CAT tut was für die Extraerwähnung im englischen Alternativtitel. Im Verbund mit den von Menschenhand geführten Rasiermesserattacken sorgt sie nicht nur für einen hohen, sondern auch abwechslungsreichen Body Count.
Spannend ist auch das Szenario, in dem unser blinder Held zum makabren "Blinde Kuh"-Spiel in den lebensgefährlichen Parcours einer düsteren Baustelle geschickt wird; tiefe Löcher, schmale Grate und tödliche Kalkgruben inklusive.
Ganz zum Schluss wird dem Sir Alfred Hitchcock mit einem überraschend blutigen Duschzellenmord gehuldigt. Wo Hitchcock damals in PSYCHO die groben Details noch aussparte, hält Pastore voll drauf auf das Werk des Rasiermessers und bringt intensive Nahaufnahmen von aufgeschlitzten Brüsten und klaffenden Schnittwunden. Des NEW YORK RIPPERS Vorhut, die Gorekeule als krönender Abschluss eines rundum gelungenen italienischen Abends.
Once upon a time in Kopenhagen: Wenn der Killer nicht selbst zur Rasierklinge greift, schickt er eben eine schwarze Katze zu den hübschen, aber doomed to die-Mannequins - Deshalb also die CRIMES OF THE BLACK CAT oder SETTE SCIALLI DI SETA GIALLA, wie es im Originaltitel so schön heißt, weil auch sieben gelbe Seidenschals eine gewichtige Rolle in dieser bösen Geschichte über Erpressung und Serienmord in der Haute Couture spielen. Absolut linientreu fährt dieser durch und durch klassische Genrevertreter sowohl inhaltlich als auch formal alles auf, was im Giallo zum guten Ton gehört. Dabei kompensiert Pastore die fehlende Originalität seines Films mit reichlich Spannung und Tempo. Als blutiges Sahnehäubchen gibt es am Ende noch ein deftiges Rasiermessergemetzel in der Duschkabine.