DRAMA/KOMÖDIE: AUS, 1993
Regie: Rolf de Heer
Darsteller: Nicholas Hope, Claire Benito, Ralph Cotterill
Seit 35 Jahren lebt Bubby mit seiner Mum einem dreckigen Kellerloch, das er noch nie verlassen hat. Denn draußen, behauptet seine Mutter, habe ein Chemieunfall die Atmosphäre vergiftet. Sie selbst geht sich nur mit Gasmaske vor die Türe. Als eines Tages der verschwundene Vater wieder auftaucht, wagt Bubby den Befreiungsschlag: Mum und Dad werden kurzerhand in Klarsichtfolie verpackt. Dann bricht Bubby die Tür des Verlieses auf. Zeit, mal an die frische Luft zu gehen und die Welt da draußen anzusehen...
KRITIK:... die sich als schrecklicher, gefährlicher, aber auch überaus schöner, aufregender und wundervoller Ort erweist. Doch der Reihe nach.
Die ersten zwanzig Minuten sind wahrlich schwer zu ertragen: Mehr an sozialer Verwahrlosung, psychischer Gewalt und krankem Wahnsinn
(inklusive inzestiösem Sex) ist kaum mehr vorstellbar.
Doch Regisseur Rolf de Heer (Alexandra's Project) ist kein kalter Zyniker,
der aus der abgesicherten Position des bildungsbürgerlichen Künstlers auf das soziale Elend herab blickt. Im Gegenteil.
Denn sobald Bubby sein Gefängnis verlassen hat, ändert sich die Stimmung des Filmes schlagartig.
Aus der Perspektive eines lernenden Kindes blickt Bubby auf diese Welt.
Das führt zu chaotischen, absurden, traurigen, manchmal schockierenden und brutalen, aber auch komischen und geradezu märchenhaften Szenen.
Es ist schon erstaunlich, wie absurd unsere sogenannte Normalität erscheint, wenn man ein klein wenig an der Perspektive dreht.
Kleines Beispiel: Weil Bubby ohne Fernsehen aufgewachsen ist, wurde er nicht auf das übliche Schönheitsideal der schlanken,
perfekten Frau konditioniert. In einer herrlichen Szene blicken zwei Groupies, die ihn verführen wollen, ziemlich entgeistert drein,
als Bubby sie wegen ihrer "tiny tits" abweist...
Inhaltlich und formal haben wir es mit einem radikal gegen den Strich gebürsteten Mitternachtsfilm zu tun,
wie geschaffen für Fans sogenannter "Kultfilme".
Doch weil Rolf de Heer ein gerüttelt Maß an Sozialkritik einbaut, wurde der Film auch von "seriösen" Filmkritikern umarmt und mit Preisen überhäuft:
Bad Boy Bubby gewann unter anderem den Spezialpreis der Jury auf den Filmfestspielen von Venedig 1993, und vier AFI Awards (australische Oscars), darunter die Preise für Beste Regie, Bestes Drehbuch und Besten Hauptdarsteller.
Trotzdem kam diese unkonventionelle Tragikomödie (dieses Etikett trifft's wohl am besten)
in unseren Breiten über Geheimtipp-Status nie hinaus. Vielleicht ändert sich das ja mit dieser hervorragenden DVD-Veröffentlichung des neuen Labels "Bildstörung".
Die hübsch aufgemachte Doppel-DVD kommt mit 110 Min. Bonusmaterial, u.a. mit einem absolut sehenswerten Interview mit dem Regisseur.
Vom Kaspar Hauser zum Mörder, Rockstar und Menschenfreund: Der titelgebende böse Bub Bubby hat eine bizarre, schwarzhumorige, aber auch emotional mitreißende und zutiefst menschliche Odyssee hinter sich. Ein sogenannter "Kultfilm", jetzt endlich auf DVD.