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Valhalla Rising

Valhalla Rising

SPIRITUAL SWORDSPLAY: DK, 2009
Regie: Nicolas Winding Refn
Darsteller: Mads Mikkelsen, Maarten Stevenson, Gordon Brown, Gary Lewis

STORY:

Ein stummer Einäugiger - einst Sklave, nun ein fast mythischer Krieger - zieht zur Wikingerzeit zusammen mit einem Kind über die kargen, nebelverschleierten Hügel des Nordens. Auf einem Schlachtfeld treffen die beiden auf eine Gruppe christianisierter Wikinger, die gerade zum Kreuzzug nach Jerusalem aufbrechen wollen. Sie erkennen in dem Einäugigen einen mächtigen Krieger und bitten ihn, sie zu begleiten. Er und der Junge schließen sich den Wikingern an. Doch ihr Schiff wird Jerusalem nie erreichen. Ihre Reise endet schon vorher in der Hölle…-

KRITIK:

Schroffe Felslandschaften im Nebel. Ein blonder Junge. Keine Frauen. Nur die von zahlreichen Kämpfen gezeichneten Krieger. Und ein Sklave, den man wie ein Tier im Käfig hält. Nur zum Zweikampf darf er heraus und dann ist er unerbittlich: Steine zertrümmern Schädeldecken, bis Gehirnmasse hervorquillt. Nacken werden gebrochen und später mit bloßen Händen ein Mann ausgeweidet. Es wird nicht viel gesprochen in diesem ersten Kapitel, welches sich schlicht "Wrath" (Zorn) nennt.

Die Welt des Einäugigen ist unglaublich karg, unglaublich roh, barbarisch, archaisch. Es scheint, als sei die Götterdämmerung auch für den Menschen angebrochen. Die Götter der Heiden liegen im Sterben. Ein neuer Gott - der Gott der Christen - ist in den Norden gekommen. Wie jeder, der kommt um zu erobern, ist auch er frei von Barmherzigkeit. Was sich insbesondere an seinen Dienern zeigt: Wikinger, die zu Jesus gefunden haben und nun das Schwert nach Jerusalem tragen wollen. Und begleiten soll sie ausgerechnet - dieses einäugige Relikt aus den Tagen der alten, kriegerischen Götter.

Ungeachtet seines Titels verzichtet VALHALLA RISING völlig auf alles Heroische. Es gibt keinen ehrenhaften Schlachtentod; gestorben wird dreckig im Matsch. Und dem folgt auch kein glorreicher Einzug ins germanische Kriegerparadies. Ja, nicht einmal die Neue Welt wird ruhmreich erobert. Zur Begrüßung gibt es dort einen tödlichen Pfeilhagel aus dem Unterholz, der erst einmal Panik und Zweifel in die Reihen der christlichen Nordmänner bringt. Viel mehr müssen die indianischen Ureinwohner, die fast bis zum Schluss nur als unsichtbare Feinde in Erscheinung treten, gar nicht machen. Den Rest besorgen die fremden "Eroberer" von allein, indem sie sich gegenseitig vergewaltigen und umbringen oder langsam der völligen religiösen Verblendung oder gleich dem Wahnsinn anheim fallen.

Was sich auf dem neu entdeckten Land abspielt, erinnert entfernt an das Geschehen auf Zulawskis SILBERNEN PLANETEN und an jene Reise ins Herz der Finsternis, die Joseph Conrad in seinem Buch oder Francis Ford Coppola in dessen Verfilmung beschreibt.

VALHALLA RISING ist nicht der erwartete Wikingerfilm. Und schon gar kein Werk, das sich an historischen Begebenheiten orientiert. Aber ein solches stand ohnehin nie im Plan des jungen Regisseurs Winding Refn. Er wollte einen minimalistischen, spirituellen Film machen. Etwas Metaphysisches. Ein heidnischer Messias, der den umgekehrten Weg geht. Kein Mensch, der zu einem Gott wird, sondern ein Gott, der durch sein Opfer zum Menschen wird…

VALHALLA RISING wird die Lager spalten. Jede Wette. Der Film wird glühende Verehrer finden, aber wahrscheinlich noch viel mehr Schmäher. Er stößt alle vor den Kopf, die hier ein heroisches Schlachtengemälde erwarten. Er verzichtet weitestgehend auf Dialoge; setzt auf Bilder. Und die bekommen wir nicht in schnellen Schnitten, sondern in meist sehr geduldigen Einstellungen serviert; das lässt fast immer genug Zeit, um ein paar prächtige Screenshots fürs private Pagan Metal-Fotoalbum zu machen. In der Erde steckende Schwerter. Auf Speere gespießte Köpfe. Durch neblige Gewässer gleitende Langboote. Wikinger, die zwischen den Hochgräbern eines Indianerfriedhofs umhergehen… Der Inszenierungsstil ist brillant, aber auch äußerst minimalistisch. Mit Ausnahme des Einäugigen (der jedoch nur schlicht und ergreifend "One-Eye" genannt wird) hat nicht eine der Figuren einen Namen.

Nach einer brachialen halbstündigen Eröffnung mit einigen extremen Gewaltausbrüchen nimmt Refn für eine lange Zeit das Tempo aus dem Film und wer bis dahin kein Gefühl für diese besondere eigentümliche, ja fast schon spirituelle Stimmung von VALHALLA RISING entwickelt hat, wird zu jenen Leuten gehören, die in den Filmdatenbänken vier Pünktchen für VALHALLA RISING vergeben. Wer aber bereit ist, sich auf Refn und seinen Purismus einzulassen, der wird hier in den Genuss eines der eindringlichsten Filmerlebnisse des Jahres kommen.

Valhalla Rising Bild 1
Valhalla Rising Bild 2
Valhalla Rising Bild 3
Valhalla Rising Bild 4
Valhalla Rising Bild 5
Valhalla Rising Bild 6
FAZIT:

Entgegen seines Titels ist VALHALLA RISING kein ruhmreiches Schlachtengemälde und auch kein schillerndes Helden- und Schwertepos. VALHALLA RISING ist vielmehr ein karger, aber ungemein intensiver, ein minimalistischer, aber bildgewaltiger, ein unglaublich roher, aber auch metaphysischer Abstieg in die Hölle. Die APOCALYPSE NOW der Wikinger: Von seinem ersten Kapitel ("Wrath") bis zu seinem letzten ("Sacrifice") ist VALHALLA RISING im Herz der Finsternis zu Hause und zwar dort, wo's am dunkelsten ist.

WERTUNG: 9 von 10 Vorhersehungen
TEXT © Christian Ade
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Dein Kommentar >>
Timo | 27.11.2016 23:28
Bin immer noch hin und weg. Düster und athmosphärisch dicht.
>> antworten
J-Rock | 02.03.2012 04:44
Der Film war wie ein Psycho-Trip.
Mads Mikkelsen ist definitiv unterbewertet.
>> antworten
sheriff | 27.09.2011 01:04
ja mausekönig, 100% einverstanden!
für mich einer der besten filme überhaupt. ein richtig grosser film. trotzt minimalistik so etwas von tiefe, raum und eindringlichkeit. und wie gesagt ästhetisch ein durchgehendes meisterwerk. rauh, direkt, tief und wunderschön. 10 von 10 blutroten visionen
>> antworten
Harald | 27.04.2011 15:38
Endlich gesehen. "Eines der eindringlichsten Filmerlebnisse des Jahres" triffts ziemlich gut.
>> antworten
mausekönig | 20.12.2010 20:39
einfach unglaublicher dieser film
ich habe noch nie etwas auch nur annährend vergleichbares gesehn. die bildgewalt des films ist wirklich ungalublich, einerseits sagt jedes bild soviel mehr als jeder dialog den es in dem film geben könnte andererseits ist jedes bild einfach wunderbar fotographiert, jedes einzelnde detail harmoniert perfkt mit allen anderen. noch nie habe ich einen film mit so viel liebe zum detail gesehen, ich habe das gefühl in jeder szene sind soviel anspielungen, dass man, um sie alle zu verstehn, sein halbes leben mit recherche verbringen müsste.
was mich acuh faziniert hat war ,dass durch die wenigen dialoge eine spanung aufgebaut wird, wie ich sie bis jetzt nicht kannte, am ehesten vergleichbar mit der spannung die man bei "duel" oder der "weiße hai" empfindet. auch wenn mir der zusammehang zwischen diesen spannungen völlig schleierhaft ist.
zum schluss möchte ich noch anmerken das ich den film so schön fand, dass ich geweint habe als er zu ende war. nicht weil er traurig war sondern einfach weil er so schön war und dann einfach zu ende war. ;(

puhh
so a lot^^
schon wieder fast ne eigende rezension^^
>> antworten
6uellerBpanda | 02.12.2010 20:56
ganz wunderbarer tipp. habe den film sehr genossen.
>> antworten
Ralph | 02.08.2010 10:40
So eine Frechheit, da ist man mal eine Woche weg vom Fenster und schon wird einem das Review weggeschnappt. Obwohl, ich gebe zu ich hab ihn noch gar nicht gesehen. Ach, ich hab mich schon so gefreut, aber du warst wohl schneller Chris;-)

DVD gibts auf amazon.co.uk sehr günstig.
Chris | 02.08.2010 12:48
Die britische DVD habe ich auch geordert, weil ich nicht mehr länger warten konnte. @ Ralph: Sorry; -Übrigens hab ich bei der Gelegenheit auch gleich THE ROAD mitbestellt. Hast du denn auch schon reviewtechnisch im Visier? Oder will jemand anders? Wenn ja, gebt Bescheid. Dann verlass ich nämlich wieder das seriöse Fach und tauche wieder in die Niederungen meiner geliebten Sex & Gewalt-Schmuddelecke ab... ; ))
Nic | 02.08.2010 14:35
da sehn wir dich eh am liebsten ;-)
Chris | 02.08.2010 16:02
Ich mich meistens auch. : ))
Ralph | 07.08.2010 01:06
War nur ein Scherz. Und the Road hab ich nicht bestellt.

Hab den Film übrigens schon angeschaut. Bin im Grunde deiner (verbalen) Meinung, mag auch grundsätzlich minimalistische Filme, aber ganz überzeugt hat mich Valhalla Rising nicht. Ich fand, dass die Figur des One-Eye erst "vorgestellt", aber dann ab der Hälfte, wenn sich der Film seinem eigentlichen Thema zuwendet plötzlich fallengelassen wird. Dadurch werden hier zwei halbe Filme erzählt. Ich fand es daher ein bisschen inkonsequent. Trotzdem ein sehenswerter Film. Ich mag den Regisseur. Von dem können wir noch großes erwarten. 7/10

P.S Es hat mich auch ein bisschen an "Aguirre-Der Zorn Gottes" erinnert. Mads ist super, aber gegen den Kinski hat er dann doch keine Chance;-)
>> antworten
alex | 02.08.2010 06:23
Bin wirklich schwer begeistert, das war ein guter Tipp.
Harald | 02.08.2010 09:56
Mehr Tipps gefällig? Vom selben Regisseur auch noch 'Pusher' und Bronson'.
alex | 02.08.2010 22:41
beide schon gesehen, beide auch sehr gut ;)
Wiki erzählt mir zu ihm noch von Bleeder oder Fear X, hat die jemand gesehen?
Harald | 03.08.2010 11:57
Fear X wurde bei uns vor Jahren auf der Viennale gezeigt. So ein David Lynch-inspiriertes verworrenes Psychothriller-Rätsel, an das ich mich leider nur noch verschwommen erinnere. Schöne Bilder und ein guter Hauptdarsteller (John Turturro), aber spannungstechnisch eher mau. 6/10, nicht mehr.
>> antworten
Nic | 31.07.2010 23:48
bin schon auf die dunkelheit gespannt. ab wann/wo gibts den zu sehn?
Harald | 01.08.2010 06:46
Kinostart wurde uns - no na - verweigert. Wie mir aber zugeflüstert wurde, gibt's die Wikinger-Apokalypse Ende September am Slash-Filmfestival im Filmcasino zu bestaunen. Ansonsten in Kürze auf DVD bei Sunfilm.
Kah Ruuthi | 08.11.2010 23:54
da freu ich mich, denn ich liebe MADS!!
Timo | 27.11.2016 23:27
Bin immer noch hin und weg. Düster und athmosphärisch dicht.
>> antworten