SEXPLOITATION: USA, 1976
Regie: Russ Meyer
Darsteller: Raven de la Croix, Robert McLane, Janet Wood, Monty Bane
Entgegen der Geschichtsschreibung ließ Russ Meyer in SUPERVIXENS Martin Bormann aus dem zerstörten Dritten Reich entkommen und heuer Abschleppwagen in Arizona fahren. Im Jahr darauf erschienen UP! geht er noch einen Schritt weiter, in dem er auch Adolf Hitler am Leben gelassen hat und eben welcher bei kaum modifizierten Äußeren unter dem neuen Decknamen "Adolph Schwartz" neckische Bizarrspielchen in seinem hauseigenen S/M-Studio treibt. Da lässt er sich genüsslich die Nüsse peitschen und spielt auch schon mal das Hündchen für einen Geschlechtsgenossen. Was eine Zyankalikapsel und die Alliierten anscheinend doch nicht geschafft haben, vollendet hier schließlich ein Piranha(!). Einen solchen wirft ein Unbekannter dem niederträchtigen Bärtchenträger nämlich in die Badewanne; wobei man ihm alternativ auch ein Päckchen Treibsand vor die Tür hätte schütten können . Na ja, so war es etwas blutiger und wer würde dem Führer einen Piranha im Badewasser schon vergönnen wollen? Nicht abschweifen, Chris, wir sind noch bei der Inhaltsangabe Okay, irgendwie geht es in UP! um die Aufklärung des oben beschriebenen Mordes, aber irgendwie auch um ganz andere Dinge. Wie etwa große Brüste. Oder artistischer Sex im Freien. Durchknallende Holzfäller. Oder Kettensägen, die aus durchknallenden Holzfällern englische Holzfällersteaks machen. Oder -
KRITIK:Man kann nur mutmaßen, was Tittenpapst Russ Meyer und Filmkritikerpapst Roger Ebert so alles am Start hatten, als sie damals 1976 das Drehbuch zu UP! (der UP mit Ausrufezeichen und nicht der UP von Pixar) geschrieben haben. Ich beschwöre nun Bilder aus der Vergangenheit. Sehe die beiden in einem verrauchten Hotelzimmer; Ebert hat unter dem Pseudonym "Reinhold Timme" eingecheckt. Die Männer haben die Wände ihrer siffigen Klausurstube mit Pinups vollgepflastert. Pinups der gewaltigsten Busenwunder unseres Planeten. In den Holztisch hat Meyer oder Ebert - wahrscheinlich Meyer - mit einem Taschenmesser die Worte "Silicone tits suck!" eingraviert. Ich sehe in einer Ecke bis unter die Decke gestapelte Kästen mit "Beer! Beer! Beer!" und ich wette in diesen Müllsäcken im Badezimmer befindet sich soviel Gras, dass die Menge den Reisfeldern von ONIBABA zur Ehre gereichen würde.
Ein altes Grammophon spielt eine verkratzte Schallplatte, die irgendwann in Nazi-Deutschland zwischen den Jahren ´33 und ´45 aufgenommen wurde. Es liegen aber auch ein paar Alben mit schmissiger amerikanischer Countrymucke daneben. Neben dem Fernseher, in dem augenblicklich Erica Gavins Fischtanz aus VIXEN in einer Endlosschleife läuft, liegt ein Stapel VHS-Tapes. Ältere Russ Meyer-Werke, Grindhouse-Roughies, aber auch LAST HOUSE ON THE LEFT, ein paar italienische Gialli, Splatterfilme von Herschell Gordon Lewis, windige SM-Pornos und das TEXAS CHAINSAW MASSACRE
Beinahe vergraben unter einem Haufen von Tittenmagazinen und Bildbänden, die sich dem Thema "Sex in der freien Natur" widmen, finden sich des Weiteren zoologische Abhandlungen über Salmler und Sägesalmler, jener Fischfamilie, zu der auch die im südamerikanischen Kontinent heimischen Piranhas zählen und eine zerfledderte Ausgabe des Kamasutra (wohl zu Inspirationszwecken, was die Choreographie artistischer Sexszenen angeht)
Leider verblassen nun die Bilder aus längst vergangener Zeit, aber wir haben genug gesehen.
Bei diesem Handwerkszeug wundert es kaum, dass aus dem Drehbuch der beiden Herren ein Film wie UP! entstanden ist, der in seinen 81 Minuten nicht nur die Essenz von Meyers Schaffen beinhaltet, sondern auch zu den skurrilsten, unberechenbarsten und allerschönsten Exponaten des goldenen Zeitalter der Sexploitation zählt. Unglaublich, was den Zuschauer in nicht einmal eineinhalb Stunden alles erwartet. Die ersten zehn Minuten, in denen ausschließlich aus Hitlers sexuell devianten Nähkästchen geplaudert wird, sind unglaublich sleazy. Hier wird bereits angedeutet, dass wir mit UP! den wohl heißesten und explizitesten Russ Meyer-Flick neben IM TIEFEN TAL DER SUPERHEXEN und den Pink Shots aus PANDORA PEAKS zu erwarten haben. Bei Hitlers kleinen Orgien zu Beginn des Films und auch bei späteren Gelegenheiten wird die Grenze zum Hardcore zwar nicht ganz, die des guten Geschmacks aber sehr wohl überschritten. Und zumindest in einer Sequenz zu Beginn des Films ist des Führers Zinken einmal kurz davor, Hardcore-Morgenluft zu schnuppern.
Den Wahnwitz der Handlung unterstreicht jedoch der folgende Mord mit Piranha und schwarzen Handschuhen, welcher aufgrund der letzteren fast schon als verschmitzte Verbeugung zu Ehren des Giallo durchgeht. Eine These, die gar nicht mal so abwegig ist, wenn man weiß, dass Roger Ebert dem italienischen Thriller in seinen Rezensionen durchaus gewogen ist. Dass er auch LAST HOUSE ON THE LEFT mag, kann man nicht nur in seinen gesammelten Filmkritiken nachlesen, sondern in UP! in Form einer recht rüden Vergewaltigungsszene mit sofortigen Rape´n´Revenge-Konter gar mit eigenen Augen überprüfen. ICH SPUCK AUF DEIN GRAB? In UP! heißt es ICH SCHMEISS DICH IN DEN BACH!
Was folgt ist ein ausführlicher Exkurs in die Gefilde eben jener comichaft überzeichneten Feelgood-Sexploitation, die nur Meister Meyer selbst derart locker, kultig und unnachahmlich auf eine Kinoleinwand hat bringen können.
In UP! wirkt die Magie des - Kollegenzitat - "Walt Disney des Skin Flicks" in ihrer reinsten Form. Das ist Erotik nach Meyer-Art wie wir sie kennen und lieben: zu gleichen Teilen Comic, überdreht, amüsant, grotesk aber auch irgendwie sexy und auf ureigene Weise ästhetisch.
Der Mittelteil von UP! ist ganz und gar dem deutschen Verleihtitel verpflichtet. Es geht wahrlich nur noch DRUNTER, DRÜBER UND DRAUF! Und mittendrin: SIE! Raven de la Croix. Meine persönliche VIXEN Nummer Eins im ohnehin stattlichen Füchsinnenbau des Tittenpapstes. Phänomenale Oberweite. Phänomenale Ausstrahlung. Phänomenal süß. Man(n) huldigt ihr. Und Russ Meyers Kamera huldigt ihr erst recht.
Sie joggt. Sie kämpft. Sie hat Sex. Sie gibt uns nützliche Tipps zum Thema Cunnilingus. Vergesst den blöden "Tongue Tornado" aus AMERICAN PIE. Die wahre Kunst ist, dabei den richtigen Satz zu sagen und der lautet: "I think I have left something out!"
Viele sind ja der Ansicht, dass der Film irgendwann seinen roten Faden verliert. Sie bemängeln, dass das Hauptthema um den Mord am untergetauchten Bärtchenträger nicht mehr genügend verfolgt wird. Wenn man sich das Opfer betrachtet, stellt sich doch eher die Frage, warum man den Killer überhaupt suchen sollte; außer vielleicht aus dem Grund, um ihm aus Dank und Anerkennung einen Orden in die Hand zu drücken. Egal, der Fall wird am Ende doch noch (erwartungsgemäß haarsträubend) aufgelöst. Und zwischendurch sorgt ein "griechischer Chor" dafür, dass der Mordfall Aktenzeichen AH inmitten wilder Kopulationen nicht ganz in Vergessenheit gerät.
Bei einer Tragödienaufführung im griechischen Theater wird der Chor für gewöhnlich von zwölf bis fünfzehn Personen gebildet. Bei Russ Meyer erledigt den Job seine kultige Muse Kitten Natividad im Alleingang. Dafür sitzt sie meist nackig auf Bäumen, rodelt wie auf Speed auf Stämmen herum, so dass man gar nicht wissen will, an welchen empfindlichen Stellen sie sich dabei üble Spreißel einfängt, zwirbelt die Nippel, zeigt uns den Bär und gibt uns einen Überblick über die möglichen Täterinnen und Täter. Doch wenn man(n) ehrlich ist: Bei all dem heißen und deftigen DRUNTER, DRÜBER UND DRAUF und der bluttriefenden Kettensägenexploitation im deftigen Finale tangiert doch ehe nur peripher, wer letztendlich Adolfs Badewanne in ein piranhaverseuchtes Amazonasbecken verwandelt hat Wobei man den griechischen Chor, also Kitten Natividad, natürlich trotzdem nicht missen will.
PS: Die deutsche DVD ist cut. Daher muss die ungeschnittene britische DVD aus dem Hause Arrow erste Wahl sein!
Willkommen in der Essenz von Russ Meyer: Wo tumbe Kerle ihre Pferdeschwänze nicht am Kopf tragen und alle Frauen Dynamit sind. Wo Hitler in seiner eigenen Badewanne von einem Piranha gefressen wird und man nützliche Tipps zum Thema Cunnilingus erhält. Weiterhin erlebt man akrobatische Freiluftnummern, lesbische Waldnymphen, Kettensägensplatter, Eva Braun Junior und prächtige Oberweiten wie die von Raven de la Croix. Selten zeigte sich Russ Meyer derart spendabel, was Sex, Gewalt und Wahnwitz angeht. Trotzdem glückt der Spagat zwischen rüder Grindhouse-Derbheit und comichafter Gute Laune-Sexploitation so gut wie eh und je. Vielleicht gerade weil UP! alle Ressentiments der Anti-Meyer-Fraktion hemmungslos in sich bündelt, gilt der Film unter Fans als Heiliger Gral im Oeuvre des Tittenpapstes.
In diesem Sinne: "I take good head!" - "Never had any bad head
"