HORROR: AUSTRALIEN, 2009
Regie: Christopher Smith
Darsteller: Melissa George, Michael Dorman, Rachel Carpani, Henry Nixon
Viel zu nervös für einen solch sonnigen Samstagmorgen kommt die junge Mutter Jess an den Hafen, wo sie sich mit ihren Freunden verabredet hat. Zu sechst wollen sie mit Gregs Boot in See stechen.
Draußen auf dem Meer: Plötzliche Windstille und ein Unwetter. Das Boot kentert. Doch aus den Sturmwolken schält sich ein altes Kreuzfahrtschiff, welches die Rettung für die Schiffbrüchigen sein könnte, aber Rätsel aufgibt. Es ist menschenleer. Nun, ja fast menschenleer. Und nun beginnt tatsächlich ein nicht enden wollender Alptraum
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Von CREEP, dem Horrorfilmdebüt des Briten Christopher Smith, weiß ich nur noch, dass sich dort die deutsche Hauptrolle Franka Potente ohrenscheinlich selbst synchronisiert hat und mir ihre Stimme tierisch auf den Sack gegangen ist. Dass mir darüber hinaus kaum etwas in Erinnerung geblieben ist, spricht weniger gegen mein Gedächtnis als viel mehr gegen CREEP. Smiths zwoter Streifen, das blutig-augenzwinkernde betriebliche Teambuilding-Wochenende SEVERANCE war da schon wesentlich lustiger. Doch mit seinem dritten Film TRIANGLE hat der Engländer endlich sein Meisterstück abgeliefert und den Aufstieg in die Oberliga der jüngeren Horrorfilmer perfekt gemacht.
Lange Zeit lässt sich TRIANGLE nicht in die Karte schauen und uns im Unklaren darüber, wohin die (Schiffs-)Reise eigentlich führt. Erwartet uns klassischer GHOST SHIP-Schrecken? Die Eskalation eines psychologischen Traumas wie in SESSION 9? Ein "Shit, are we dead?"-Ding a la CARNIVAL OF SOULS, DEAD END oder LOST THINGS? Und täglich grüßt das Geisterschiff? Oder doch nur ein hundsordinäres Slasherlein?
Die Antwort ist: Uns erwartet alles Genannte, nur nichts Hundsordinäres Denn für TRIANGLE hat Smith dem Genrefundus zwar viele Ideen entlehnt, aber die herkömmliche Horrorfilmschablone in der Schublade gelassen. Was uns in den Genuss eines Films bringt, der geschickt mit der Erwartungshaltung des Zuschauers spielt und geradezu brillant die Positionen von Gut und Böse ständig vertauscht. Wie man einen kaltblütig meuchelnden Kapuzenträger in einem auch für Nichtsadisten absolut nachvollziehbaren Prozess vom Butzemann zum Sympathieträger entwickelt? Christopher Smith gibt die Antwort in TRIANGLE clever und eindrucksvoll.
Überhaupt ist dieses Werk außerordentlich komplex; nicht zuletzt wegen all der subtilen Querverweise auf die griechische Mythologie, die beim Namen des Kreuzers Aeolus beginnen und irgendwo bei Charon, dem Fährmann enden.
Doch TRIANGLE ist nicht nur Kopfhorror, sondern bietet auch was für Bauch, Herz, Kreislauf und Nieren. Oder welche Teile unserer Anatomie auch immer von beklemmenden, blutigen und grimmigen Szenen angesprochen werden. Vor allem aber trumpft die verschachtelte, hoch originelle Erzählweise. Zwar wird der aufmerksame Zuschauer und ganz sicher der erfahrene Genrefuchs einige von Smiths Schachzügen irgendwann erahnen können, aber selbst dann sorgt der ausgesprochen raffiniert gestrickte Plot noch für böse Überraschungen und so noch nicht da gewesene Szenarien.
Und täglich grüßt das Geisterschiff - In seinem dritten Horrorfilm spielt Christopher Smith mit Möglichkeiten, Sichtweisen und Zuschauererwartungen - und durchbricht die Monotonie üblicher Slasherflicks mit neuen, bösen Ideen und einer originellen Erzählweise. Zwar ist nicht jede dieser Ideen tatsächlich neu, aber selten wurden sie so teuflisch ausgeklügelt wie in TRIANGLE präsentiert. Hochinteressanter, origineller Horror, der eine willkommene Abwechslung zum üblichen Genre-08/15 darstellt.