GROTESKE/HORROR: MEX, 1972
Regie: Juan López Moctezuma
Darsteller: Claudio Brook, Arthur Hansel, Ellen Sherman, David Silva
Irgendwann in einem vorigen Jahrhundert beabsichtigt der Journalist LeBlanc über die psychiatrische Anstalt
des Dr. Maillard zu berichten. Dort angekommen muss LeBlanc feststellen,
dass die Zustände in diesem Irrenhaus höchst merkwürdig sind.
Die Patienten scheinen völlig freie Hand zu haben und gehen ungehindert ihren Manien nach,
arbeiten an seltsamen Apparaturen oder finden sich zu grotesken Gelagen ein.
Als LeBlanc klar wird, dass die Wahnsinnigen längst das Kommando in der Anstalt übernommen haben,
ist er bereits ein Gefangener des MANSION OF MADNESS
Yeah, die Geschichte von den Irren, die gewaltsam mit Ärzten, Pflegern und Wärtern die Rollen tauschen
und die Klapse übernehmen, hat im Horrorgenre schon Tradition.
Ad hoc fallen mir mit ASYLUM, HAUNTED HILL und DON´T LOOK IN THE BASEMENT
drei Filme mit dieser Thematik ein und auf literarischer Ebene hat ein gewisser Edgar Allan Poe
schon sehr viel früher ein solches Szenario durchgespielt.
Auf einer seiner Geschichten fußt auch das MANSION OF MADNESS.
Und gleich vorweg: So kunstfertig und irrwitzig wie Juan López Moctezuma
hier hat sich noch kein Filmemacher dieses Themas angenommen.
Dabei präsentiert sich der mexikanische Regisseur mit THE MANSION OF MADNESS
längst nicht so grimmig wie bei seinem späteren Meisterwerk ALUCARDA,
dafür aber noch bildgewaltiger.
Das MANSION OF MADNESS entpuppt sich rasch als visuelles Wunderwerk,
als ein Kaleidoskop des Surrealen.
Es ist der absurde und dekadente Traum eines Wahnsinnigen von einer Neuen Ordnung,
die in einer selbst erschaffenen Maniapolis ihre Gründung erfährt.
Klar, dass diese Vision, die bisweilen erschreckende Parallelen zu unserer (geistig gesunden?)
Weltgeschichte birgt, zum Scheitern verurteilt ist.
Sie zerbricht - wie viele Weltreiche vor ihr - an einer der gefährlichsten Manien des Menschen überhaupt,
nämlich dem Größenwahn.
Jetzt aber genug analysiert und geschwafelt.
Dass THE MANSION OF MADNESS seinerzeit in den Grindhouse-Kinos
unter einem anderen, reißerischen, Sex und Gewalt suggerierenden Titel verramscht wurde,
ist ein typischer Fall von "falscher Film am falschen Ort".
Vor einem solchen Publikum konnte der Streifen gar nicht bestehen,
denn er transferiert weder Sex noch Gewalt.
Hier wird aus Dantes Inferno und Crowleys "Buch des Gesetzes" zitiert
und nicht dem Schmuddelsex und Splatter gehuldigt.
Es werden Hirn und Auge bedient, nicht die niederen Instinkte.
Dabei nimmt sich der Film längst nicht so bierernst wie es die vorangegangenen Zeilen vermuten lassen.
Wie auch? In diesem Film schwingen Verrückte das Zepter.
Und die sind ja oftmals für einen Lacher gut.
So darf mit infantilen Späßen gerechnet werden, aber auch mit subtilem und schwarzem Humor.
Die Message kommt mit Augenzwinkern.
Trotz der inhaltlichen Tiefgründigkeit und dem gesteigerten Wertlegen
auf visuelle Aspekte funktioniert THE MANSION OF MADNESS auch als Unterhaltungsfilm.
Zumindest bei einem Publikum, das empfänglich für Siebziger Jahre-Obscuria
ist und nicht unbedingt beim jüngeren Zuschauerkreis,
der schon den originalen DAWN OF THE DEAD für eine Kuriosität aus längst vergangener Zeit hält.
Jedenfalls verliert sich die Storyline selten im Bilderrausch.
LeBlancs Fluchtversuche aus dem Königreich der Bekloppten bleiben stets Mittelpunkt einer Handlung,
die zugegebenermaßen recht psychotronisch daherkommt.
Aber wie ich schon sagte, die Welt in diesem Film gehört eben den Verrückten.
"Do what thou wilt in der Klapsmühle. Augenzwinkernd (mit subtilem Humor), bildgewaltig (mit grandios ausgestatteten Sets und Figuren) und den Irrwitz nicht scheuend macht uns ALUCARDA-Regisseur Moctezuma zu des Wahnsinns fetter Beute. THE MANSION OF MADNESS steht irgendwo zwischen schwarzer Komödie und Arthouse in den Grenznebeln des Horrorgenres und sollte nur von Personen besucht werden, die wissen auf was sie sich einlassen.