HORROR: AUSTRALIEN, 2009
Regie: Sean Byrne
Darsteller: Xavier Samuel, Robin McLeavy, John Brumpton, Victoria Thaine
Am Tag des großen Schulballs, fragt die unscheinbare Lola ihren Schwarm Brent, ob dieser sie am Abend begleiten möge. Dieser verneint, da er mit seiner Freundin Mia ein Date hat. Doch Lola kann das nicht akzeptieren. Kurz bei Daddy ausgeweint, macht der sich schon auf den Weg um Brent zu einem ganz privaten Schulball zu "überreden".
KRITIK:Teenager haben es nicht leicht. Von schulischen, hormonellen und amourösen Problemen mal ganz abgesehen, scheinen Jugendliche Böses einfach anzuziehen. Seien es osteuropäische Folterfanatiker, maskierte Hakenmörder, rachegetriebene Mitschülerinnen oder gar Traumgestalten; sie alle haben es auf junges, zartes Fleisch abgesehen. Dieses schneidet sich ja bekanntlich am leichtesten. Und der Fantasie sind dabei kaum Grenzen gesetzt, sowohl Irdisches als auch Übernatürliches macht Jagd auf die kreischenden, schreienden Teenies, die in den besten Fällen von Mitt-Zwanzigern gespielt werden. Sei's drum; Teenager haben eine lange Tradition im Horrorfilm, wahrscheinlich, weil sie die einzigen sind, die mit einer solchen Stressituation auch umgehen können - hey, wer es schafft vor Schluss des Semester noch flachgelegt oder am großen Abend des alljährlichen Schulballs erreicht Promqueen zu werden, kommt doch auch locker mit jeglicher Art von Bedrohung klar, keine Frage.
Naja, die Zeiten von SCREAM sind vorbei und in einer Post-SAW Ära ist es eigentlich auch ziemlich egal, wer dahingemetzelt wird. Identifikation? Sollte am besten nicht da sein, meistens sind es sowieso nur Perverse, die in den Folterkeller gesperrt werden. Ab und an versucht sich noch der eine oder andere Filmemacher an einer geistreicheren Verbindung der Genres, aber an mehr als mittelprächtige Filme (ALL THE BOYS LOVE MANDY LANE zum Beispiel) oder Gräuel-Remakes aus der Michael Bay Produktionsmaschinerie kann man sich nicht so wirklich erinnern. So ist es umso erfreulicher, wenn ein kleines, gemeines Werk auftaucht, welches auf sich als nicht vollkommen unorigineller Abklatsch der altbekannten Form erweist.
Lola the Princess bekommt was sie will. Und heute will sie Brent. Ihr natürlich fürsorglicher Vater kümmert sich ergreifend um die Wünsche seiner kleinen Tochter, ist die Mutter kaum mehr in der psychischen Verfassung dazu, die Familie zu unterstützen. Brent, der sich eigentlich weder als unsmpathischer Macho, noch als sexistisches Schwein Lola gegenüber verhalten hat, muss also daran glauben.
Aber hierbei geht es ja nicht um Rache, sondern um Wünsche. Und was wünscht sich ein Mädchen mehr, als die wichtigste Nacht ihres Teenielebens zur Schönsten zu machen? Vielleicht sogar mit eventueller Krönung zur Ballkönigin, wer weiß? Brent, als bald unfreiwilliger Ballkönig muss sich das abstruse Spiel nun mitmachen, da er sonst am eigenen Leib erfahren muss, was es bedeutet, wenn die hübsche Prinzessin nicht bekommt, was sie will.
Zunächst: THE LOVED ONES gehört durchaus zu den Horrorfilmen der etwas härteren Gangart. Zwar hält sich der Film in der Darstellung seiner Gewalt immer in Grenzen, kann aber effektiv zeigen, dass es nicht immer notwendig ist, jede Schändung im Detail zu zeigen um Intensität aufkommen zu lassen (im Gegensatz zum Irrglauben der offenbar immortalen SAW-Reihe). Regisseur Samuel Byrne ist sogar so intelligent um genau zu wissen, was er nicht zeigt, da der Glauben an die Vorstellungskraft der Zuschauer und die damit verbundene Kraft nicht unterschätzt werden soll. Außerdem lösst die generell verstörende und eigentlich grotesk-gestörte Prämisse dieses Szenarios sowieso jeden Schrecken ab.
Byrne inszeniert die private Schulballvorstellung, irgendwo im Backwood von Australien solide und vereint satirische Elemente gekonnt mit dem typischen Horror, welches ein Entführungsszenario mit sich bringt. Und geht dann immer fieser einen Schritt weiter. THE LOVED ONES beginnt schon in den ersten Minuten effektiv, zeigt und zeichnet seine ausgewählten Figuren ernsthaft und nicht überzogen. So strapaziert er weder im Verlauf des Filmes die Charakterzüge seiner Figuren, noch macht er sich über sie lächerlich, was gerade in diesem Genre als überaus angenehm empfunden wird. Natürlich ist die Situation mit der THE LOVED ONES arbeitet nicht die typische Slahservariation, sondern ähnelt mit seiner Schmerzparabel eher an das Folterfinale von AUDITION, aber so erübrigt sich auch die Frage nach dem nächsten Kill und nervige Charakterklischees werden gekonnt umschifft.
Die Menschen von dem der Film - in einem übrigens sehr reifem Drehbuch - erzählt, werden zum Glück auch von ernstzunehmenden Schauspielern dargestellt. So sind die Randfiguren und die kleinen Subplots, die der Film behandelt nie unnötig oder langweilig, auch wenn sie zunächst nicht in die knochenbrechende Art des Films hineinpassen mögen. Dennoch fügt sich dann gegen Ende hin alles etwas zusammen, ergibt zwar kein komplettes Bild und ist vielleicht auch etwas verschwenderisch mit seinen Charakteren, aber man freut sich dann doch, dass alles irgendwie seine Berechtigung hat.
Interessant und originell ist auch die Tatsache, dass der eigentliche Hauptprotagonist kurz nach Beginn verstummt und die restliche Filmdauer kaum mehr als ein Japsen aus der Kehle bringt. Hier wurde das Prinzip "show, don't tell" vielleicht etwas übertrieben, das stumme Schauspiel bleibt aber durch die verrückt-sadistischen Peiniger schlüssig, da Vater und Tochter generell eine grandiose Show abziehen. Und Identifikation gibt es mit dem armen Kauz ja sowieso.
THE LOVED ONES ist ein sehr gelungener kleiner Schocker, der ebenso gut inszeniert wie erzählt ist. Es ist zwar kein Film, der jetzt die Genregrenzen sprengt oder neu definiert, sich jedoch gekonnt und geübt in seinem Gebiet in Szene setzt und weiß wie man auf seine Zuschauer eingehen muss, um sie etwas vom Sessel zu holen. Natürlich erweißt sich Byrnes Film auch nicht als symbolträchtige Erzählung über unverstandene Liebe oder jugendliche Angst, sondern will seine zwei Wahnsinnigen nur überzeugend derb agieren sehen, doch gerade wenn man sich entspannt zurücklehnen will, da man meint, schon alles zu kennen und alles gesehen zu haben, sticht der Film mit kleinen Gemeinheiten die vermeintlich trumpfende Eigenüberzeugung des Zusehers.
Den einen oder anderen Genretypus kann der Film dann letztendlich doch nicht umgehen und so ist der breite Verlauf der Story auch nicht komplett unvorhersehbar, dies bleibt aber stets auf der Ebene des Ertragbaren. THE LOVED ONES gerät ebenso oft in die Nähe der Lächerlichkeit, würde er seine grotesken Einfälle nicht immer mit einem Hauch bitterem Humor inszenieren. Versteht mich nicht falsch, Byrnes Werk nimmt sich zu jeder Sekunde ernst und will auch von seinem Betrachter ernst genommen werden, schafft dies aber nicht zu letzt wegen seiner geschickt, witzigen Komponente, die mich - trotz expliziter Gräueltaten - nicht nur einmal zum Lachen gebracht hat.
Und gerade weil THE LOVED ONES sowohl seine Figuren als auch seine Zuschauer mit einer humorvollen Seriösität behandelt, funktioniert er im Endeffekt auch. Zudem spendiert er ein sehr gut präsentiertes und endlich wieder überaus zufriedenstellendes Ende, ohne dabei auf die üblichen Twists und Plotklischees der zurückkehrenden Killer reinzufallen und bleibt somit ein guter Film, den man sich bestimmt ein weiteres Mal gerne ansehen wird.
Alles in allem ist THE LOVED ONES ein gut funktionierender, stets spannender und erstaunlich gut geschriebener Horrorfilm. Die überzeugende Darstellung der Figuren verleiht dem Film den gewissen Halt um sich die eine oder andere Groteske zu erlauben, die stets mit einem unsichtbaren Augenzwinkern inszeniert wird, der Härte des Filmes dabei aber nicht schadet. Ein zufriedenstellendes Ende und eine solide Inszenierung machen so aus der nicht gerade originellsten Idee ein stark wirkendes Werk, welches in den besten Momenten sogar eine pointierte Farce des Teeniehorrors darstellt.