THRILLER/DRAMA: USA/I, 2010
Regie: Anton Corbijn
Darsteller: George Clooney, Violante Placido, Thekla Reuten, Bruce Altman
Sie nennen ihn Mr. Butterfly oder L'Americano, Jack und Eduardo: George Clooney hat viele Namen in diesem Thriller-Melodram von Anton Corbijn. Nach einem missglückten Auftrag muss Jack in ein italienisches Bergdorf flüchten. Hier heißt es erst mal abwarten und Kaffee trinken, Waffen zusammenbauen und den Körper in Schuss bringen. Abwechslung ins selbstgewählte Einsame-Wolf-Dasein bringt eine junge Prostituierte namens Carla, die sich - wer könnt's ihr verdenken - in George Clooney, also Jack bzw. Eduardo verliebt. Alles hätte gut werden können, wäre da nicht diese mysteriöse Killer-Femme Fatale und der undurchsichtige Auftraggeber, der langsam die Geduld mit Jack verliert ...
Zugegeben, so mancher Film wäre wegen dieser Stereotypen-Überlast in die Knie gegangen. Nicht so das neue Werk des niederländischen Fotokünstlers und Filmemachers Anton Corbijn. Seine Adaption von Martin Booths Roman "A Very Private Gentleman" nützt die gut abgehangenen Versatzstücke aus dem Thriller-Baukasten lediglich als Vorwand, um von ganz anderen, essentielleren Dingen zu erzählen:
Es geht um Einsamkeit und männliche Isolation, um Sinnsuche und Erlösung - durch Liebe. Das mag klischeehaft klingen, ist es wohl auch und hätte sich in den falschen Händen zu einer furchtbaren Altherrenpeinlichkeit auswachsen können. Doch Corbijn, dem wir die gefeierte Ian Curtis-Hommage CONTROL zu verdanken haben, macht fast alles richtig:
Der Film ist so elegant fotografiert, wie man es von einem Foto-Künstler erwartet. George Clooney trägt den Film als enigmatischer Einzelgänger, der des Mordens überdrüssig wurde. Der zweite Star neben Clooney ist die Landschaft der italienischen Abruzzen, die Corbijn in Fast-schon-Giallo-Manier einfängt: Enge, verwinkelte Gassen, graue, abblätternde Fassaden und die labyrinthartigen Stiegen der Häuser stehen in Kontrast zur Weite der kargen Landschaft und dienen als stets bedrohliche, bisweilen surreal anmutende Kulisse.
Das ist alles wunderschön anzusehen - und doch schleichen sich im letzten Drittel gewisse Abnützungserscheinungen ein. Da wird deutlich, dass Anton Corbijn zwar ein fraglos großer Ästhet, aber kein Thriller-Regisseur ist: Verdichtung, Suspense oder einfach nur Spannungserzeugung gehört leider nicht zu seinen Stärken. Nicht auszudenken, was einer wie Cronenberg oder Polanski aus dem Stoff gemacht hätte.
Trotzdem muss THE AMERICAN vorbehaltlos empfohlen werden: 100 Minuten klassische Eleganz, Melancholie und George Clooney als Lonely Killer ist ja auch nicht nichts.
George Clooney brilliert als einsamer Killer in der Abgeschiedenheit der italienischen Provinz, wo sich sein Schicksal entscheidet. Ein fast schon provozierend ruhiges, aber elegantes Thriller-Drama von CONTROL-Regisseur Anton Corbijn.
In diesem Sinne: "Thank you for the lovely day, Mr. Butterfly!"