INDEPENDENT: A, 2010
Regie: Stefan Müller
Darsteller: Martin Kroissenbrunner, Moritz Thate, Ines Gruber, Leopold F.J. Keber, Stefanie Kammerhofer, u.v.a.
Österreich, 1813: Veith Schartl (Martin Kroissenbrunner) kehrt nach der Völkerschlacht von Leipzig, in der Preußen, Österreicher und Russen Napoleon besiegten, in sein steirisches Pahlbach zurück. Ihn begleitet sein preußischer Kamerad Jakob Trimm (Moritz Thate). Während Veith am Bein verwundet wurde, trägt Jakob seine Wunden innerlich: Die Kriegsgreuel lassen ihn nicht los. Beide Männer haben keine Familie mehr, doch auf Veith wartet zumindest ein abgelegener Hof als Erbschaft. Dass etwas nicht stimmt, merkt ausgerechnet der Preuße als Erster: Im Wald ist es so seltsam still, kein Vogel zwitschert. Schon nach der ersten Nacht wird ihnen bewusst, dass sie da oben, fern ab des Dorfes, nicht allein sind: Eine blutige Spur führt von ihrem Haus in den Wald hinein. Als Veith und Jakob ihr folgen, kommen sie zu einem zerstörten Lager, in dem sie einen schwer verletzten Mann und zwei seltsame Steine finden, die ein einfaches Rätsel zu ergeben scheinen.
Veith und Jakob bringen den verletzten Mann zu ihren Nachbarn, dem Doktor Heinrich Kranzler (Leopold F.J. Keber) und dessen Schwester Mirabell (Ines Gruber). Doch jede Hilfe kommt zu spät, der Waldbewohner stirbt. Von Kranzler erfahren Veith und Jakob, dass der Verstorbene noch eine Frau hatte - aber von der fehlt jede Spur. Damit im Dorf niemand die beiden Neuankömmlinge des Mordes verdächtigt, will der ehrenwerte Doktor sich als Finder der Leiche ausgeben.
Beunruhigt kehren Jakob und Veith zu ihrer Hütte zurück. Nicht zu Unrecht, wie sich schon in der folgenden Nacht herausstellt. Ihr Heim wird von unbekannten Wesen attackiert. Zwar wehren sich die ehemaligen Soldaten tapfer mit ihren Gewehren, aber sie können nicht erkennen, ob sie überhaupt eine Wirkung erzielen. Als der Angriff aufhört, finden sie eine grauenhaft verstümmelte Frauenleiche vor ihrem Haus - und eine Botschaft, die unmissverständlich die beiden auffordert, den Wesen im Wald weitere Frauen zu bringen.
Während Veith sich dem Willen der Angreifer mangels Aussichtslosigkeit beugen will, beschließt Jakob zu kämpfen. Er kann auch Veith überreden, den mysteriösen Ungeheuern eine Falle zu stellen. Doch als Köder brauchen sie eine Frau. Und damit gehen die beiden bewusst das moralisch fragwürdige Risiko ein, einen Menschen zu opfern...
KRITIK:"Tartarus" ist nach "Legende" - einem Film über den Werdegang eines Superhelden - und dem Mysterythriller "Jenseits" nun der dritte Spielfim von Stefan Müller und der Grazer Filmgruppe Loom. Die Story wurde von Müller und Veith-Darsteller Martin Kroissenbrunner entwickelt, das Drehbuch schließlich stammt von Kroissenbrunner. Als Budget standen 30.000 Euro zur Verfügung, das von der Cine Styria und der Stadt Graz zur Verfügung gestellt wurde.
Trotz der Förderung bezeichne ich den Film als independent, denn um das Geld dreht sonst niemand ohne Selbstausbeutung einen 106-Minüter. Die Dreharbeiten zu "Tartarus" begannen im Oktober 2007 und wurden im Mai 2008 abgeschlossen. Für die historische Kulisse sorgten u.a. das Freilichtmuseum Vorau und das Bauernmuseum Herk auf der Hebalpe in der Steiermark, das Freilichtmuseum Gerersdorf im Burgenland sowie die Lurgrotte Semriach, wo es zu einer schaurigen Begegnung mit den Wesen kommt.
Regisseur Stefan Müller hat mit dem Film ein ehrgeiziges Ziel: "'Tartarus' soll sowohl Fans des fantastischen Genres wie auch horroruntypische Zuschauer gemeinsam in den Lichtspielhäusern vereinen", so der 26-Jährige in einer Presseaussendung. Zurzeit befindet sich gerade sein vierter Spielfilm mit dem Arbeitstitel "Biest" in der Vorbereitung.
In Österreich tut sich ja in den letzten Jahren einiges, was den Genre-Film betrifft. Ob Teenie-Slasher (In 3 Tagen bist du tot), Backwood-Slasher (In 3 Tagen bist du tot II), Kifferkomödie (Contact High) oder schwarzhumorigen Film noir ("Brenner-Trilogie" mit Josef Hader) - es gibt da viel Löbliches zu sehen abseits der Sozialpornos und Kabarettfilme, die einst die österreichische Filmszene so dominierten. Eine Sparte, die trotzdem ziemlich vernachlässigt wird, ist das fantastische Genre. Ob Sci-Fi oder Fantasy - bei beidem fehlen mir irgendwie die großen, epischen Bilder made in A. Ad hoc fallen einem auch nur Marco Kalantari mit AINOA und eben Stefan Müller mit "Jenseits" und "Tartarus" ein - und alle drei kommen quasi aus dem Independent Bereich. Insofern kann man Müller dankbar sein, dass sich hierzulande mal wieder jemand etwas traut.
"Tartarus" hat im Grunde auch die richtigen Zutaten: interessante und ausgefeilte Charaktere, eine halbwegs originelle Story mit durchaus überraschenden Wendungen, brauchbare bis gute Schauspieler, ein tolles Setting, einen mächtigen Soundtrack und einen optischen Film-Look, der sich durchaus sehen lassen kann (leider aber auch etwas zu color-graded und künstlich wirkt).
Irgendwie klappt es dann aber doch nicht so ganz. Die Zutaten sind zwar da, aber das Ergebnis schmeckt eher fad. Mal abgesehen von einigen historischen Ungenauigkeiten, logischen und sonstigen Fehlern, die den Zuschauer immer wieder aus der Geschichte reißen, ist es vor allem das Erzähltempo, an dem es hakt. Die Szenen sind unnötig in die Länge gezogen, wirken wie ein Kaugummi, der anfangs gut schmeckt, schnell aber an Geschmack verliert und an dem man schließlich lieblos herumkaut.
Da hätte man mehr trimmen müssen - und vielleicht wäre aus den überlangen 106 Minuten nur ein 95-Minüter geworden, der aber dann wenigstens den richtigen Erzählfluss gehabt hätte. Dieses Problem trat auch schon bei dem nicht uninteressanten "Jenseits" auf, aber gegenüber dem Mysterythriller von 2006 ist "Tartarus" auf jeden Fall eine beachtliche Weiterentwicklung von Stefan Müller. Insofern darf man auch auf sein kommendes Projekt gespannt sein.
Die Kritik bezieht sich auf die Kinofassung von "Tartarus". Ob der Film in dieser oder in einer anderen Fassung im Frühjahr 2011 auf DVD bzw. BluRay erscheint, ist nicht bekannt.
Die österreichische Indie-Produktion "Tartarus" hätte ein großer Film werden können - stattdessen ist es ein sehr langer geworden. Gegenüber Stefan Müllers Vorgängerfilm "Jenseits" (2006) ist bei "Tartarus" auf jeden Fall eine Qualitätssteigerung zu bemerken. Insofern darf man auf Müllers nächste Schritte weiterhin gespannt sein.