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Schmetterling und Taucherglocke

Schmetterling und Taucherglocke

OT: Diving Bell and the Butterfly
DRAMA: USA/F, 2008
Regie: Julian Schnabel
Darsteller: Mathieu Amalric, Emmanuelle Seigner, Marie-Josée Croze, Hiam Abbass

STORY:

Mit 43 erleidet Jean-Dominique Bauby, Chefredakteur der Zeitschrift Elle einen Schlaganfall und leidet fortan unter dem sogenannten extrem seltenen "Locked-In-Syndrom". Er ist bei klarem Verstand, kann jedoch außer mit seinem Augenlid keinen Kontakt mehr zur Außenwelt aufnehmen. Nach einer wahren Geschichte.

KRITIK:

Was bedeutet es eigentlich sich bewegen zu können, sich mitteilen, einander berühren zu können? Oder was bedeutet es diese grundlegenden Fähigkeiten auf einmal nicht mehr zu besitzen?

Der von seinen Freunden so genannte Jean-Do, dargestellt vom kommenden Bond-Bösewicht Marc Amalric, wird ein Gefangener seiner Erinnerung und seiner Fantasie, stellt sich große Fragen über das Leben und ob es wirklich ausgenutzt hat. Schämt sich für seine begangenen Fehler, freut sich über seine Abenteuer.

Und lernt nicht aufzugeben, lernt der optimistischen Sprache seiner Betreuerinnen nicht nur mit Zynismus und Selbstmitleid zu begegnen, sondern diktiert sogar blinzelnd einen Roman namens "Schmetterling und Taucherglocke", wobei ersteres seine Fantasie und Lebensfreude darstellt und zweiteres seinen Zustand, worauf schließlich dieser Film basiert.

Julian Schnabel, als Maler weltberühmter Hauptvertreter des Neoexpressionismus, tritt nur gelegentlich als Regisseur auf. (In einem Interview von ihm hab ich mal gelesen es läge daran, dass er mit einem Gemälde, woran er eine halbe Stunde arbeitet, genausoviel verdiene wie an einem Film, an dem er über ein Jahr arbeiten muss. Das hat er aber vermutlich nicht ganz ernst gemeint.)

Wie auch immer, das Warten lohnt sich, denn dieser Mann hat - nona - ein tolles Gespür für bildliche Gestaltung. War schon sein letzter Film Before Night Falls, eine Biografie über einen homosexuellen Künstler und sein Leben in Kuba, großartig besetzt mit Javier Bardem in der Haupt- und Johnny Depp in zwei Nebenrollen, ein visuell hervorstechendes aber auch sehr sensibles Filmerlebnis, so kann man auch sein neues Werk in ähnlich hohen Tönen loben. Dieser Stoff muss es ihm wohl angetan haben, denn er hat extra französisch gelernt um diesen Film realisieren zu können.

Fantastisch besetzt, gleich mit einer ganzen Riege an französischen Topakteuren (eigentlich vornehmlich viel zu gut aussehende Akteurinnen;-), und virtuos bebildert wird die Geschichte erzählt, indem die vornehmlich subjektive Kamera zwischen der Freiheit der Fantasie und der Beengtheit des Rollstuhls oder des Krankenbettes pendelt. Überdies wird jeglicher Kitsch vermieden, da auch wirklich jede Feel-Good-Sequenz an irgend einer Stelle gebrochen wird um niemals das Schicksal des Protagonisten aus den Augen zu verlieren.

Dadurch gelingt dem Film das erstaunliche Kunststück einen idealen Grat zwischen Ernsthaftigkeit und Verspieltheit zu finden. Man hat in jeder Sekunde das Gefühl eine echte Geschichte erzählt zu bekommen, ohne jedoch jemals die Distanz zu verlieren. Es heißt, dies sei auch die eigentliche Stärke des Originaltextes. Ein aus subjektiver Perspektive geschriebener Roman, der dem Leser ein dennoch objektives Bild der Geschehnisse vermittelt. So viel Stärke und Gesetztheit wäre uns allen zu wünschen, sollten wir uns einmal in einer ähnlichen Situation wiederfinden.

Schmetterling und Taucherglocke Bild 1
Schmetterling und Taucherglocke Bild 2
Schmetterling und Taucherglocke Bild 3
Schmetterling und Taucherglocke Bild 4
Schmetterling und Taucherglocke Bild 5
FAZIT:

Intellektuell ansprechend, emotional bewegend und visuell durch die vornehmlich subjektive visuelle Gestaltung sehr einfühlsamer und vermittelnder Film, der das Leben preist ohne sich in Rührseligkeiten zu verlieren.

WERTUNG: 8 von 10 sexuellen Fantasien
TEXT © Ralph Zlabinger
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Patrasch | 22.06.2008 23:03
ahhh..genial...9,5/10...All The World Is Green...
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Robert ME | 14.05.2008 15:36
Regisseur Julian Schnabel, ein berühmter Maler und Bildhauer, erzählt anfangs konsequent und oftmals humorvoll aus der Perspektive des gelähmten Bauby: Man sieht sein Spitalsumfeld, das Personal und seine Besucher schemenhaft verschleiert wie durch ein getrübtes Auge, mal grotesk verzerrt, mal matt konturlos, bis sich die buchstäblich lichten Momente häufen, weil derjenige, durch dessen Auge wir wahrnehmen, sich offenkundig an die eingeschränkten Verhältnisse gewöhnt. Das ergibt eine spannende Filmästhetik, die sich zu den schnellen Schnitten herkömmlicher Hollywood-Produktionen verhält wie ein liebevoll zubereitetes Festmahl zu Fastfood. Die "FAZ" beschrieb Schnabels Werk als "genau die Sorte Film, die das Kino als populäre Kunstform immer wieder am Leben hält".

Baubys Erinnerungen sind als (sicher lesenswertes) Buch ebenfalls unter dem Titel "Schmetterling und Taucherglocke" erschienen. Es wurde ein großer Erfolg, den der Autor aber nicht mehr miterlebte: Er starb nur zehn Tage nach dem Erscheinen im März 1997 an Herzversagen. In einem Interview schilderte der 56-jährige Julian Schnabel seinen persönlichen Zugang zum Thema: Er habe das Buch zum ersten Mal gelesen, "als mein Vater ans Bett gefesselt war; er hatte Krebs im Endstadium und konnte kaum mehr etwas alleine tun und auch kaum noch kommunizieren. Sein Geist war hellwach, aber sein Körper spielte nicht mehr mit". Baubys Geschichte habe ihm - so Schnabel - "mit ihrer Kraft und ihrer Positivität sehr geholfen, mit der Situation besser umzugehen".
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