HORROR: FRANKREICH, 2009
Regie: David Morlet
Darsteller: Hélène de Fougerolles, Francis Renaud, Dida Diafat, Marie-Sohna Conde
Die junge, schwangere Notärztin Sonia und ihr Freund Marco sind in einem apokalyptischen Frankreich auf der Flucht vor den Horden Infizierter, die ein rätselhaftes Virus in nach Blut und Menschenfleisch lechzende Zombies verwandelt hat. Bei einem Zwischenfall an einer Tankstelle wird auch Marco infiziert. In einem leer stehenden Gebäudekomplex versucht Sonia den Vater ihres ungeborenen Kindes zu heilen; wohl wissend, dass es für ihn keine Rettung mehr gibt. Während mit Marco immer schrecklichere Veränderungen vorgehen, treffen weitere Überlebende ein und mit ihnen kommen die Mutanten -
Die Franzosen haben in den letzten Jahren keine Anstrengung gescheut, um mit harten extremen Horrorfilmen das Erbe des derben, italienischen Splatterkinos der 80er Jahre anzutreten. Alexandre Ajas HAUTE TENSION machte den Anfang. Weiter ging es mit den Terrorbrocken FRONTIER(S), INSIDE und MARTYRS.
Es war nur eine Frage der Zeit bis sich ein französischer Regisseur an jene Spielart des Horrorgenres heranwagen würde, das fast schon zu exzessiven Blut- und Gedärmefesten verpflichtet ist. Die Rede ist natürlich vom Zombiefilm. Seit DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN und mehr noch LIVING DEAD AT THE MANCHESTER MORGUE Garant für barbarische Szenen.
Mit MUTANTS und HORDES lässt Frankreich demnächst gleich zwei Vertreter dieses Sujets auf die Menschheit los. Reden wir zunächst über David Morlets MUTANTS, der sich weniger an den Romeroesken Untoten orientiert, sondern sich viel mehr 28 DAYS LATER zum Vorbild genommen hat.
Das überschaubare Budget hat leider keine flächendeckenden Zombie-Umtriebe zugelassen und somit gibt es hier keine Bilder von vor Infizierten wimmelnden Städten und Straßen. Doch auch im viel kleineren Maßstab gelingt es Morlet mit einer kalten, düsteren Bildersprache eine beklemmende Atmosphäre zu kreieren, die schon in der Lage ist, dem Zuschauer den Geschmack einer zombifizierten Endzeit zu vermitteln.
Nach einigen Schockmomenten zu Beginn konzentriert sich der Film lange Zeit auf die verzweifelten und hoffnungslosen Anstrengungen Sonias ihren kranken Liebsten zu retten. Und darauf die Stufen des Verfalls (Haarausfall, Blutkotzen, Blutpissen, Persönlichkeitsveränderung, Aggression) auf drastische Weise zu dokumentieren. Hier funktioniert MUTANTS fast wie eine Allegorie auf die Pflege von Schwerstkranken. Der Pflegende muss ohnmächtig den Verfall einer nahe stehenden Person mit ansehen und umgekehrt entwickelt der Kranke aus seiner eigenen Ohmacht heraus, ungerechte Aggressionen gegenüber dem Gesunden.
Doch spätestens zum Zeitpunkt, als eine Gruppe gewaltbereiter, freischärlerischer Überlebender den Gebäudekomplex entert, ist es vorbei mit der Tiefgründigkeit. Dann gibt es den üblichen Zombieflick, der allerdings äußerst versiert und packend dargeboten wird. Die ganz großen Goreexzesse bleiben bei MUTANTS (der selbst im scherenfreundlichen Deutschland ungeschnitten erhältlich sein wird) allerdings aus. Was nicht heißen soll, dass der Film sich in Sachen Blut und harte Szenen in Askese übt. Die Angriffe der Infizierten, die schön fies aussehen und äußerst flink auf den Beinen sind, wurden furios in Szene gesetzt und sorgen für manchen Adrenalinschub.
Auch wenn viele Gorehounds in dieser Hinsicht anderer Meinung sind und bereits ihre Entäuschung in die Welt hinausgeschrien haben - weil ihnen da dann doch ein paar Eimer zu wenig Kunstblut und Kutteln vom Metzger im Spiel gewesen sind. Vielleicht werde ich langsam zu alt und zu weich für den Job, aber ich finde es schade und auch irgendwie bedenklich, dass manche Leute als einzigen Maßstab an einen Horrorfilm den Gore- und Gedärmepegel anlegen. Zumal MUTANTS mit Szenen der härteren Art eigentlich nicht geizt. Aber okay, die Blutwurstfraktion soll sich nicht grämen. Schließlich gibt es ja in der Videolandschaft genügend Produkte, die zwar keinen Wert auf schauspielerische Leistungen, Atmosphäre und Hirn legen, aber dafür einen Großteil ihres Budgets beim Metzger gelassen haben.
MUTANTS ist ein französischer Epidemic/Zombieflick, der sich weniger Romero als viel mehr 28 DAYS LATER verpflichtet fühlt, allerdings ohne dessen Budget zur Verfügung gehabt zu haben. Dennoch ist es Regisseur Morlet gelungen, auch im kleineren Rahmen eine beklemmende Endzeitstimmung zu erschaffen. MUTANTS ist phasenweise ein recht emotionaler Zombiefilm geworden, der sich von stumpfsinnigen Goreeruptionen erfreulich abhebt und den im Grunde völlig üblichen Szenarien manches Mal gar einen tieferen Sinn verleiht. Doch keine Sorge, ihr Deadster dort draußen: Im letzten Drittel gibt es furiose und moderat blutige Infiziertenattacken satt. In meinen Augen ein kleiner, aber überzeugender Beitrag zum Zombiefilm.