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Murder Rock

Murder Rock

OT: Murderock - uccide a passo di danza
GIALLO: ITALIEN, 1984
Regie: Lucio Fulci
Darsteller: Olga Karlatos, Ray Lovelock, Claudio Cassinelli, Cosimo Cinieri

STORY:

In einer Tanzschule werden die talentiertesten Tänzerinnen ermordet - mit einer Hutnadel mitten ins Herz… Was natürlich den Kreis der Kandidatinnen für eine neue Broadway-Show immer weiter eingrenzt. Doch als der zynische Ermittler Borges den Kreis der Verdächtigen eingehender durchleuchtet, offenbaren sich ihm noch viele weitere mögliche Motive für die Mordserie. Denn hier haben fast alle Beteiligten ein paar dunkle Punkte in ihrer Vergangenheit… -

KRITIK:

Neulich bei Gorehounds uff´m Filmabend…

"Fulci! Was erlauben Fulci?!" zetern die bitter enttäuschten Teilnehmer in ihrem ungestillten (Kunst-)Blutdurst, spucken und schwenken erbost die auf die Zeigefingerkuppen gepressten Daumen gen Flachbildschirm, wo gerade noch zu sehen ist, wie unter den sich unbeeindruckt abspulenden Endcredits eine Gruppe junger Leute zu Achtzigerjahre Discopop das Tanzbein schwingt.

Ey, wassup? Welche Laus hat denn diesen Jungs über die Leber gestrullert?

Des Rätsels einfache Lösung: Die Kerle haben sich gerade Lucio Fulcis MURDER ROCK aus dem Jahr 1984 gegeben. Also jenen Film, den His Goreness kurz nach seinen allesamt auf die bundesdeutschen Beschlagnahmungslisten gewanderten Maden-Eskapaden (of EIN ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL-Fame) und den psychopathologischen Rasierklingenexzessen des NEW YORK RIPPER gedreht hat.

Nach dieser Serie an epischen Blut-und Gedärmeflicks hat sich das Volk eben eine Zugabe an mittig durchgeschnittenen Nippeln, ausgekotzten Darmtrakten und durchstoßenen Augäpfeln erhofft und wurde bitter enttäuscht.

Bis auf eine unter sehr geringem Aderlass in eine nackte Frauenbrust gebohrte Hutnadel beim Eröffnungsmord bleibt MURDER ROCK so sauber wie ein Tampon außerhalb der Regelzeit. Und si - so was wird der blutrünstigen Erwartungshaltung der Hard(g)ore-Gemeinde nicht gerecht und kann sie schon mal knatschig machen. Jedenfalls war Fulci bei dieser Klientel bis zum NIGHTMARE CONCERT 1990 erstmal unten durch.

Aber es liegt nahe, dass der Maestro mit MURDER ROCK den Versuch gestartet hat, wieder wegzukommen vom Zombie- und Leichenwürmerimage. Er wollte wohl die Kurve zurück zu seinen glorreichen Giallo-Tagen bekommen.

Das alte Feuer von Murder Mystery-Großtaten wie A LIZARD IN A WOMAN´S SKIN oder THE PSYCHIC konnte er hier allerdings nicht mehr entfachen. Schlimmer noch: Der Großteil seiner alten, meisterwerksverwöhnten Getreuen aus dem Gelben Lager verachtet MURDER ROCK geradezu. Es liegt nicht unbedingt an der fehlenden europäischen Location; schließlich hat zuvor auch der NEW YORK RIPPER im Big Apple gespielt.

Aber der NEW YORK RIPPER hat den Giallo geneigten Fan wenigstens nicht stets und ständig mit 80er Jahre Discopop zugedröhnt und ihn auch nicht mit penetranter Zurschaustellung von in scheußliche Aerobic-Stulpen gehüllten Frauenbeinen vor Grauen nahezu erblinden lassen, sagt ihr? Okay, ein Punkt für euch!

Auch vom im Titel erwähnten MURDER "ROCK" kann eigentlich keine Rede sein. MURDER "POP" träfe den Kern der Sache schon eher. Und insbesondere gegen den von Keith Emerson komponierten Discosound(track) spuckt sogar der hochgeschätzte britische Autor Stephen Throwers in seiner vorzüglichen, weil definitiven Fulci-Bibel "Beyond Terror" Gift und Galle.

Zugegeben - 80er Jahre Discostücke sind auch nicht meins, aber der Musikstil ist eben auch der Handlung und dem Handlungsort geschuldet. Und MURDER ROCK spielt nun mal in einer Tanzschule anno 1984.

Und wenn man genau hinhört, weiß der Score abseits der Tanzmucke durchaus zu überzeugen. "New York Dash" etwa ist ein wunderbar zackiges Stück, das mich sogar etwas an das geniale "Mater Tenebrarum" aus dem ebenfalls von Emerson komponierten herrlichen Soundtrack zu Argentos INFERNO erinnert hat.

Der Film selbst kann sich leider nicht mit Meisterwerken messen; auch wenn er längst nicht so schlecht ist wie er vielerorts geredet wird. Die Whodunit-Komponente, eine gewisse Atmosphäre und eine Handvoll Genre-Altstars rechtfertigen zumindest einen Blick.

So gibt es ein Wiedersehen mit dem anno 1984 so langsam in die Jahre gekommenen Frauenschwarm Ray Lovelock, der Ende der Sechziger noch mit der blutjungen Ornella Muti in Lenzis DIRTY PICTURES turteln durfte und hier mit Olga Karlatos in deutlich reifere Laken steigt. Die deutsche Schauspielerin, der Fulci fünf Jahre zuvor in WOODOO noch einen berüchtigten Splitter ins Auge verpasst hat, bekleidet hier die Hauptrolle als Tanzlehrerin in der "New Yorker School for doomed dancers". Und Claudio Cassinelli sehen wir in MURDER ROCK in einer seiner letzten Rollen.

Nur ein Jahr später sollte der aus Granaten wie DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER oder SUSPECTED DEATH OF A MINOR bekannte Schauspieler bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben kommen. Leider ermöglicht ihm das Skript keinen wirklich denkwürdigen Abtritt. Sogar noch blasser müssen die jungen Darstellerinnen der Tänzerinnen bleiben. Die werden in MURDER ROCK wirklich nur zum Tanzen oder zum Sterben vor die Kamera gebeten. Letzteres geht in der "Lehranstalt zum tanzenden Tod" wie bereits erwähnt unblutig und wenig spektakulär von statten. Ausnahme ist da vielleicht noch der Eröffnungsmord, der -nennt es obligatorisch, nennt es klischeehaft- natürlich unter der Dusche begangen wird.

MURDER ROCK ist also alles andere als ein Fest und im Vergleich zu Fulcis früheren Gialli vielleicht sogar eine kleine Enttäuschung, doch zumindest kann der Film Rohrkrepierer wie Argentos CARD PLAYER weit hinter sich lassen.

Murder Rock Bild 1
Murder Rock Bild 2
Murder Rock Bild 3
Murder Rock Bild 4
Murder Rock Bild 5
Murder Rock Bild 6
FAZIT:

Der FLASHDANCE des italienischen Giallo zählt zu den ungeliebten Werken des Maestros. Die Gorehounds mögen ihn nicht, weil jedes x-beliebige englische Steak um einiges blutiger als MURDER ROCK ist und die Jünger von Fulcis früheren Gialli sind bitter enttäuscht, weil der Film den alten Klassikern nicht mal ansatzweise das Wasser reichen kann.
Was MURDER ROCK aber aufwertet, ist die Tatsache, dass solche im positiven Sinne altmodischen Flicks heute nicht mehr gemacht werden und somit ein kleiner Nostalgiebonus entsteht. Bekannte Gesichter in der Besetzung, ein zynischer Bulle, der selbst aussieht wie der Anführer einer Terrorzelle, ein nicht unspannendes Whodunit und ein abseits der Discolieder recht schmissiger Emerson-Score halten das Debakel, das viele glauben in dem Film sehen zu müssen, eigentlich in Grenzen. So ist MURDER ROCK unbestritten schlechter als vieles was Fulci vorher gedreht hat, aber auch besser als manches, was danach vom Maestro gekommen ist…

WERTUNG: 5 von 10 Disconummern aus den tiefen Achtzigern
TEXT © Christian Ade
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Dein Kommentar >>
Harald | 16.02.2010 19:15
der Trailer ist doch super ;-)
Andreas | 16.02.2010 20:19
also, ja, der hat was. kann man nicht abstreiten.
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