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La Antena

La Antena

DRAMA/SCI-FI: ARGENTINIEN, 2007
Regie: Esteban Sapir
Darsteller: Valeria Bertuccelli, Alejandro Urdapilleta, Julieta Cardinali

STORY:

Der allmächtige Mr. TV kann die Fäden in der Hand halten, weil er den Einwohnern ihre Stimmen und Worte genommen und sie mit Bildern aus dem Fernseher ruhig gestellt hat. Um seinen Plan durchzusetzen, die Kontrolle mit Hilfe von Massenhypnose unbegrenzt zu übernehmen, entführt er den letzten Menschen mit einer Stimme: eine bildschöne Sängerin. Ein TV-Mechaniker wird Zeuge und flieht mit seiner Familie in einen alten Sendeturm in den Bergen, um Mr. TV Einhalt zu gebieten.
(Fantasy Filmfest Katalog 2007)

KRITIK:

Es war vor gut 27 Jahren, als im ZDF Sonntag morgens "Das Cabinett des Dr. Caligari" lief, und ich in meiner noch sehr jugendlichen Unschuld meiner Mama begeistert erzählte, dass da ein Stummfilm läuft, in der kein Stuhl gerade steht, die Türen keinen rechten Winkel haben, die Wände sich auf die Personen stürzten, die Figuren abstrus dunkle Augenränder haben und überhaupt das ganze absolut irreal sei (ich glaube, dass damalige Schlagwort war "echt stark").

Meine Mutter nahm das recht gelassen, aber vermutlich auch sehr irritiert zur Kenntnis. Erst als ich danach dann in den Kinos nach deutschen Stummfilmen Ausschau hielt (die es damals in den Programmkinos hier und da tatsächlich zu entdecken gab, lang ist's her), wird sie sich gefragt haben, warum um alles in der Welt ich mich nicht einfach für Mädels und Disco interessieren kann.

Die Bewunderung für den deutschen Stummfilm mit seiner deutlich expressionistischen Prägung ist bis heute geblieben, allerdings kamen Mädels und Disco dann irgendwann dazu.

Und natürlich ist es nun einfacher, einen Film wie "La Antena" zu begreifen, wenn man mit "Dr. Mabuse" im Original kennt (und nicht nur die 60er Edgar-Wallace-like-Serie), wenn man "Der Golem wie er in die Welt kam", "Nosferatu", "Der müde Tod", "Das Weib des Pharaos" oder eben auch "Metropolis" gesehen hat.

Ist es wirklich einfacher? Oder ist es besser, einfach naiv an die Sache heranzugehen und zu denken, och jo, 'n Stummfilm, wird schon seine Richtigkeit haben? Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, auf welchen Kopf dieser spinnerte Einfall gewachsen ist, einen Film auszugraben, der so völlig an den heutigen Sehgewohnheiten vorbeikonzipiert ist, wie "La Antena". Gut, ich hatte wenigstens nicht die Schwierigkeit, mich auf das seinerzeitige Erzähltempo einzustellen, aber dafür habe ich wohl auch die Messlatte deutlich höher gelegt als manch unbedarfter Zuschauer.

Als er angekündigt wurde, dachte ich zunächst, das wird ein heiteres Stummfilmraten beim FFF. Beim Film selbst sind mir dann gar nicht sooo viele Bezüge aufgefallen. Meine Vermutung war, das würde von Zitaten wimmeln, aber gerade "Metropolis" wird - bis auf die offensichtlichen Dinge wie Skyline, die Tänzerinnen und das Zitat der Verwandlung von Maria in den Roboter - nur an ganz vereinzelten Elementen sichtbar. Da muss man schon sehr genau hinsehen, wenn etwa der Blickwinkel auf das Straßenschild ein Zitat aus "Metropolis" ist. Ansonsten? Ich hab "Der Mann mit der Kamera" ein paar mal entdeckt, dann natürlich ganz offensichtlich "Die Reise zum Mond"... ich will niemanden den Spaß nehmen, noch mehr zu finden, mal sehen, ob es mehr als 8000 Fans bei diesem Contest werden.

Offene Bewunderung hat der Film von Anfang an nur für seine Filmtechnik ausgelöst, die tatsächlich so tut, als ob wir das Jahr 1925 schreiben. Da gibt es den berüchtigten Schmiereffekt bei schnellen Bewegungen, weil damals vornehmlich noch mit 16 Bildern pro Sekunde gedreht wurde und demzufolge die Belichtung für schnelle Bewegungen zu lange ist, um noch scharf zu sein. Da gibt es die Filmmusik, die Geräusche imitiert. Es gibt die eingeblendeten Worte im Bild, wie etwa "Liebe" aus "Faust".

Aber inhaltlich? Da war ja sogar noch "Metropolis" subtil mit seiner Symbolik, die auch schon mit dem Holzhammer verabreicht wurde. Wer erinnert sich nicht an die gefühlten 287 Einblendungen von "Mittler zwischen Hirn und Hand muss das Herz sein"? Ähnlich oder fast schon penetranter ist das hier. Mein Gott, der böse Mr. TV möchte den Menschen die Worte wegnehmen. Buuuh! Pfui! Und überhaupt, darf der das?

Ich war also drauf und dran den Film als plump abzutun, als zu lang gewordenes Filmexperiment eines Spinners, das vielleicht noch als Kurzfilm bei Get Shorty was getaugt hätte, aber nicht in der Langversion. Und das TROTZ meiner formalen Bewunderung von Anfang an.

Aber ich hab dann doch dem Film die Gelegenheit gegeben, sich zu setzen, zu wirken. Und siehe da, mit etwas Abstand behalte ich noch Einstellungen, die vor Poesie strotzen, und das sind jetzt nicht diese offensichtlichen Einstellungen von Mr. TV vs. the freie Meinungsäußerung.

Nein, in Erinnerung blieben mir die Auftritte DER STIMME, die wirklich auch nur als Stimme zu erkennen ist, mit Umhang, der ihr Gesicht verdeckt und sie ein wenig wie "Der Schrei" aussehen ließ. Dann die Tatsache, dass es draußen immer schneit. Das einsame Auto vor dem Krankenhaus. Die dunkle Straße. So etwas ist geblieben.

Ich hoffe, der Regisseur hat sich nun ausgetobt und dreht seinen nächsten Film etwas näher am Zeitgeist, das schließt ein innovatives und beeindruckendes Werk ja nicht per se aus.

La Antena Bild 1
La Antena Bild 2
La Antena Bild 3
La Antena Bild 4
La Antena Bild 5
La Antena Bild 6
FAZIT:

Mouth wide closed oder wie einen manche Filmerlebnisse immer noch sprachlos machen können. Etwa, wenn sich eine argentinische Sci-Fi-Produktion von 2007 vor dem deutschen Stummfilm der 20er Jahre verneigt. So etwas Spinnertes verdient einfach Bewunderung.

WERTUNG: 7 von 10 Antennen (surprise ;-)
TEXT © Marcel
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Dein Kommentar >>
Ralph | 01.09.2010 15:22
Von dem hab ich mal einen ausschnitt gesehen, wusste aber den titel nicht und daher war es mir bis heute unmöglich diesen Film aufzutreiben. Danke, kommt auf meine Liste.
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