DRAMA: KOR, 2005
Regie: Kim Ki-Duk
Darsteller: JEON Sung-Hwan, HAN Yeo-Reum, SEO Ji-Seok
Ein alter Mann und ein Mädchen leben alleine auf einem Boot. Seit der Fischer das Mädchen im Alter von sechs Jahren bei sich aufnahm, hat sie das Boot nicht verlassen. Mittlerweile ist sie 16 und in drei Monaten soll die Hochzeit der beiden sein. Die intimen Rituale, die sie schweigend begehen, werden jedoch jäh unterbrochen, als ein junger Student, der das Boot besucht, das Interesse des Mädchens weckt. Der Bogen, mit dem der Mann sonst Orakel oder auch zarte Melodien spielt, entwickelt sich zum Gegenstand sexueller Macht und bringt die Schicksalsgemeinschaft auf dem Boot aus dem Gleichgewicht.
KRITIK:Kim Ki-Duks zwölfter Film in zehn Jahren: Mangelnden Arbeitseinsatz kann man dem koreanischen Regie-Extremisten nun wirklich nicht vorwerfen. Ebenso wenig mangelnde Konsequenz: Seit jeher drehen sich seine Filme um Liebe, Sex, Macht, Gewalt, Abhängigkeit und Hörigkeit. Und natürlich um psychische Ausnahmezustände in allen Schattierungen.
Nach dem meisterlichen BIN-JIP und dem selbst von konservativen Kunstkino-Freunden gefeierten FRÜHLING, SOMMER, HERBST, WINTER ...UND FRÜHLING wurde HWAL eher zurückhaltend aufgenommen.
Unsere Partnerseite filmstarts.de schreibt gar von "kalkuliertem Tabubruch" und "lächerlichem Kunsthandwerk, als ob jemand auf dem städtischen Wochenmarkt bunt angemalte Wundersteine verscherbelt".
Bei aller Wertschätzung für Kim Ki-Duk und seine Filme: Ganz von der Hand zu weisen sind diese Vorwürfe nicht. Tatsächlich riechen die farbenfrohen Kostüme, die dekorativ im Wind flatternden bunten Bänder und vor allem die Musik, die der alte Mann auf seinem Bogen spielt, stark nach - sprechen wir das böse Wort ganz gelassen aus - Ethnokitsch.
Den Vogel schießt dabei die alberne "Geister-Sexszene" ab: Dabei wird das Mädchen wird von einem Pfeil entjungfert. Sorry für das aufgelegte Wortspiel, aber mit dieser plumpen Holzhammer-Metaphorik hat Kim den Bogen eindeutig überspannt. Oder übers Ziel hinaus geschossen, wenn euch das lieber ist.
Schlecht ist der Film deshalb natürlich nicht. Kann er gar nicht sein. Denn Kim ist seinem Stil treu geblieben und zaubert wieder eine Fülle hübsch anzusehender, um nicht zu sagen: poesiegetränkter Bilder auf die Leinwand.
Wer die unverwechselbare Bildsprache des Regisseurs zu schätzen weiß, wird sich sicher nicht langweilen. Trotz - oder gerade weil der Plot minimalistisch ausgefallen ist wie nur irgend möglich. Und weil den ganzen Film hindurch kaum ein Wort gesprochen wird. Ich liebe ja schweigende Protagonisten in visuell ausdrucksstarken Filmen. In diesem Sinne: Enjoy the Silence. Denn Leute, die stundenlang durchquasseln ohne Luft zu holen, gibt es eh genug in Film, Funk und Fernsehen.
Nach den überirdischen Meisterwerken BIN-JIP und FRÜHLING, SOMMER, HERBST, WINTER ...UND FRÜHLING erweist sich das metaphysische Liebesdrama HWAL als ein eher "normalsterblicher" Film von Kim Ki-Duk. Für Fans des Regisseurs natürlich trotzdem ein Must.