OT: Whore
DRAMA: GB, 1991
Regie: Ken Russell
Darsteller: Theresa Russell, Michael Crabtree, John Diehl
Die Lebensgeschichte einer Straßenhure: Bis zu ihrer Heirat hat sich Liz (Theresa Russell) mit diversen schlecht bezahlten Jobs über Wasser gehalten. Der Mann entpuppt sich als gewalttätiger Alkoholiker. Die Ehe scheitert, das Kind kommt zu Pflegeltern. Um über die Runden zu kommen, geht Liz auf den Strich. Ihr größtes Problem sind nicht geizige Freier mit ausgefallenen Wünschen, sondern der brutale Zuhälter Blake ...
KRITIK:
Regie-Exzentriker Ken Russell (TOMMY, ALTERED STATES)
inszenierte diesen bemerkenswerten Film, der einen gleichermaßen
realistischen wie auch künstlerisch ambitionierten Blick auf das älteste
Gewerbe der Welt wirft.
Theresa Russel spielt eine Prostituierte, eine starke
Frau, die der Verlogenheit unserer Gesellschaft trotzig den Mittelfinger entgegenreckt.
Und dabei den ganz normalen Wahnsinn ihres Alltags mit einer Abgeklärtheit schildert, die einen
erschaudern lässt.
Beiläufig und in Nebensätzen lässt sie fallen, wie oft sie
schon von brutalen Freiern geschlagen, gewürgt oder vergewaltigt wurde.
Offenbar suchen die Mehrzahl der Freier Straßenhuren nicht wegen Sex auf,
sondern weil es ihnen Spaß macht, diese wehrlosen Frauen
zu erniedrigen und zu misshandeln.
Ein trister Sozialporno also? Keineswegs. Denn der trostlosen Thematik setzt Ken
Russel eine farbenfrohe und kunstvolle Inszenierung entgegen, die sich
wohltuend von der Trademark-Tristesse des hierzulande so beliebten "Plattenbauten-Kinos" unterscheidet.
Der lakonische Tonfall und die ausdrucksstarke Hauptdarstellerin tragen das Ihre dazu bei, dass
dieser Film letztlich weit weniger niederschmetternd wirkt, als der Inhalt
vermuten lässt.
Ja, sogar Humor kommt im Leben einer Prostituierten vor, was einem wie Michael Haneke nie und nimmer einfallen würde.
Sehr textlastig - besser: wortgewaltig kommt der Film daher.
Was daran liegt, dass das Drehbuch auf einem Theaterstück basiert.
Trotzdem/gerade deshalb werden jede Menge schmutziger Worte in den Mund genommen.
Kostprobe gefällig? "Was Schwänze anbelangt, bin ich für mein Leben bedient. Wieviele ich wohl schon
drinnen hatte? Ganze Kilometer?"
Nun, wer das zu "ordinär" oder "primitiv"
findet, der verpasst dabei eine Geschichte, die weit mehr über das
echte Leben und Leiden da draußen erzählt als all der verlogene
Happyend-Bullshit aus Hollywood.
Ken Russel wirft einen Blick auf die Schattenseiten des ältesten Gewerbes der Welt. Definitiv sehenswert. Denn kein Schwanz ist so hart wie das Leben.