DRAMA: D/F/GB, 1996
Regie: Volker Schlöndorff
Darsteller: John Malkovich, Marianne Sägebrecht, Volker Spengler
Der einfältige, aber kinderliebende Franzose Abel (John Malkovich) wird als Kriegsgefangener nach Hitler-Deutschland verschleppt. Dort arbeitet er sich zum Wächter an einer Militärschule hoch, wo kaum dem Kindesalter entwachsene Buben zu Kanonenfutter für Hitlers Armeen herangezüchtet werden. Abel umsorgt seine Schützlinge - und wirbt eifrig Nachwuchs an. Erst als die russischen Panzer anrollen, erkennt Abel die verbrecherische Dimension seines Tuns...
KRITIK:Nach Die Blechtrommel beschäftigt sich Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff ein weiteres mal mit dem Zweiten Weltkrieg. Diesmal aus der Perspektive eines einfältigen Mannes, der der Sogkraft des Hitlerregimes hoffnungslos ausgeliefert ist.
In bombastischen Cineascope-Aufnahmen, die wohl illustrieren sollen, wie effektiv die Manipulation durch die "Macht der Bilder" im Nazi-Regime funktionierte, erzählt Schlöndorff die Geschichte eines unkritischen jungen Mannes, der von der Pracht der Innenansicht des Nazi-Reiches schlicht überwältigt wird. Der sich von pompösen Paraden und Masseninszenierungen das Gehirn durchwaschen lässt. Ohne nachzudenken. Ohne zu hinterfragen. Ohne den geringsten Widerstand. Wie Millionen andere auch...
Volker Schlöndorffs Film, eine deutsch-französisch-britische Co-Produktion mit amerikanischem Hauptdarsteller, wäre im Grunde ein typischer "Europudding": Quer über den Kontinent verteilte Drehorte und länderparitätisch besetzter Cast bzw. Crew. Üblicherweise tut dieses Mischmasch dem Gesamtergebnis nicht gut (darum auch die abwertende Bezeichnung). Doch Schlöndorff ist ein Regisseur, der sein Handwerk beherrscht.
Der Mann denkt in großen Kinobildern - und zaubert selbige auf die Leinwand. Der Ausstattungspomp, der hier betrieben wurde, kann sich wahrlich sehen lassen.
Auch die Schauspieler beeindrucken: John Malkovich, wahrscheinlich einer der wandlungsfähigsten Darsteller unserer Tage, liefert dabei eine beklemmende Performance als naiver Nazi-Handlanger. Und auch der Göring-Darsteller Volker Spengler, dessen Filmographie auch mit einigen Christoph Schlingensief'schen Leinwandexzessen glänzt, bleibt in Erinnerung
Lediglich das Ende wirkt mit seiner pathetisch-religiösen Erretter-Metaphorik doch etwas berechnend. Das dürfte aber der Literaturvorlage geschuldet sein...
Ein ebenso unheimlicher wie bildgewaltiger Film, der anschaulich demonstriert, wie effektiv die Manipulation durch die "Macht der Bilder" im Nazi-Regime funktionierte. Vielleicht etwas zu "bildungsbürgerliches", aber sehens- und diskussionswertes deutsches Vergangenheitsbewältigungskino der spannenden Art.