THRILLER: D/BULGARIEN, 2005
Regie: Ivan Nitchev
Darsteller: Armand Assante, Udo Kier, Daniel Bernhardt, Shirly Brener
In Berlin liefern sich türkische Gangs einen brutalen Straßenkrieg mit Skinheads, während ein Serienkiller kleine Kinder ermordet und ihnen anschließend eine Wachsmaske übers Gesicht zieht. Kommissar Aslan nimmt die Ermittlungen auf. Keine Sekunde zu früh, denn sein Sohn droht das nächste Opfer zu werden
KRITIK:Türken vs. Nazis in Berlin. Dazu Udo Kier ("Dogville", "Geister") als psychopathischer Serienmörder und Armand Assante ("American Gangster") als Tough Cop.
Hört sich das spannend an? Oder leicht absurd?
Vielleicht sollte an dieser Stelle der Name des Drehbuch-Autors und Produzenten erwähnt werden: Es handelt sich hierbei um niemand Geringeren als Menachem Golan. Genau, jener Mann, der die Welt mit Eis am Stiel beglückte, Chuck Norris nach Vietnam schickte, Jean Claude van Damme entdeckte und gemeinsam mit seinem Partner in Crime Yoram Globus den Videomarkt der Achtziger Jahre prägte wie kein Zweiter.
Zugegeben, der filmische Output der berühmt-berüchtigen Cannon-Studios hatte bei seriösen Cineasten keinen leichten Stand (um es vorsichtig zu formulieren). Sein Platz war vielmehr in den dunklen Gängen der Videotheken, wo mich das oder das oder das seinerzeit infizierte und meine filmische Leidenschaft bis heute irgendwie antreibt.
Cannon ist bekanntlich Geschichte. Und dennoch ist CHILDREN OF WAX ein prototypischer Cannon-Film. Er ist billig, gewalttätig, leidlich spannend aber reißerisch und technisch relativ sauber inszeniert. Mit dem bulgarischen Filmemacher Ivan Nitchev nahm ein alter Routinier am Regiestuhl Platz, der zwar keine Lust hat, visuelle Akzente zu setzen, aber sein Handwerk versteht und die 90 Filmminuten recht zügig verstreichen lässt.
Klar, das Drehbuch strotzt vor Unsinnigkeiten höherer Ordnung - man zeige mir bitte das Berliner Kino, das NIGHTMARE ON ELMSTREET als Kindervorführung (!) spielt - und es wäre ein Leichtes, den Film wegen seiner geballten Klischees, seiner Ungereimtheiten und Logiklöcher in Grund und Boden zu stampfen, wie dies die geschätzten Kollegen von handlemedown.de getan haben.
Aber hey, Stereotypen und Absurditäten gehören zu B-Movies wie die Butter aufs Brot. Natürlich ist CHILDREN OF WAX kein seriöser Diskussions-Beitrag zum Thema Integration und Rechtsextremismus. Sondern ein lupenreiner B-Movie, der mit der Realität so viel zu tun hat wie HOSTEL mit einem Werbespot des slowakischen Fremdenverkehrsamts. Allein der entfesselte Lynch-Mob aus türkischen Kopftuch-Frauen ist einer dieser grellen Momente Marke "Must be seen to be believed", für die ich Filme dieser Art einfach liebe.
Menachem Golan hat offenbar das Drehbuch einer seiner Streetgang-Filme aus den Achtzigern eingescannt und Cribs and Bloods mit Türken und Skinheads und South Central L.A. mit Berlin-Kreuzberg ersetzt. Immerhin: Rassistische Ausfälle sind keine zu vermerken (das war zu Cannon-Tagen beileibe nicht immer so), und an einer Stelle legt der nicht gerade als linksliberal verschriene Drehbuchautor seiner Hauptfigur gar ein kurzes Plädoyer gegen die Todesstrafe in den Mund. Vielleicht ein Zugeständnis an die europäischen Co-Produzenten?
Auf seine alten Tage überrascht der ehemalige B-Movie-Mogul Menachem Golan mit einer spekulativen Streetgang vs. Serienkiller-Geschichte mit Schauplatz Berlin-Kreuzberg.
Wem der Trailer gefällt und ein Herz für bizarre B-Movies sein Eigen nennt, kann einen Blick riskieren.
In diesem Sinne: "Scheiße, sie haben mir das Ohr weg geschossen!"