OT: Kaosu
PSYCHOTHRILLER: JAPAN, 2000
Regie: Hideo Nakata
Darsteller: Masato Hagiwara, Miki Nakatani, Ken Mitsuishi, Jun Kunimura
Nach einem gemeinsamen Essen wird die Frau eines reichen und erfolgreichen Geschäftsmannes entführt. In das sich daraufhin entfaltende Netz aus tödlichen Intrigen und Manipulationen verfangen sich sowohl die Ehefrau, der Entführer als auch der Geschäftsmann und eine weitere Frau -
KRITIK:Vor allem Horrorfilmfans wird der Name Hideo Nakata ein Begriff sein; ist er es doch gewesen, der den originalen RING inszeniert und somit die Lawine moderner asiatischer Geisterfilme Ende der 90er, Anfang 2000er erst losgetreten hat, die das Genre belebte und eine Reihe neuer Klassiker hervorbrachte.
Kurz nachdem er Sadako aus einem klammen Brunnenschacht hat kriechen lassen, wandte sich Nakata vom Horrorfilm kurz ab, um uns eine vertrackte Entführungsgeschichte zu erzählen. Das Kidnapping der Gattin eines reichen Geschäftsmannes erreicht zwar nicht die Epik eines OLDBOY und auch nicht die tragische Wucht eines SYMPATHY FOR MR.VENGEANCE, aber gibt trotzdem einen verdammt guten Thriller ab.
Ansatzlose Rückblenden und Sprünge in den Zeitebenen schaffen eine Vielzahl von Twists und Wendungen, die durch die erst nach und nach erkennbar werdenden Verbindungen der handelnden Figuren untereinander weiter multipliziert werden. Das Netz aus Intrige und Manipulation ist zwar dicht gewebt, doch trotzdem wird das in Sachen Thriller geübte Zuschauerauge die Winkelzüge des Plots bald vorausahnen können.
Doch auch wenn der gewiefte Filmfuchs das Komplott nach der Hälfte der Laufzeit durchschaut hat, so ist dessen Ausgang freilich nach wie vor ungewiss. Von daher verliert CHAOS kaum an Spannung und wird nie ärgerlich vorhersehbar. Es liegt in der Natur von Psychothrillerpuzzles (wie CHAOS eines ist), dass die Action kleingeschrieben wird. Diesen Regeln läuft natürlich auch dieser japanische Entführungsfall nicht zuwider.
Doch die langsame, manchmal etwas sperrig anmutende Erzählweise des asiatischen Kinos, die Hollywood-geeichte, westliche Sehgewohnheiten manchmal vor Probleme stellt, ist in CHAOS nicht so deutlich. Das Tempo ist für japanische Verhältnisse alles andere als gemächlich und die Twists kommen in relativ schneller Taktung um die Ecke. Außerdem lebt der Film noch von seinen kleinen erotischen Spannungen, die dann und wann unexplizit, aber spürbar knistern. Der Name Nakata steht für eine gewisse Qualität und die zeigt sich auch in den ruhigen, präzisen Bildern, die prächtig mit der stimmungsvollen Filmmusik von Kenji (GHOST IN A SHELL, RING) Kawai harmonieren.
Hervorragend gespielt ist das Ganze auch: Bezaubernd und undurchsichtig, die hinreißende Miki Nakatani (Horrorfilmerprobt in beiden RING-Teilen und Kurosawas THE LOFT); ebenfalls stark Masato Hagiwara in der Rolle des Entführers.
Der Film heißt CHAOS, aber ist er deswegen chaotisch? Mitnichten! Hier haben wir vielmehr eine perfide und alles andere als unclever inszenierte Entführungsgeschichte aus Japan. Versiert und verschachtelt erzählt von keinem Geringeren als dem Regisseur des originalen RING Hideo Nakata. Doch auch dieser große Name hat CHAOS bislang nicht davor bewahrt, ein Mauerblümchendasein abseits der Wege der Genregeschichte fristen zu müssen. Dabei hätte dieser feine Thriller entschieden mehr Aufmerksamkeit verdient.