HARDCORE-DRAMA: D, 2010
Regie: RP Kahl
Darsteller: Miriam Mayet, Lana Cooper, Matthias Faust, Laura Tonke
Zwei Frauen und ein Mann in einer heruntergekommen Berliner Altbauwohnung: Hier soll ein Film gedreht werden. Ohne fixes Ziel, ohne feststehende Handlung, ohne Drehbuch, mit nur einer Vorgabe: Der Sex muss echt sein. Spiel und Realität vermengen sich auf gefährliche Weise, und das Projekt droht zu scheitern
KRITIK:"Der aufregendste Film aus Berlin seit langer Zeit", schrieb der Spiegel Online über diesen Versuch eines "Arthouse-Pornos" (Zitat) aus deutschen Landen.
Aufregend ist der Film zweifelsohne, setzt er doch der geschwätzigen Biederkeit des deutschen Beziehungskinos erigierte Penisse und geöffnete Vaginas entgegen.
Echter Sex also in einem deutschen Film, der große Vorbilder zitiert: Regisseur RP Kahl bringt Zulawskis Nachtblende ebenso so ins Spiel wie Abel Ferraras Dangerous Game, Godards Verachtung, Bertoluccis Letzten Tango in Paris oder Claire Denis' Trouble Every Day. Zumindest fallen diese Namen im Interview auf der DVD.
Mehr "underground" als BEDWAYS geht fast nimmer: Praktisch ohne Budget in einem Wohnungsatelier gedreht, natürlich digital, mit minimalem Team und maximaler künstlerischer Freiheit. So entstanden Szenen, die den Schauspielern Einiges abverlangten. Hier wird ja nicht nur mit Mimik, Gestik und Texten gespielt, sondern mit dem Körper. Und man weiß ja bekanntlich nie, wie der Körper reagiert.
Zitat: "Mein Problem ist wirklich nur, ob ich in dem Moment einen Ständer krieg."
Keine Sorge, den kriegt der Mann, Hans heißt er, dann auch Wobei man sich fragt, wie er das anstellt, zu diesem ausgesucht unerotischen Sprechgesang-Track der Berliner Band "Die Haut", irgendwo zwischen Unheilig und Einstürzenden Neubauten für Arme.
Und damit wären wir schon beim Kernproblem des Films.
So sehr einem der Mut zur Grenzüberschreitung Respekt abnötigt, so sehr ärgerte mich die formale Strenge und verkrampfte Posenhaftigkeit dieses Unterfangens.
Der Regisseur spricht selbst von einer "Versuchsanordnung" mit drei Figuren im Spannungsfeld zwischen Begehren und Körperlichkeit, distanziert von außen betrachtet "wie in einem Aquarium".
So sperrig wie das klingt, ist BEDWAYS dann leider auch über weite Strecken. Film gewordener Noiserock aus dem Proberaum quasi, der Radikalität mit Emotionen verwechselt.
"Ich kann nur mit dem Projekt, so wie es ist, gar nichts anfangen." Ein Zitat aus BEDWAYS, das meine Probleme kompakt zusammenfasst. Dabei gab ich mir höchste Mühe, den Film grundsätzlich interessant zu finden - was er ja auch ist. Und über die unfreiwillige Komik der lesbischen Vampir-Szene - ja, richtig gelesen - hinwegzusehen.
Interessanterweise wurde BEDWAYS von der Presse überschwänglich geherzt und umarmt. Selbst die sonst so mainstreamverliebten Kollegen von FILMSTARTS.de waren voll des Lobes und sprachen von einem der "konsequentesten und am besten durchdachten deutschen Filme über Sex und die Erotik des Kamerablicks". Während ebendort der thematisch verwandte, aber meines Erachtens ungleich gelungenere britische Indie-Porno 9 Songs in Grund und Boden gestampft wurde. Versteh einer die Deutschen ;-)
9 Songs made in Germany. Leider mit wesentlich schlechteren Songs, aber ebenso explizitem Sex, irgendwo zwischen experimentellem Erotik-Kammerspiel und anstrengendem Videokunstprojekt. Wer's mag ...