KRIEGSEPOS: USA, 1979
Regie: Francis Ford Coppola
Darsteller: Martin Sheen, Marlon Brando, Dennis Hopper, Robert Duvall, Albert Hall, Laurence Fishburne
Saigon, 1967: Captain Benjamin L. Willard (Martin Sheen) bekommt den Auftrag, nach Kambodscha zu fahren und den wahnsinnig gewordenen Colonel Walter E. Kurtz (Marlon Brando), der sich im Dschungel als Gott anbeten lässt und unfassbare Gräueltaten begeht, zu eliminieren. Doch die Fahrt durch die Kriegsschauplätze wird für Willard zu einer Reise ins "Herz der Finsternis", und am Ende steht das Grauen, das Grauen ...
"Nach ihm dürfte es eigentlich keine anderen Kriegsfilme mehr geben." (Die Zeit)
Doch genau so, wie der Vietnamkrieg nicht der letzte Krieg war, war auch APOCALYPSE NOW nicht der letzte Kriegsfilm. Es hat vielmehr den Anschein, dass es in Hollywood ein ungeschriebenes Gesetz geben muss, wonach jeder große Regisseur einmal in seinem Leben einen großen Kriegsfilm gedreht haben muss: Stanley Kubrick (Full Metal Jacket), Steven Spielberg (Saving Private Ryan), Michael Ciminio (The Deer Hunter), Terrence Malick (The Thin Red Line), Clint Eastwood (Flags of our Fathers), Brian de Palma (Casualties of War), Oliver Stone (Platoon) ...
Neben dem Zweiten Weltkrieg hat vor allem der Vietnamkrieg das Interesse der Filmemacher auf sich gezogen. Gedreht wurden die meisten Vietnam-Filme auf den Philippinnen. Bisweilen unter durchaus realen, sprich kriegerischen Bedingungen.
Als Francis Ford Coppolas nach 16 Monaten Drehzeit von den Philippinen abzog, hatte er 40 Kilo abgenommen, mehrere (angedrohte) Selbstmordversuche hinter sich und legendäre Katastrophen überlebt.
Aber lassen wir den Regisseur das Grauen in seinen eigenen Worten schildern:
"Dieser Film ist Vietnam. Wir hatten eine eigene Armee beim Drehen. Es war exakt wie im Krieg: Ich war der General. Wir fielen in ein fremdes Land ein und lösten mit unserem Millionenbudget eine Inflation aus. Wir hatten wie in Vietnam zu viele Leute, zuviel Material, zuviel Geld. Doch der Dschungel fing uns ein. Unser Denken begann sich zu verändern. Als ich merkte, wie sich diese Probleme und Parallelen häuften, habe ich versucht, alles in den Film mithineinzunehmen." (Aus dem Buch "Krieg und Gedächtnis" von Lars Koch und Waltraud Wende, Verlag Königshausen & Neumann, 2005).
Wie bei so vielen Produktionen aus der Ära des New Hollywood herrschte am Set das pure Chaos: Drogenexzesse und Tropenkrankheiten gehörten zum Alltag der Filmcrew, ein Taifun vernichtete die Bauten, und Hauptdarsteller Martin Sheen erlitt einen Herzinfarkt. Gerüchteweise wurden im Film sogar echte Leichenteile verwendet, die ein übereifriges Crew-Mitglied auf einem Friedhof ausgegraben haben soll. Das behauptet zumindest die Autorin Waltraud Wende im oben erwähnten Sachbuch "Krieg und Gedächtnis".
Trotz seiner chaotischen Produktionsgeschichte wirkt der Film in sich harmonisch, folgt einem durchkomponiertem Erzählrhythmus, wie eine Flussreise von einer Station zur nächsten.
Auf seiner Reise flussaufwärts, an die kambodschanische Grenze, bekommt Captain Benjamin L. Willard (Martin Sheen) ausreichend Gelegenheit, sich mit der Gedankenwelt des wahnsinnig gewordenen Colonel Walter E. Kurtz (Marlon Brando) zu beschäftigen.
Am Ende wird er feststellen, dass dem (vermeintlich ?) Geisteskranken die totale Sinnlosigkeit des Krieges längst bewusst geworden ist - ganz im Gegensatz zu den Politikern und Generälen, die, im Film nur abschätzig als "Vier-Sterne-Clowns" bezeichnet, immer noch an den Sieg in Indochina glauben.
Diese zwei Sätze aus dem Mund von Kurtz bringen es auf den Punkt: "We train young men to throw fire on people. But their commanders wont allow them to write Fuck on their aeroplanes because its obscene."
Wie kaum ein anderer Vietnamfilm zeigt APOCALYPSE NOW, wie Menschen in existentiellen Grenzsituation körperlich und vor allem seelisch verkrüppeln, wie Soldaten die Kriegserfahrung als Trip in ihre ganz persönliche Hölle erleben.
Über 200 Stunden belichtetes Material hat Coppola in jahrelanger Arbeit zu 200 Minuten Film zusammengeschnitten. Die so entstandene Redux-Fassung kam 2001 in die Kinos und unterscheidet sich von der ursprünglichen 150-minütigen Kinofassung durch zwei meines Erachtens essentielle Szenen: Zum einen das Abendessen mit den französischen Plantagenbesitzern, die ihr Land bis zum Tod verteidigen wollen. Und zum anderen die Begegnung mit den Playboy-Bunnies, die eine grausame Randgeschichte von Frauenschicksalen im Krieg erzählt.
In seiner 200-minütigen "Redux"-Fassung ist APOCALYPSE NOW ohne Zweifel eines der Schlüsselwerke des New Hollywood und einer der gültigsten Antikriegsfilme überhaupt.
This is the End