DRAMA: DE, 2009
Regie: Carsten Ludwig, Jan-Christoph Glaser
Darsteller: Fabian Hinrichs, Christoph Bach, Melika Foroutan, Maxim Mehmet, Christian Ahlers, Fahri Ogün Yardim, Aurel Manthei, Victoria Deutschmann
Langzeitstudent Florian hat eigentlich noch keine konkreten Pläne was er mit seinem Leben anfangen soll. Für ihn und seine Kumpels gibt es eigentlich nur eins: Eintracht Braunschweig. Mit Eintracht verbinden die Kumpels aber noch weit mehr als nur Fußball. Es geht um Ehre, Loyalität. Und darum seinen Mann zu stehen. Doch irgendetwas ist passiert. Florian ist keine 17 mehr. Seine Kumpels auch nicht. Irgendwie treten auf einmal andere Dinge mehr und mehr in den Mittelpunkt...
KRITIK:Spätestens seit dem Erfolg von Filmen wie "Hooligans" und "The Football Factory" sind Filme über gewalttätige Fußballfans in. Es war eigentlich nur mehr eine Frage der Zeit, bis auch deutsche Filmemacher die Thematik für sich entdecken würden.
Mit 66/67 wagten sich gleich zwei Regisseure an das mitunter recht schwierige Unterfangen junge, gewalttätige Männer zu porträtieren ohne in gängige Klischees zu verfallen.
Wobei man allerdings sagen muss, dass es sich "66/67 - Fairplay war gestern", bei diesem Punkt manchmal fast etwas zu leicht macht. "Also was dieses Gewaltding angeht, das diskutier ich nicht", erklärt Florian in einer Szene und beim Film verhält es sich ähnlich. Gewalt kommt im Film maximal sekundär vor, es gibt kaum Schlägereien und mehr als verbale Attacken sind oft nicht drin. Dadurch tut man sich als Zuseher natürlich auch leichter die Protagonisten als sympathisch zu empfinden.
Andererseits sorgt aber auch genau dieser Verzicht auf übermäßige Gewalt für eine überaus realistische Darstellung. Das interessante an "66/67 Fairplay war gestern" ist, dass der Focus des Films eindeutig auf dem Alltag der Protagonisten liegt. Der Film ist eigentlich kein richtiger Hooligan-Film, sofern es so etwas überhaupt gibt. Selbst das Phänomen an sich tritt eigentlich nur als Randerscheinung auf.
"66/67 Fairplay war gestern" ist in erster Linie eine Charakterstudie über eine Gruppe nicht mehr ganzer so junger Männer, die partout nicht erwachsen werden wollen und sich vor der Realität in Schlägereien und Drogen flüchten. Gleichzeit vermittelt der Film aber auch das Gefühl der in der Gruppe herrschenden Sicherheit und des Zusammenhalts. Die Gruppe vermittelt Sicherheit, bietet so etwas wie Kontinuität, in einer Welt in der sich alles so schnell dreht.
Dieser Zugang der Filmemacher zu der Thematik ist durchaus interessant. Doch leider liegt auch genau hier auch ein wenig der Hund begraben. Was dem Film nämlich fehlt ist eine einigermaßen konstante Spannungskurve, ein Höhepunkt, eine stringente Story auf die alles zusammenläuft. Stattdessen werden immer wieder ein paar Punkte angeschnitten, die dann zumeist ins Leere verlaufen.
Erzählt wird das ganze in ungewohnt nüchternen Bilder. Selbst Musik wird sparsam eingesetzt. Auf Effekthascherei jeglicher Art wird verzichtet. Insofern kann man das Ganze auch als konsequent bezeichnen. Zumindest was den Realismus anbelangt.
Den Zuseher trotz dieser Reduktion emotional noch bei der Stange zu halten, ist natürlich nicht so leicht. So bricht der Film ab der Hälfte tatsächlich ein wenig ein, es gelingt dem Film nicht immer den Zuseher emotional so richtig mitzureißen. Was auch dran liegt, dass das Drehbuch ein paar Mal zu überambitioniert wirkt. Man hat das Gefühl, als wollten die Macher möglichst viele Aspekte unterbringen und gleichzeitig dem Zuschauer möglichst viele Gedankengänge mit auf dem Weg geben.
Dass man dennoch an den Figuren und am Film interessiert bleibt, ist in erster Linie den Darstellern zu verdanken. Mit Leuten wie Fabian Hinrichs ("Schussangst"), Christoph Bach oder Maxim Mehmet wurde eine interessante Cast talentierter, nicht mehr so ganz junger Nachwuchsschauspieler zusammengestellt. Freunde deutscher Filme dürfte der eine oder andere Darsteller durchaus bekannt vorkommen.
Aber nicht nur die Darsteller überzeugen, sondern auch die Inszenierung an sich. Der Film sieht auf den ersten Blick nicht aus wie ein deutscher Film, er wirkt niemals billig. Das Bild ist nicht körnig und selbst die Farbgebung wirkt eigentlich eher amerikanisch. Außerdem wurden die Enge der Stadt und der Alltag der Figuren gut eingefangen.
66/67 Fairplay war gestern entpuppt sich als überaus nüchternes und daher auch realistisch anmutendes Porträt einer Gruppe junger Männer, die sich vor der Realität des Erwachsenwerdens in ihre Leidenschaft für Eintracht Braunschweig flüchten. Drogen, schneller Sex und Hartz IV-Alltag inklusive. Zumindest für einen Teil der Gruppe. Denn wie man spätestens seit "Hooligans" weiß, nicht alle gewalttätigen Fußballfans sind arbeitslose Penner, sondern können wie in "66/67 Fairplay war gestern" im Alltag auch einer Arbeit bei der Polizei nachgehen.
Auch wenn der Film streckenweise etwas überambitioniert wirkt und im Mittelteil ein paar Hänger zu beklagen sind, mit anderen Worten also nicht perfekt ist, ist der Film für Interessierte dennoch sehenswert, nicht zuletzt dank der sich ins Zeug legenden Darsteller und der Inszenierung.