OT: Sei Donne per l´assassino
GIALLO: I, 1964
Regie: Mario Bava
Darsteller: Eva Bartok, Cameron Mitchell, Thomas Reiner, Lea Krüger
Das Tagebuch eines Models löst eine Mordserie in der Haute coture aus
KRITIK:Mit dem noch in b/w gedrehten THE GIRL WHO KNEW TOO MUCH beförderte Mario Bava ein neues Genre in den Geburtskanal. Ein Jahr später mit BLUTIGE SEIDE öffnete sich der Schoß endgültig und der erste wahre Giallo erblickte in prächtigem Eastman Color das Licht der Leinwandprojektoren.
Er erblühte in jener Nische, wo sich der elegante und erotische Psycho-Thriller und der Slasherfilm innig küssen.
BLUTIGE SEIDE war die Blaupause für alle folgenden italienischen Mörderstreifen und legte den Ehrenkodex unmissverständlich fest: Maskierte Mörder und schöne Frauen in einer stylishen Inszenierung.
Und BLUTIGE SEIDE ist sehr stylish. Was Bava in diesem Streifen an Licht- und Schattenspielen, an Farbdramaturgie und an außergewöhnlichen Kamerafahrten auffährt, sieht man sonst in zwei Dutzend Filmen nicht. Somit ist jede Einstellung visuelle Hochspannung.
Und die Mordszenen erst! Die sind nicht einfach abgefilmt; die sind komponiert. Wer schon immer wissen wollte, wo ein Argento seine Kunst gelernt hat, sollte sich mal den zweiten Mord in BLUTIGE SEIDE reinziehen. Und ja, das dort verwendete Mordwerkzeug dürfte auch einen anderen Genrespezialisten - namentlich Luciano Ercoli - zu seinem DEATH WALKS AT MIDNIGHT inspiriert haben.
Das Killerrätsel lädt den Zuschauer mit vielen Verdächtigen zum Mitraten ein, wenngleich die Auflösung einen nicht von Hocker haut.
Aber wie so oft beim Giallo ist es nicht unbedingt wichtig, wer es getan hat, sondern wie. Bavas BLUTIGE SEIDE ist vielleicht nicht der beste, aber doch einer der besten Gialli. Und vor allem als Film einflussreich genug, um eine nicht geringe Anzahl anderer Filmemacher zu großen Taten zu beflügeln. Mario Bava hat seinen Kollegen mit BLUTIGE SEIDE die Rezeptur dafür geliefert.
Im Jahr eins nach THE GIRL WHO KNEW TOO MUCH leuchtete der Stern von Rom in eine Krippe und drinnen lag - gehüllt in BLUTIGE SEIDE - der erste wahre Giallo.