OT: Crónica de una fuga
DRAMA/THRILLER: ARG, 2006
Regie: Israel Adrián Caetano
Darsteller: Rodrigo De la Serna, Pablo Echarri, Nazareno Casero
Auf einer wahren Begebenheit basierend, erzählt dieser argentinische Film die Geschichte des Fußball-Tormannes Claudio , der aufgrund einer Denunzierung von der Militärpolizei gefangen genommen wird. In einer verlassenen Villa außerhalb von Buenos Aires wird er und seine Mit-Insassen brutal gefoltert. Doch die Folter bricht ihren Willen nicht. Nach 120 Tagen gelingt die Flucht...
KRITIK: "Es müssen so viele Menschen wie nötig in Argentinien sterben, damit das Land wieder sicher ist."
(Jorge Rafael Videla, Führer des argentinischen Militärregimes 1976-1981)
Während Millionen Menschen auf der ganzen Welt die Fussball-Künste von Maradona und Co. bejubelten,
erlebten die Bewohner Argentiniens einen Albtraum: In den Jahren der rechten Militärdiktatur (1976-1983) wurden über 30.000 Regimegegner entführt und in geheimen Gefängnissen gefoltert, Tausende der "Desaparecidos" (=Verschwundene) ermordet. Die "Spezialität" der Junta war es, Gefangene dutzendweise aus Flugzeugen in den Atlantik zu werfen.
1983, nach der Kapitulation im Falkland-Krieg, kehrte das Land zur Demokratie zurück. Erstmals in Südamerika mussten sich Mitglieder einer Militärdiktatur vor Gericht für ihre Verbrechen verantworten. Auf Zeugenaussagen basierend, erzählt dieser Film die wahre Geschichte von vier Männern, die die menschenverachtende Brutalität der Militärdiktatur am eigenen Leib erlebten.
Ohne jegliche Effekthascherei gelingt Regisseur Israel Adrián Caetano eine beklemmende Innenansicht eines außer Kontrolle geratenen staatlichen Unterdrückungs-Systems: Minutiös und ohne jegliche Beschönigung werden Willkür, Folter, Demütigungen und psychischer Terror geschildert. Selbstverständlich verfolgt der Film keinen ausbeuterischen Ansatz (womit er sich von Exploitation-Reißern wie Hostel unterscheidet), sondern will aufklären und wachrütteln.
Tatsächlich scheint die Aufgabe der Vergangenheits-Bewältigung in Südamerika eher Künstlern als Politikern zuzufallen.
Mit Erfolg: Der beklemmende Film, der sich in der zweiten Hälfte zum spannenden Ausbruchs-Thriller wandelt, wurde in Argentinien zu einem großem Kassenerfolg. 2006 wurde der Film auch für die Goldene Palme in Cannes nominiert. Gewonnen hat dann ein ähnlich gelagerter, wenn auch wesentlich leichter verdaulicher politischer Film, nämlich Ken Loach' The Wind That Shakes the Barley.
Noch ein paar Worte zu Buenos Aires, 1977: Auch wenn der Film kräftig auf die Magengegend des Zusehers einschlägt und Zartbesaiteten vermutlich zuviel an nackter, menschenverachtender Gewalt zumutet, macht der Film auf drastische Weise klar, was Folter WIRKLICH bedeutet: Wie die Gefangenen physisch und vor allem psychisch vor die Hunde gehen, ist erschütternd anzusehen. Darüber hinaus zeigt der Film allen C.S.I.-Fans und rechten Hardlinern dieser Welt, was unter Folter erzwungene Geständnisse wirklich bringen: Nämlich nichts, absolut NICHTS:
Wenn man nur lang genug zuschlägt und den Kopf unter Wasser taucht, wird selbst Donald Rumsfeld gestehen, ein Kommunist zu sein.
Spannende, kraftvolle, aber nicht unbedingt leicht verdauliche True Story über einen Mann,
der aufgrund einer Denunzierung in die Hände der argentinischen Militär-Folterknechte gerät.
Der hyperrealistische Polit-Thriller wurde 2006 für die Goldene Palme in Cannes nominiert
und konnte in seinem Heimatland Argentinien einen großen Kassenerfolg verbuchen.
Definitiv ein Pflichtfilm für politisch Interessierte - und solche, die's noch werden wollen.