DOKU/MUSIK: A, 2007
Regie: Klaus Hundsbichler
Darsteller: Stefan Weber und seine Freunde
Dies ist die Geschichte von Stefan Weber, der Rockgruppe Drahdiwaberl und ihrem Traum von der Weltrevolution.
KRITIK:"Sitzpinkler" heißt die letzte CD von Drahdiwaberl, der seit fast 40 Jahren (!) aktiven Schock-Rock-Aktionismus-Truppe um "Kapellmeister" Stefan Weber.
Sitzpinkler sind Drahdiwaberl definitiv keine: Bis zu vierzig Personen auf der Bühne, angedeuteter oder echter Geschlechtsverkehr, brennende Mönche, peitschenschwingende Nonnen und Akteurinnen, die auf der Bühne zwei Krügerln ex trinken, in einen Becher pinkeln und den ersten Reihen eine kostenlose Natursekt-Dusche spendieren. Wer Wert auf körperliche Unversehrtheit legt, tut gut daran, sich Drahdiwablerl-Auftritte aus sicherer Entfernung anzusehen.
Oder gleich im Kino. Denn ab 9. Mai kommt die WELTREVOLUTION in Österreichs Lichtspieltheater.
WELTREVOLUTION ist eine mehr oder minder chronologische Dokumentation über den Werdegang von Drahdiwablerl:
Die Wurzeln des (feucht-)fröhlichen Treibens liegen im Geist der 68er, der Studentenrevolte, im Wiener Aktionismus.
Drahdiwaberl, das ist eine Geschichte von unzähligen Skandalen, Saalverboten und lustigen Exzessen:
Der Film fackelt nicht lange rum und beginnt gleich mit einem legendären "Mulatschak" - so nannte die Band ihre spontangen Gruppensex-Orgien auf der Bühne, die ein bissl danach aussehen, als würde die EAV Lars von Triers Film Idioten nachspielen.
Ins bunte Treiben werden immer wieder Politiker-Statements reingeschnitten, bei denen fast jeder "Sympathieträger" zu Wort kommt, den diese Republik je aufbieten konnte: Waldheim natürlich, Schüssel, Andreas Khol, Kurt Krenn u.v.a.m.
Auf einem Festival in Rotterdam fragte das entgeisterte Publikum, ob denn diese Politiker "echt" seien.
Yes, that's Austrian politics, call it "Realsatire"...
Der Rest ist Pop-Geschichte: Die Gruppe hatte einen Nr.1-Hit ("Lonely", 1982), bekam Gold für ihr Debut-Album "Psychoterror" (1981) und spielte Konzerte vor 30.000 Menschen.
Ein gewisser Hans Hölzl, einst Bassist bei Drahdiwablerl, startete 1983 eine nicht ganz erfolglose Solo-Karriere.
Besagter Falco kam 1996 als Special Guest auf die Drahdiwaberl-Bühne zurück und spielte seinen alten Hit Ganz Wien.
Ein Magic Moment im Film (und ein Deja Vu für den Autor dieser Zeilen, der damals auch am Konzert war...)
Seit gut 15 Jahren spielen Drahdiwablerl alljährlich ihr "letztes Konzert".
Doch solange weit und breit kein Nachfolger in Sicht ist, kann "Kapellmeister" Stefan Weber,
in Zivil übrigens pensionierter Werklehrer, nicht in Pension gehen.
Trotz denkbar "garstiger" Musik, Bilder und Texte ein schöner, selbstironischer, sehr persönlicher Film,
der auch seine emotional fordernden Momente hat:
Etwa, als Stefan Weber seinen angeschlagenen Gesundheitszustand anspricht:
I will a Dauerektion - und scheiß auf den Parkinson!
Einer österreichischen Band-Institution wird endlich das verdiente filmische Denkmal gesetzt:
Liebe junge Leute, tut was für eure Bildung und seht euch die Drahdiwaberl-Geschichte im Kino an!
In diesem Sinne: Auf zum letzten Gefecht!