OT: Tranformers - Revenge of the Fallen
TSCHINBUMM: USA, 2009
Regie: Michael Bay
Darsteller: Shia LeBeouf, Megan Fox, Josh Duhamel, John Turtorro
Sam Witwicky, der im ersten Teil die Menschheit gerettet hat, möchte nichts anderes als ein normales Leben mit Freundin und Unikarriere führen. Doch seine spätpubertierenden Eltern ebenso wie die bösen Decepticons machen es ihm nicht gerade einfach...
KRITIK:Ein großer Teil menschlicher Schwierigkeiten geht wohl aus der Widersprüchlichkeit zwischen den Trieben und den dazu diametralen Zielen, die wir uns heute setzen, hervor. Wir schlingen in Erwartung von Hungersnöten, die niemals kommen, Burger und Pizzaschnitten in uns hinein, zeugen in riskanten Affären Kinder, obwohl man eigentlich nur auf fünf bis zehn Minuten unverfänglichen Spaß aus war und belasten unsere Körper (zum Beispiel beim Computerspielen unter höchster Anspannung) mit Stress, von dem sie keine Erlösung finden.
Es handelt sich hierbei höchstwahrscheinlich um eine evolutionär-genetische Disposition, die unsere Errungenschaften der Vernunft und Erfahrung ein ums andere Mal außer Acht lassen. Warum geht man eigentlich jedes Mal wieder zu McDonald's, obwohl einem danach immer so herrlich schlecht ist? Und warum sieht man sich jeden nach Schema F hingerotzten Blockbuster an, wo man doch jedes Mal wieder furchtbar enttäuscht ist? Vielleicht weil unser Gehirn es einfach nicht wahrhaben möchte, weil es einfach darauf programmiert ist, sich das jedes Mal wieder anzutun, weil es beständig von dem Glauben beherrscht wird, dass es nützlich sei, dass es diesmal Spaß mache.
Und man muss fairerweise sagen, dass im Gegensatz zum Fastfood, einer von zehn Blockbustern ja doch mehr oder weniger zu gefallen weiß (zumindest mir). Aber ob es sich dabei um TRANSFORMERS handelt, das soll im Folgenden erörtert werden:
PIRATEN DER KARIBIK hat es schon vorgemacht, TRANSFORMERS zog hinterher und diesen Sommer erwartet uns mit G.I. JOE noch eine weitere Ausprägung des neuesten Geschäftskonzeptes von Hollywood. Hat man durch STAR WARS noch den Spielzeugverkauf angekurbelt, entdeckt man jetzt den gegenteiligen Effekt: Spielzeugverkauf (bzw. Vergnügungsparkattraktion) kurbelt den Filmverkauf an. Der Konzern Hasbro steigt ins Filmgeschäft ein und holt sich dafür Hollywoods größter Kindsköpfe an Bord: Märchenonkel Steven Spielberg und Rabensohn Michael Bay.
Michael Bay!!!! Ja, ich weiß: *Augenrollen*. Aber ich mag ihn. Ja, ich mag ihn. Wenn ich mal wieder die Kollegen vom Filmmagazin Schnitt zitieren darf: "Bei anderen Regisseuren heißt es Handschrift, bei Michael Bay sagt man er klaue von sich selbst." Die Welt ist eben unfair. Weltweit wird dieser Bilderzauberer mit leichtem Hang zur faschistisch-militaristischen Überästhetisierung im Feuilleton und von Filmkritikern ignoriert bzw. niedergemacht, und das vielleicht nicht zu unrecht, denn sein alles andere als subtiler Hurrapatriotismus schießt manchmal weit übers Ziel hinaus. Und natürlich kann man auch TRANSFORMERS als kriegsverherrlichende Propaganda lesen.
Aber kein zweiter Regisseur (Ausnahmen: Die Scott Brüder) beherrscht und prägte die Videoclipästhetik so mit, wie er. Seine ersten Filme BAD BOY, THE ROCK und ARMAGEDDON machten auch richtig Spaß. BAD BOYS 2 und TRANSFORMERS waren dafür Totalausfälle, zu lang, zu groß, zu inhaltsleer, zu dumm, und man konnte schon Angst bekommen, dass der Regisseur mit dem offenkundlich kindlichen Gemüt seine Fähigkeit verloren hatte, sinnlose aber herrlich unterhaltsame Filme ohne Längen und mit fantastischen Bildern zu drehen. Aber Transformers - Die Rache ist, man lese und staune: Michael Bays KILL BILL geworden.
Und bevor den Lesern, die diese Kritik bis hierher gelesen haben, das Herz stehen bleibt: Damit will ich natürlich nicht sagen, dass dieser Film KILL BILL auch nur annähernd das Wasser reichen kann, ich will damit nur sagen, dass dieser Film auf der Michael Bay Skala ganz weit über den anderen anzusiedeln ist. Jetzt kann es natürlich sein, dass ich einer kognitiven Täuschung auf den Leim gehe oder meine Aufnahmefähigkeit sich durch Dauerreizüberflutung an neue geistige Untiefen adaptieren konnte, denn der Film hat durch die Bank mieseste Kritiken und sogar unser schönes TV-Media mit seinen eher schlichteren Kinofilmbewertungen sprach von einem Ausfall, meinte der Film sei "so schnell, dass er sich selbst überhole".
Aber ich sage, dieser Film war inszenatorisch absolut perfekt. Ich habe mir die Freiheit genommen während der zugegebenermaßen teilweise etwas zu ausführlich gezeigten Roboterkämpfen die Schnittfrequenz zu zählen und kam dabei in den Actionszenen auf eine Dauer von durchschnittlich 3-4 Sekunden pro Einstellung. THE ROCK oder Alex Proyas DARK CITY mit ihren durchschnittlich 1-2 Sekunden langen Schnitten zeigen, dass Michael Bay langsam schon zum Klassiker wird und seine Sturm und Drang-Periode überlebt hat.
Es ist auch erstaunlich viel Story vorhanden, die zwar aus zusammengeklauten Buchstücken (Prophezeihung, der Auserwählte und sonstiges Blabla...) von guten und schlechten Blockbustern der letzten Zeit zusammenklaut wurde, aber das recht gut und so ein solides Plotfundament für einen Spielzeugroboterfilm bietet. Anspielungen auf HARRY POTTER dürfen natürlich nicht fehlen, die weltliche Uni samt Sexanbahnungspartys, Klischeehackern und Haschischkeksen wirken fast wie eine Parodie auf die ehrwürdige englische Schulwelt des Fantasyuniversums der Joanne K. Rowling.
Der Humor ist manchmal einfach schon zu seicht und aufgesetzt, aber manchmal funktioniert er auch. Problematisch wird es nur an den Stellen, wo sich der Film zu ernst nimmt, denn dann wird es wahrhaft lächerlich. Und auch sinnlose Nebencharaktere (sowohl Transformers als auch Menschen), die scheinbar nur den Sinn haben auch die Kleinsten zu unterhalten und die Spielzeugverkäufe anzukurbeln nerven, aber schon wieder nicht so sehr wie Jar Jar Bings (George Lucas bleibt da einfach unerreicht;-).
Dritter Kritikpunkt ist die Laufzeit: Mit 144 Minuten ist der Film um mindestens 44 Minuten zu lange. Daneben gibt es eigentlich nichts zu bemängeln. Shia LeBoeuf, von dem mir hoffentlich jemand einmal erklärt, warum er, trotz null Ausstrahlung, fehlendem Charismas und beschränkten darstellerischen Fähigkeiten Hollywoods neuer Jungstar ist und Megan Fox, die ohnehin nur ihre Kurven in die Kamera hält, fügen sich der Story. John Turtorro als durchgeknallter Exagent kann sogar einige Humorakzente setzen. Und so beschenkt uns dieser Film über zwei Stunden lang perfekt inszeniert mit perfekten Spezialeffekten und Actionszenen, die mordsmäßig spektakulär und zugleich wunderschön anzusehen sind. Vor allem der sicher 40 Minuten lange Showdown rund um Ägyptens Pyramiden gehört wohl inszenatorisch und ästhetisch zum Besten, was das jugendfreie Unterhaltungskino jemals hervorgebracht hat.
Somit erfüllt TRANSFORMERS seinen Zweck und stellt die beiden bisherigen eher billig wirkenden Filmkrachkonkurrenten Wolverine und Terminator Salvation in den Schatten. Der Knirps, der mit seiner Mama in der Reihe vor mir saß, war jedenfalls zufrieden. Bei diesem Film wünscht man sich doch tatsächlich wieder zwölf Jahre alt zu sein. Denn dann würde man den Kinosaal mit einem neuen Meisterwerk im Gedächtnis verlassen. Michael Bay bleibt eben doch der Beste...
Wo Michael Bay draufsteht, ist (endlich wieder) Michael Bay drin. Sagenhaft spektakulärer und unterhaltsam erzählter Sommerblockbuster, der alle geringen Erwarungen erfüllt, die man an einen solchen Film haben kann. Leute, die da reingehen um sich danach darüber aufzuregen sind selber schuld...