HORROR: USA, 2008
Regie: Ryûhei Kitamura
Darsteller: Bradley Cooper, Leslie Bibb, Vinnie Jones, Roger Bart
Das U-Bahn fahren in der Nacht ist lebensgefährlich. Denn in der Großstadt, in der der Fotograf Leon wohnt, geht ein Schlächter mit Hammer und Fleischerharken um. Er sucht sich seine Opfer unter den Passagieren, die spätnachts mit der letzten Bahn unterwegs sind und tötet wahllos. Leon, der auf der Jagd nach außergewöhnlichen Schnappschüssen für eine Kunstausstellung ist, heftet sich ausgerechnet dem Mann an die Fersen, der für die bestialischen Morde im Mitternachtsfleischzug verantwortlich ist
KRITIK:"Das Fleisch ihres Rückens war vom Nacken bis zum Gesäß vollkommen aufgespaltet und die Muskulatur beiseite geschält, um das feucht glänzende Rückgrat zur Schau zu stellen. Das war der endgültige Triumph des Schlächterhandwerks
"
Dies ist ein kleiner Auszug aus der Kurzgeschichte "Der Mitternachts-Fleischzug" aus Clive Barkers legendärem Ersten Buch des Blutes, welche die literarische Vorlage zu dem vorliegenden Film bildet.
Das Multitalent Barker hat damals in den Achtzigern den geschriebenen Horror revolutioniert und später mit grandiosen Verfilmungen der eigenen Stoffe wie HELLRAISER, CABAL oder LORD OF ILLUSIONS auch das Zelluloid im Sturm erobert.
Die filmische Umsetzung seines MIDNIGHT MEAT TRAIN überließ er allerdings einem alten Bekannten aus Nippon, nämlich Ryûhei Kitamura. Da uns letzterer schon ein paar Asia-Leckerlis wie VERSUS oder AZUMI serviert hat, durfte man gespannt sein, was er aus der Barker´schen Vorlage gezaubert hat.
Eins vorweg: Die Verschmelzung der dunklen Kreativen - Barker und Kitamura - hat einen noch bösartigeren Bastard als erwartet hervorgebracht. THE MIDNIGHT MEAT TRAIN stellt sicherlich eine der lichtlosesten Höllenfahrten im Horrorgenre seit Jahren dar. Und auf jeden Fall die perfekte Umsetzung einer Horrorgeschichte für die Leinwand. Der Großstadtalptraum, den Barker 1984 auf Papier gebannt hat, ist zeitlos genug, um in bewegten Bildern auch einem Publikum des 21. Jahrhundert das Fürchten zu lehren.
Qualitativ hat THE MIDNIGHT MEAT TRAIN die große Leinwand definitiv verdient. Warum er an den Kinokassen Nordamerikas gefloppt ist und als Konsequenz daraus von der eigenen Produktionsfirma in die Niederungen der Dollarkinos verbannt wurde? Wie wäre es mit zu böse, zu blutig, zu nihilistisch für das Massenpublikum? Okay, Sätze wie der letzte werden oft bemüht, aber in diesem Fall trifft es den Nagel auf den Kopf.
Mit einigen genial-makabren Regiekniffen versetzt Kitamura den Zuschauer ein ums andere Mal ins Zentrum eines perfiden, hyperbrutalen Gemetzels. Wie etwa in der Szene, als wir aus der Perspektive eines abgeschlagenen Kopfes zwischen dem letzten Blinzeln auf den eigenen zuckenden Körper blicken - und auf den darüber gebeugten ehemaligen Premier League-Eierquetscher Vinnie Jones, der den stoischen Menschenmetzger Mahogany wider Erwarten mit großer Klasse mimt.
Und in den 100 Minuten bekommt er viel Arbeit. Soviel sei dem Gorehound versprochen; auch wenn THE MIDNIGHT MEAT TRAIN trotz seiner extremen Brutalität keine stupide Splatterorgie ist. Schließlich ist der geistige Vater dieser bitterbösen Geschichte kein Dummkopf und man kann davon ausgehen, dass der Wahnsinn durchaus Methode hat. Die These "Die Stadt frisst ihre Kinder" wird hier mit den Mitteln eines blutigen und düsteren Horrorfilms bejaht.
Und an der Endstation des Mitternachtsfleischzugs erwartet den Zuschauern neben weiteren Gallonen Blut nicht nur ein Bad Ending, sondern DAS Bad Ending
Fleischerharken statt Handschlaufen, Menschenschlächter statt Bahnschaffner, Ausweidung statt Personenbeförderung
- THE MIDNIGHT MEAT TRAIN
zielt weit vorbei am massenkompatiblen Killerhype eines Michael, Freddy oder Jason und direkt dahin, wo´ s wehtut.
Der Film ist finster wie ein U-Bahnschacht, blutig wie eine Schlachterei, niederschmetternd wie ein Hammerschlag,
aber auch wie so vieles aus den Tiefen der abseitigen Vorstellungskraft Clive Barkers teuflisch genial.
Dieser von Ryûhei Kitamura exzellent umgesetzte urbane Alptraum ist schon jetzt einer der besten und härtesten Horrorschocker des Jahres. Und wir haben gerade mal Februar
Einsteigen! Die Türen schließen selbsttätig!