TRASH: J, 2008
Regie: Noboru Iguchi
Darsteller: Minase Yashiro, Asami, Kentarô Shimazu
Nachdem der Bruder des Schulmädchens Ami - für den sie nach dem Tod der Eltern alleine gesorgt hat - von einer brutalen Yakuza-Familie ermordet wird, sinnt sie auf Rache. Zusammen mit der Mutter eines ebenfalls getöteten Jungen und mit einer Gatling Gun als Armprothese ausgestattet, begibt sie sich auf einen unbarmherzigen Rachefeldzug.
KRITIK:Ich bin ja bekanntlich ein wenig skeptisch, wenn es um Filme exploitativer Couleur, die damals im schäbigen Bumskino hinterm Bahnhof gelaufen wären, geht, wenn deren Produktionsjahr jenseits der 80er liegt - verständlich, wie so mancher Streifen zeigt.
Als im Internet jedoch die ersten Production Stills zu The Machine Girl auftauchten, war die Vorfreude groß und der einige Zeit darauf veröffentlichte Trailer verbannte jegliche Skepsis aus meinen Synapsen - ja, auf die Japaner scheint noch Verlass.
Denn Sex und Gewalt auf der Leinwand - oder dem heimischen TV-Gerät, siehe die Video-Reihe Zero Woman - zu zelebrieren, das können unsere Reisbällchen mampfenden Freunde aus dem fernen Osten wie kein zweites Filmervölkchen.
Und wenn die Nikkatsu-Produktion The Machine Girl etwas zelebriert, dann ist es ausufernde, braindeadsche Gewalt in all ihrer leuchtend roten Fontänenpracht, und Sex - ein wenig zumindest - selbstredend gegen den Willen der weiblichen Beteiligten - but hey, it's no rape when they're dead, isn't it?!
Nikkatsu, das Studio bei dem Meiko Kaji ihre Leinwandkarriere startete und das sie, auf Grund dessen Entscheidung sich auf Roman Porno-Produktionen zu konzentrieren, verließ, wandelt mit Machine Girl fast auf den nostalgischen Spuren einer 70er Toho-Produktion.
Dabei könnte der erste Akt sogar als halbwegs seriöses Drama durchgehen. Von der völlig vom Rest des Films losgelösten, blutig-furiosen Exposition mal ganz abgesehen, versucht Noboru Iguchi - in einem gewissen Rahmen - seine Charaktere zu etablieren und ihnen dabei rudimentär Tiefe zu verleihen - jedenfalls auf Seite der Guten.
Auf eine archaische Art gelingt dies sogar. Als Zuschauer ergreift man Partei, fühlt mit Ami und erlebt ihren Rachefeldzug auch als eigene Katharsis, was vor allem dem extrem snobistischen Spiel von Nobuhiro Nishihara zuzurechnen ist, das aus Sho einen wahrhaft hassenswerten Charakter macht.
Dennoch bleibt The Machine Girl dem 70er Female Revenge-Grundsatz treu, nach dem die Welt schwarz/weiß ist, nur gut und böse existieren. Ein begrüßenswerter Umstand, bildet dieses doch die Quintessenz exploitativer Rachefilme.
Darüber hinaus nimmt er sich keine Sekunde lang ernst - was Angesichts von Drill-Bras, Tempura-Armen und leuchtend roten Blutfontänen auch kaum möglich, im Ernstfall aber extrem lächerlich wäre.
Die Handlungen der Charaktere erscheinen zumeist äußerst irrational und bar jeglichem Realismus. Und genau hierin liegt ein Vorteil, denn jenseits jeglicher Logik, konnte Iguchi die Messlatte für Absurditäten bei The Machine Girl von blutig-grotesker Situation, zu blutig-grotesker Situation bis hin zum, als Sammelsorium trashig-überdrehter Brutalitäten dienendem, furiosen Finale stetig höher legen.
Lediglich die letzte Szene wirkt hier gar ein wenig inkonsequent und vermag sich nicht ins Gesamtbild einzufügen.
Schauspielerisch verlangt ein Film dessen Produktion auf der ideologischen Basis "Das wird Trash" aufbaut, seinen Akteuren nicht viel ab. Irrwitzige und völlig überzogene Charaktere präsentieren, das können die Japaner sowieso sehr gut.
Nichtsdestotrotz sieht Minase Yashiro nicht nur sehr gut aus, sondern gibt sich vor allem auch ausgesprochene Mühe, eine gewisse Haltung zu bewahren und ihre Figur des mordlüsternen Racheengels nicht ins lächerliche abdriften zu lassen.
Für ihre erste Rolle überhaupt, ist ihr dies auch sehr gut gelungen und so liefert sie eine doch respektable Leistung ab.
Der Rest des Ensembles legt derweil eine entweder ambitionierte und spaßige oder heillos abgedrehte - und auf eine andere Art ebenso spaßige - Sohle aufs Parkett, fügt sich so oder so aber ins Gesamtbild der Produktion ein.
Die DVD von Tokyo Shock bietet neben dem Hauptfilm in japanischer und englischer Sprache, wahlweise mit englischen Untertiteln, den Originaltrailer sowie eine zwar wenig informative dafür allerdings recht amüsante Behind the scenes-Featurette.
Mit The Machine Girl ist gewalttätiger Nippon Revenge-Trash auch im neuen Jahrtausend angekommen, ohne zu stark an den Krankheiten des modernen Kinos zu leiden.
Iguchi setzte für die Umsetzung der nostalgisch-leuchtend roten Splatter-Effekte zum Großteil auf echte Handarbeit, so dass man bei den wenigen - durch das geringe Budget offensichtlichen - CGI-Effekten durchaus ein Auge zudrücken kann.
Weder das Drehbuch noch die visuelle Umsetzung mögen zwar neue Maßstäbe setzen - und stehen dabei einigen Vertretern des 70er Nippon-Sleaze nach - sind aber auf einem soliden Niveau und verlassen sich nicht durchgehend auf die "Is' ja eh Trash"-Attitüde.
Trotz kleinerer Mängel ist The Machine Girl unterhaltsam, spannend, witzig, blutig und total abgedreht. Neu und doch irgendwie alt, dabei durchaus sympathisch, mit dem gewissen Extra einer Japan-Produktion und allein dadurch hunderten von - unsagbar dämlichen Pseudo-Grindhouse-Beiträgen - von Hollywoods Verblödungsmaschinerie vorzuziehen.