DRAMA/KOMÖDIE: USA, 1985
Regie: John Hughes
Darsteller: Emilio Estevez, Judd Nelson, Molly Ringwald, Ally Sheedy
Fünf Schüler der Shermer High School, alle aus unterschiedlichen Gruppen, müssen einen Samstag lang gemeinsam nachsitzen. Trotz anfänglicher Spannungen, überwinden Sie nach und nach ihre gegenseitige Ablehnung und erleben einen Tag den sie so schnell nicht wieder vergessen werden.
KRITIK:"Sehr geehrter Mr. Vernon. Wir akzeptieren, dass wir einen ganzen Samstag für alles was wir falsch gemacht haben nachsitzen müssen. Aber wir halten Sie für verrückt, dass Sie uns einen Aufsatz schreiben ließen, mit dem Thema "Wer bin ich?". Weil Sie uns doch so sehen, wie Sie uns sehen wollen. In einfachen Worten: Nur das was wir über uns herausgefunden haben.
Jeder von uns ist: ein Schlaukopf, ein Muskelprotz, eine Ausgeflippte, eine Prinzessin und ein Freak. Beantwortet das Ihre Frage? Mit freundlichen Grüßen, Ihr Breakfast Club!"
Sie ist ein wahres Konglomerat, ein bezeichnender Querschnitt durch die Hack- und Rangordnung einer amerikanischen High School, die Gruppe die Teenie-Komödien-Urgestein John Hughes an der Shermer High School zum Nachsitzen antreten lässt. Vertreten ist in ihr damit so gut wie jeder Typus aus den Gruppen, die zusammengenommen das große Nebeneinander einer Schule ausmachen.
Und auch wenn der Breakfast Club vor allem ein Model amerikanischer Art ist, so findet ein jeder, egal ob Europäer oder Australier, aktiver Schüler oder Graduierter, eine oder gar mehrere Bezugspersonen, einen Charakter, der einen doch ein gutes Stück an sich selbst erinnert.
Damit ist der Erfolgsformel, die Sorge dafür trägt, dass The Breakfast Club in vollem Maße funktioniert, bereits der wichtigste Bestandteil eigen - authentische Charaktere. Mögen sie auf den ersten Blick auch ein wenig überspritzt wirken, gar als auf ihre grundlegendsten Eigenarten reduziert, wird schnell klar, dass sie doch viel mehr als Blaupausen ihrer jeweiligen Randgruppen sind. So, als zunächst potentielle Karikaturen ihrer selbst, scheinen sie der Realität erschreckend näher, als es einem lieb sein mag. Um diese Grundzüge gruppenzugehöriger Verhaltensmuster herum, zeigen sie sich dennoch als eigenständige Personen, als Individuen, gefangen im sozialen Gefüge der Schule, aber auch ihres gesamten Lebens.
So haben sie Probleme, ganz eigene Wünsche, Ziele, Hoffnungen und auch Ängste. Die vorgegebenen Bahnen in denen sich ihr tägliches Leben in der Umlaufbahn ihrer Existenz bewegt, durch Einflüsse ihrer Umwelt bestimmt, verhindern den Ausdruck all dieser Gefühle, machen es für sie unmöglich von anderen als mehr als ein Baustein im Ganzen ihrer Gruppe erkannt, aber auch anerkannt zu werden.
Nur nach und nach gelingt es unseren Protagonisten ihre indoktrinierten Vorurteile abzubauen, hinter die jeweiligen Fassaden zu blicken und zu erkennen, dass sie alle doch mehr gemeinsam haben, als sie zunächst glauben möchten. Sorgsam wird so Stück für Stück der Irrwitz hinter der von Generation zu Generation weitergegebenen Hierarchie gezeigt, die - nicht nur die offensichtlichen Außenseiter -, sondern wirklich jeden innerhalb seiner Gruppe in eine soziale Sackgasse manövriert, deren Ende nicht immer von Erfolg gekrönt ist.
Am schönsten und subtilsten wird dies durch Carl den Hausmeister offenbart, dessen Bild jeder Schüler in der langen Folge erfolgreichster Mitschüler - "Man of the Year" - betrachten kann.
Warum müssen unsere Protagonisten "8 Stunden und genau 45 Minuten" ihres kostbaren Samstags, in die Bibliothek der Shermer High School gesperrt, verbringen? Die Frage nach dem Warum ist wichtig, noch viel wichtiger die Antwort. So sehr sich ihre Vergehen auch unterscheiden mögen, so ähnlich sind sie sich doch im Kern und den äußeren Einflüssen die dazu führten. Sei es familiäre Gewalt, wie sie in physischer Form John widerfahren ist, oder psychische wie sie Andy langsam aber sicher zermürbt. Oder selbstauferlegter Erfolgsdruck, dessen Ursprünge sich in der Erwartungshaltung Außenstehender finden lassen, oder sei es die emotionale Verwahrlosung, die sie am Samstagmorgen in die Shermer High School führte.
The Breakfast Club ist wohl mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit John Hughes erwachsenster und reifster Beitrag zu seiner inoffiziellen Brat Pack-Reihe.
Er ist ernst und doch urkomisch, in seiner Ambivalenz beinahe wie das Leben. Er trifft den Zuschauer mitten ins Herz, schüttelt ihn durch vor Lachen, lässt ihn mit seinen Charakteren mitfühlen, in guten wie in schlechten Stunden.
Hughes hat den Grad zwischen Tragödie und Komik getroffen, wandelt ihn selbstsicher entlang und lädt den Zuschauer ein, auf eine wunderschöne und abwechslungsreiche Reise durch einen Querschnitt des Lebens - und hin zu einer der mitreißendsten und energiegeladensten Tanznummern die ich je in einem Film bewundern durfte, bezeichnender Weise zu dem Überhit "We are not alone".
Hughes stellt darüber hinaus - wie bereits angesprochen - viele Fragen, beantwortet sie und lässt doch die größte, die wichtigste, die nach dem Ende unbeantwortet.
"Ich hab gerade dran gedacht, ich meine... Ich weiß, es ist alles ein bisschen verrückt hier, aber ich frage mich, was ist am Montag mit uns, wenn wir alle wieder zusammen kommen. Ich meine, ihr seid doch meine Freunde. Da irre ich mich doch nicht, oder?", fragt Ryan seine Mitstreiter auf Zeit.
Doch die Antwort auf diese Frage ist nicht leicht zu geben. The Breakfast Club lässt sie offen, stößt den Zuschauer nicht mit einem erzwungenen Happy End vor den Kopf.
Er regt zum Nachdenken an. Es ist nun jedem selbst überlassen, welchen Lauf diese Geschichte nehmen wird. Realistisch betrachtet, wird wohl alles beim Alten bleiben, fügen sie sich, wie von Claire vorausgesagt dem Druck ihres sozialen Gefüges, gehen sie ab Montag wieder ihre eigenen Wege.
Doch es besteht Hoffnung. Hoffnung, dass zwar das große Ganze nie geändert werden kann, doch dass zumindest im Kleinen Veränderung möglich ist, dass sich die Dinge doch zum Guten wenden können. Und sei es nur für eine Gruppe von fünf völlig Fremden, die vielleicht, gegen jeden Druck von außen, zu einer um so stärkeren Gemeinschaft werden konnten.
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Es erscheint dabei nur logisch, dass diese fantastisch in Szene gesetzte Geschichte nicht funktionieren würde, ohne die richtigen Darsteller, die es nicht nur schaffen ihre Rollen mit unvergleichlicher Leichtigkeit glaubhaft mit Leben zu füllen , sondern auch eine stimmige Chemie untereinander vorweisen können.
Auch in diesem Punkt bewiesen Hughes und der für das Casting verantwortliche Jackie Burch ein mehr als glückliches Händchen.
Allen voran Ally Sheedy - die nicht nur Molly Ringwald Konkurrenz in gutem Aussehen macht - sondern auch die undurchschaubare und auf den ersten Blick ziemlich durchgeknallte Allison sympathisch und vielschichtig spielt. Hall glänzt einmal mehr durch eine etwas zurückhaltende Version seiner Paraderolle als Geek.
Molly Ringwald zeigt - nach Sixteen Candles -, dass sie beide Seiten der Medaille glaubhaft darstellen kann, und auch Judd Nelson und Emilio Estevez können sich im vorderen Feld platzieren.
Die Obrigkeit, das System, das all unsere Protagonisten als gemeinsamer Feind zusammenschweißt, bekommt durch Paul Gleason, als Rektor Richard Vernon, ein mehr als passendes Gesicht.
Wer sich The Breakfast Club in Erwartung einer reinen Komödie ansieht, wird einen Moment verdutzt innehalten, aber schon kurz darauf seine Verwirrung abschütteln und sich dem Charme und Zauber dieses Werkes bereitwillig ergeben.
The Breakfast Club ist keine plumpe Komödie. Er ist tragisch, er ist komisch und er ist tragikomisch. Er ist ein komplexer Film, eine wunderschöne Mär über Schule, Jugend und das damit untrennbar verbundene Erwachsenwerden, ebenso wie eine Parabel sozialer Mechanismen unserer Gesellschaft.
Das ist es, was The Breakfast Club vielleicht sogar zum wichtigsten Film John Hughes Karriere macht. Ich für meinen Teil sage Danke!
In diesem Sinne: "Weiß Phil Collins schon, dass Sie seine Klamotten geklaut haben?!"