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Tenebrae

Tenebrae

GIALLO: I, 1982
Regie: Dario Argento
Darsteller: Anthony Franciosa, Christian Borromeo, Mirella D'Angelo

STORY:

Der amerikanische Bestsellerautor Peter Neil weilt in Rom, um seinen neuen Krimi "Tenebre" zu promoten. Doch diese Art von Publicity hat er nicht gebraucht: Ein verrückter Fan zollt dem Autor Tribut, indem er die Morde aus dem Buch nachstellt. Als Neil auf eigene Faust Nachforschungen anstellt, gerät auch er in höchste Gefahr...

KRITIK:

Eigentlich ist das ein Job für den geschätzten Kollegen Christian "Der-Giallo-den-ich-noch-nicht-gesehen-habe-muss-erst-gedreht-werden" Ade. Ich für meinen Teil wage es nicht, mich als Experte für den stilvollen italienischen Schlitzerfilm der späten Sechziger und Siebziger zu bezeichnen. Ich sehe mich eher in der Rolle des interessierten Betrachters.

Tenebrae also. Im Grunde wurde zu diesem Spät-Giallo aus Dario Argentos Glanzzeiten, die bis in die späten Achtziger Jahre anhalten sollten, schon alles Erdenkliche geschrieben. Was sollte ich der Hundertschaft an begeisterten Fan-Reviews im WWW noch Originelles hinzufügen?

Vielleicht ein Lamento: Kürzlich hatte ich ein Gespräch mit einem eh sehr filminteressierten und durchaus mit gutem Geschmack ausgestatteten Jungmenschen. Bloß: Mit dem Namen Dario Argento verband der junge Mann rein gar nichts - von einem ganz passablen Beitrag zur Masters of Horror-Serie abgesehen.

Nun, ich kann den jungen Filmfreund ein klein wenig verstehen. Argentos Glanzzeiten liegen tatsächlich viele, viele Jahre zurück. Nach seinen letzten desaströsen Leinwand-Debakeln wie THE CARD PLAYER oder MOTHER OF TEARS wäre der einstige "italienische Hitchcock" (Zitat Cinema) eigentlich ein Fall für die Einweisung ins Regie-Altersheim. Gemeinsam mit seinen Kollegen George A. Romero, Tobe Hooper und John Carpenter.

Die Zeit dieser alten Meister scheint tatsächlich abgelaufen zu sein. Für junge Filmfreunde, die sowieso immer weniger werden - Kids gucken Serien, keine Filme - beginnt die Filmgeschichte mit PULP FICTION, wenn nicht mit SAW und HOSTEL. Die Achtziger, vielleicht das ergiebigste Jahrzehnt des phantastischen Kinos, ist für die junge Generation graue Vorzeit. Und die Siebziger sind für sie so weit weg wie die Mondlandung, die Hexenverbrennungen, die napoleonischen Kriege.

Ja, liebe junge Kollegen Johannes und Nico, ich höre eure Protestschreie. Aber glaubt mir, ihr seid die rühmlichen Ausnahmen, die die traurige Regel bestätigen.

Es wird den Jungen aber auch nicht gerade leicht gemacht, die filmischen Perlen vergangener Tage überhaupt zu entdecken. In der durchformatierten Kinolandschaft unserer Tage ist kein Platz für Altes, weil die Menschen lieber schlechte neue als gute alte Filme sehen. Was jetzt nicht heißen soll, dass alles Neue a priori schlecht wäre, ganz im Gegenteil. Vielleicht lohnt sich der Blick in die Vergangenheit schlicht und einfach deshalb nicht mehr, weil das harte Genre-Kino unserer Tage eh keine Wünsche offenlässt. In den letzten Jahren boomt das Horrorkino wie selten zuvor, auch in qualitativer Hinsicht. Auch wenn die oben erwähnten alten Meister dazu kaum mehr Substantielles beisteuern.

Und was ist mit Klassikern auf DVD? Schwierig. Wer in der Videothek um die Ecke nach TENEBRAE fragt, muss schon froh sein, wenn er von der desinteressierten Generation Praktikum hinterm Ladentisch überhaupt ein Achselzucken als Antwort bekommt. Abhilfe bieten lediglich einschlägige Versandhändler wie dtm.at oder beyondmedia.at.

Zurück zum eigentlichen Thema: Nach ein paar Ausritten ins phantastische Fach legte Dario Argento 1982 mit TENEBRAE wieder einen Old School-Giallo vor. Eine Mordserie muss aufgeklärt werden, und der schwarzbehandschuhte Killer wird nach vielen kreativen Morden sicherlich von einem rauhbeinigen Polizisten zur Strecke gebracht werden. Oder auch nicht. Denn Plottwists in den letzten Minuten sind nicht nur den M. Night Shyamalans dieser Welt vorbehalten - und schon gar nicht deren Erfindung!

TENEBRAE zeigt Dario Argento am Zenit seiner filmischen Schaffenskraft. Viele, viele wahre Worte wurden schon geschrieben über die kunstvoll arrangierten Mordszenen, die den Film - Gewaltverherrlichungsvorwürfe hin, Mysogynieverdacht her - eindeutig als transgressives Kunstwerk ausweisen.

Allein die atemberaubende Kamerafahrt durch ein Fenster ins Ergeschoß eines riesigen Hauses, wieder zurück, die Fassade hinauf, über das Dach, durch ein anderes Fenster, direkt in die Hand des Killers, lässt einen die Kinnlade auf Kniehöhe kippen.

Mit dem kongenialen Soundtrack von Argentos Haus- und Hof-Band Goblin wird TENEBRAE zum nahezu perfekten audiovisuellen Gesamtkunstwerk. Nur "nahezu" perfekt deshalb, weil der Film in den Handlungs-Sequenzen leider nicht dieselbe sinnliche Überwältigungskraft und inszenatorische Wucht erreicht wie in den elf irrsinnigen Mordsequenzen.

Tenebrae Bild 1
Tenebrae Bild 2
Tenebrae Bild 3
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Tenebrae Bild 7
Tenebrae Bild 8
FAZIT:

Anfang der Achtziger wagte Dario Argento eine Rückkehr ins Giallo-Fach: Schwarze Handschuhe, Rasiermesser, düstere Erotik, unglaubliche Kamerafahrten und ebenso ästhetische wie bluttriefende Morde zum Sound von Goblin in einem nahezu perfekten Horror-Kunstfilm. Sollte von der Nachwelt entdeckt werden, irgendwie ...

WERTUNG: 8 von 10 Buchseiten im Mund
OK? MEHR DAVON:
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hockeymask | 24.02.2015 22:19
Für mich der beste Giallo den es gibt. Superbe
Kamerafahrten,blutige Morde und saugeile Musik.
Die Story ist zwar wieder recht dünn aber das macht
nichts.
>> antworten
Johannes | 13.11.2009 20:36
"In den letzten Jahren boomt das Horrorkino wie selten zuvor, auch in qualitativer Hinsicht." Öhm... in qualitativer Hinsicht? Das würde ich ja doch stark bestreiten. Klar, es gibt rühmliche Ausnahmen... zum Beispiel jüngst Final Destination 4 in 3D (und jetzt will ich nichts hören, der mag zwar hohl sein, aber macht durchaus viieeel Spaß), aber ansonsten kann man das meißte doch in die Tonne kicken, was heutzutage so herausgebracht wird... diese unsäglichen Remakes allen voran.
Harald | 13.11.2009 22:33
mit den unsäglichen us-remakes hast du natürlich recht (ausnahme: das erstaunliche last house-remake. und natürlich the hills have eyes).
ich hab eher an die neue französische härtewelle gedacht (frontiers, inside, martyrs, high tension), an die engländer (eden lake, wilderness, severance) oder die spanier (rec, the nameless...). aber auch unsere amerikanischen freunde überraschen hin und wieder: drag me to hell, the signal und sogar hostel (ja, ich weiß, du magst ihn nicht...) sind filme, für die man schon mal danke sagen kann.
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Andreas | 26.10.2009 00:15
Yeah. Jugend-Bashing. Der Harald verteilt schon mal die Keulen... :-)
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