DRAMA/KOMÖDIE: USA, 2009
Regie: Ang Lee
Darsteller: Demetri Martin, Emile Hirsch, Paul Dano, Liev Schreiber
Based on a True Story, was sonst: Elliot Tiber lockt im Sommer 1969 das Woodstock-Organisationskommitee in sein verschlafenes Heimatnest Bethel im New Yorker Hinterland. Auf einer Wiese, wo bislang friedlich Kühe grasten, werden alsbald 500.000 langhaarige Hippies drei Tage lang Musik hören, nackt tanzen, sich im Schlamm wälzen und lustige Zigaretten rauchen. Nicht gerade zur Freude der Dorfbewohner
KRITIK:Ich fürchte, Woodstock wäre nix für mich gewesen. Gut, das mit dem Weltfrieden und der freien Liebe ist schon OK so, und lange Haare hatte ich ja auch einmal. Aber schon bei der fadgasigen Musik wären mir die Füße eingeschlafen, und beim Gedanken an Schlammbad-Festivals mit verdreckten Toiletten bekomme ich Ausschlag. Und all die tollen Drogen? Ach lasst mich doch in Ruhe. Beim Kiffen ist mir noch jedesmal schlecht geworden, und für LSD bin ich schlicht zu feig. Es sei denn, es gäbe eine Garantie, dass jeder Trip so wunderhübsch und künstlerisch wertvoll anzusehen ist wie das, was Elliot Tiber hier im bunt bemalten VW-Bus eines Hippie-Pärchens erlebt.
Ang Lees TAKING WOODSTOCK ist zweifellos der schönste Sex- und Drogenverherrlichungsfilm der Saison. Irgendwo stand zu lesen, dass das größte Problem während der Dreharbeiten darin bestand, genügend junge Menschen mit intakter Schambehaarung zu finden. Heute ist ja jede/r untenrum rasiert. Doch das Casting-Team hat ganze Arbeit geleistet. Für Hollywood-Verhältnisse werden jedenfalls sensationell viele nackte (und behaarte) Zumperln und Muschis gezeigt. Die amerikanischen Zensur-Behörden haben dem an sich eh komplett harmlosen Film folglich ein "Rated R for graphic nudity, some sexual content, drug use and language" reingedrückt.
Und wie ist TAKING WOODSTOCK jetzt wirklich? Im Vergleich mit den schweren Tränendrüsen-Dückern BROKEBACK MOUNTAIN und LUST/CAUTION ist Ang Lee beinahe ein Feelgood-Movie geglückt. Humorige und melancholische Töne halten einander in etwa die Waage in dieser Ensemble-Komödie, die einige erstaunlich kuriose Figuren aufzubieten hat. Den Vogel schießt sicher Liev Schreiber als Security-Transe mit Koreakriegs-Vergangenheit ab. Auch nicht schlecht: Emile Hirsch als traumatisierter Vietnam-Vet, der beim Schlammrutschen vom Love & Peace-Spirit erfasst und augenblicklich geheilt wird. Und Schauspiel-Neuling Demitri Martin überzeugt als braves Muttersöhnchen, das im Zuge des Festivals emotional und auch sexuell aufblüht
Ein schöner, ein sehenswerter Film also, der, von ein paar Durchhängern abgesehen, ganz gut unterhält. Und wie immer bei Ang Lee muss man den Hut ziehen vor der detailverliebten Ausstattung, die den Spirit und das Lebensgefühl von damals, so vermute ich, ziemlich authentisch auf die Leinwand bringt.
In diesem Sinne: "Elliot, du siehst erholt aus!"