Politthriller: USA, 2005
Regie: Stephen Gaghan
Darsteller: George Clooney, Matt Damon, Jeffrey Wright, Chris Cooper
Anhand mehrerer Handlungsstränge werden die Mechanismen der Ölindustrie sowie die menschlichen Schicksale dahinter sowohl aus westlicher als auch arabischer Sicht aufgezeigt.
KRITIK:
George Clooney sitzt in Teheran mit Einheimischen zusammen und flüstert unverständliches Zeugs.
Er ist bärtig, korpulent und macht einen trägen Eindruck.
Kurz darauf geht er raschen Schrittes aus einem Lokal,
welches sogleich unmittelbar hinter ihm explodiert.
Der derzeit vielleicht sympathischste und durch seine politisch engagierten Statements
mutigste Hollywoodschauspieler, auf den sich erstaunlicherweise Arthouse- und Blockbusterpublikum
gleichsam einigen kann, ist also diesmal keiner der Guten.
Oder besser: In Syriana gibt es sie nicht, die Guten und die Bösen.
Und genau das zeichnet diesen Film aus.
Geschrieben und inszeniert von Stephen Gaghan, der auch schon das Drehbuch zu Steven Soderberghs Traffic
verfasste, geht er das Thema hier wie dort auch ähnlich an.
Wurde in Traffic das Drogengeschäft von allen Seiten ausgeleuchtet und unterschiedlichste Protagonisten
und Betroffene porträtiert, ist das alles umkreisende Thema diesmal die Ölindustrie.
Und wie schon in Traffic werden wir nicht nur mit einer Sichtweise konfrontiert,
um am Ende eine befriedigende Lösung präsentiert zu bekommen,
sondern Gaghan macht sich die Mühe, das Ölbusiness für uns Endkonsumenten transparenter darzustellen
und uns schließlich fassungslos im Kinosessel zurückzulassen.
Da wäre also zunächst Clooney als alternder CIA-Agent, der im festen persönlichen Glauben, immer das für sein Vaterland Beste und somit Richtige getan zu haben, noch einen letzten Auftrag im Mittleren Osten ausführen soll, welcher jedoch eine fatale Wendung nimmt und ihm gleichzeitig die Augen öffnet.
Dann ist da der Thronfolger eines arabischen Ölförderstaats, ein Reformer,
der sein Land modernisieren will, es dafür jedoch von den USA unabhängig machen muss.
Ein junger amerikanischer Energie-Analyst,
der den Thronfolger und dessen Vater, den Emir, beraten soll,
lässt sich nach anfänglicher Skepsis vom charismatischen Prinzen überzeugen,
ihm bei den geplanten Reformen beizustehen.
Am anderen Ende der Macht schließlich verlieren pakistanische
Gastarbeiter auf den Ölfeldern des Emirats im Zuge der Übernahme durch ein neues Unternehmen ihre Jobs und Hoffnungen.
Der Sohn eines dieser Arbeiter und sein Freund sind in dieser hoffnungslosen Situation schließlich ein leichter Fang für einen charismatischen Akquisiteur junger Selbstmordattentäter.
Und schließlich sind da natürlich noch diejenigen, die im Westen, den USA, die Fäden ziehen,
nämlich die Ölfirmen und die Politik, denen es allen darum geht,
den jeweils größtmöglichen Nutzen zu ziehen, koste es was es wolle.
Anfangs überfordern einen all diese Handlungsstränge und das Übermaß an Informationen doch einigermaßen,
und es fällt nicht ganz leicht, Zusammenhänge zu erkennen.
Dies jedoch nur so lange, bis sich gegen Hälfte des Films alles zuzuspitzen beginnt um schließlich in einem Knalleffekt zu enden. Illusionen bleiben jedenfalls keine übrig. Wer zahlt, diktiert immer noch.
Auch wenn bei einem derart dichten Film klarerweise kaum Zeit und Raum ist, die einzelnen Figuren genauer herauszuarbeiten und so dem Zuschauer nahe zubringen und Stephen Gaghan im Regiesessel natürlich noch nicht die Virtuosität eines Steven Soderberghs hat, ist Syriana nicht nur äusserst sehenswert, sondern eigentlich ein Pflichtfilm für all diejenigen, die sich beim Tanken höchstens über die Benzinpreise ärgern. Ein Film, der zu denken geben sollte. Ein Zuckerl am Rande ist ausserdem natürlich ein mittlerweile oscarprämierter George Clooney.