DRAMA/HORROR/KOMÖDIE: CAN/D, 2008
Regie: Bruce La Bruce
Darsteller: Jey Crisfar, Katharina Klewinghaus, Marcel Schlutt
Otto stolpert mehr oder minder zufällig in ein Casting zu einem politischen Gay-Porno-Zombie-Movie. Die ihm zugedachte Rolle spielt er mit Bavour. Kein Wunder, denn Otto ist tatsächlich ein Zombie ...
KRITIK:Der Kanadier Bruce LaBruce gilt als eine der schillerndsten Figuren des schwulen Underground-Films. Mit OTTO; OR UP WITH DEAD PEOPLE hat sich der Experte für avantgardistische Gay-Porns mit linksrevolutionärem Inhalt selbst übertroffen: Berührendes Drama, Coming of Age-Geschichte, Hardcore, Experimentalfilm, Lovestory und nicht zuletzt bizarrer Zombie-Film-im-Film. Die Schublade, in die OTTO passt, muß wohl erst gezimmert werden.
Das Bemerkenswerte dabei: Der - ähm - gewagte Genre-Mix wirkt zu keiner Sekunde konfus oder überladen, die vermeintlich inkompatiblen Genre-Zutaten verschmelzen zu einem rundum gelungenen Filmexperiment.
Die Handlung ist in Berlin angesiedelt, das von einer schwulen Zombie-Epidemie heimgesucht wird. Der titelgebende Otto, ein gut aussehender Gothic-Boy, hadert schwer mit seiner untoten Existenz - und der Tatsache, dass er ein seinem früheren Leben Veganer war. Weshalb für ihn Menschenfleisch als Kalorienlieferant keinesfalls in Frage kommt. Dann lieber überfahrene Kaninchen...
Zufällig stolpert unser schwuler Zombie-Boy einer Avantgarde-Filmemacherin über den Weg, die ihn kurzerhand für die Hauptrolle in ihrem antikapitalistischen Gay-Porno-Zombie-Movie "Up with dead People" besetzt. Der Film im Film handelt von einem Zombieaufstand, angeführt von Fritz, dem "Gay Che Guevara of the Undead", der seine Opfer infiziert, ins Grab fickt und ihre Eingeweide frisst - nicht immer in dieser Reihenfolge.
Man merkt schon: Es geht durchaus explizit zu in UP WITH DEAD PEOPLE - Eindrucksvolle Erektionen in Closeup, die Penetration einer Zombie-Bauchdecke, dekorative Kunstblutsauereien, ein schwuler Zombie-Gangbang etc. - ohne aber in die Niederungen bundesdeutscher Amateur-Zombie-Invasionen abzurutschen. Wir haben es schließlich (auch) mit einem Kunstfilm zu tun.
Wer will, darf sich auch an den herrlich plakativen, vermutlich ernst gemeinten, aber nicht immer ernst zu nehmenden Polit-Statements erfreuen. Und am nicht gerade Ö3-tauglichen Soundtrack von Throbbing Gristle, CocoRosie und Konsorten ...
Zombie-Trash meets Gayporno meets Experimentalfilm meets Gesellschaftssatire meets Lovestory meets existentialistisches Drama.
Ein nicht ganz alltäglicher Genre-Mix, aber er funktioniert. Und zwar verblüffend gut!
Aufgeschlossene Filmfreunde mit Sinn für Humor und Bizarres bestellen noch heute.
In diesem Sinne: "How can you kill yourself when you're already dead?"