OT: Munich
THRILLER: USA, 2005
Regie: Steven Spielberg
Darsteller: Eric Bana, Daniel Craig, Mathieu Kassovitz, Geoffrey Rush
Mitglieder der Palästinensischen Terrorgruppe "Schwarzer September" überfallen am 5. September 1972 bei den Olympischen Spielen in München das Quartier der israelischen Mannschaft und nehmen neun Sportler als Geiseln. Beim missglückten Befreiungsversuch am Flughafen Fürstenfeldbruck kommen alle Geiseln ums Leben. Die israelische Regierung plant eine geheime Vergeltungsaktion. Der junge Mossad-Agent Avner (Eric Bana) soll ein Killerkommando leiten, das die Hintermänner des Terrorakts aufspürt und tötet ...
KRITIK:
Im Mittelpunkt von Steven Spielbergs neuestem Film, dem Politthriller Munich,
steht nicht der Terrorakt der palästinensischen Extremisten. Dieser wird lediglich in Rückblenden erzählt. Der Film konzentriert sich auf die israelische Vergeltungsaktion, die im Stil eines actionreichen Politthrillers inszeniert wurde.
Spielberg selbst hat seinen Film nicht als Blockbuster fürs Massenpublikum angelegt, sondern als Diskussionsplattform zum Thema staatlich sanktionierte Gewalt. Wie weit darf ein demokratischer Rechtsstaat wie Israel im Kampf gegen den Terror gehen?
Wohin führt die Spirale aus Gewalt und Gegengewalt, in der Opfer und Täter, Ursache und Wirkung verschwimmen?
Fragen, die im Moment im Feuilleton-Teil großformatiger Zeitungen heiß diskutiert werden ... ich bin zwar alles andere als unpolitisch und habe etwas mehr Verständnis für israelische Positionen als, sagen wir, der Durchschnittsösterreicher, möchte mich aber aus Platzgründen hier nur auf die filmische Umsetzung konzentrieren.
Die gute Nachricht dabei: Dieser Film ist nicht mal halb so pathetisch und moralisierend ausgefallen, wie es der Name Spielberg vielleicht befürchten lässt.
Ganz im Gegenteil: Der Regisseur, dessen Stärke stets darin lag, phantastische Stoffe märchenhaft und familienfreundlich aufzubereiten, hat einen düsteren, realistischen, packend inszenierten und auch erstaunlich harten Politthriller gedreht. Wirkliche Überraschung ist das aber keine.
Dass Spielberg als Action-Regisseur einiges drauf hat, wissen wir seit Saving Private Ryan.
In Sachen graphischer Gewaltdarstellung übt sich Spielberg nicht gerade in Zurückhaltung: Zartbesaitete sollten sich auf Großaufnahmen von blutigen Einschüssen in diverse Körperteile einstellen; Bombenexplosionen sehen nicht nach harmlosem Feuerwerk aus, sondern hinterlassen Leichenteile, die schon mal am Deckenventilator kleben bleiben. So weit, so drastisch. Am Ende wird gar die Erschießung der Geiseln mit einer Sexszene parallel montiert ... ob das auch in der amerikanischen Fassung zu sehen ist?
Düster und unsentimental geht es hier zu,
selbst die für Spielberg so typische Darstellung eines idealisierten Familienidylls tritt in den Hintergrund.
Auch die Set-Designer haben ganze Arbeit geleistet. Erstaunlich, wie authentisch die 70er-Jahre-Atmosphäre wirkt.
Die Inszenierung folgt dem Genre-Kino dieser Zeit. Soll heißen: Statt hektischen Schnitten und kindischen Digital-Effekten ist Suspense und harter Realismus angesagt.
Munich ist ein ambitionierter, spannender Old-School-Actionthriller nach zeitgeschichtlichen Ereignissen, dem man die Überlänge (163 Minuten) nicht anmerkt.