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Memories of Matsuko

Memories of Matsuko

KOMÖDIE, LOVESTORY: Japan, 2006
Regie: Tetsuya Nakashima
Darsteller: Miki Nakatani, Eita, Asuka Kurosawa

STORY:

Eine aufgedunsene Frau wird tot am Rande eines Flusses gefunden. Mord, stellt die Polizei fest. Shô, ein junger Taugenichts, wird von seinem Vater gezwungen, die Wohnung der Ermordeten - der Tante von Shô - vom Müll zu befreien, der sich darin angesammelt hat. Dort findet er ein Photo seiner Tante (von der er nicht mal wusste das es sie gab), ein Plakat einer Boyband und an einer Wand in roter Kreide geschrieben: "Forgive me for being born".

KRITIK:

Helle Aufregung in einem einschlägigen asiatischen Filmforum. Die Poster übertrumpfen sich mit hymnischen Lobpreisungen und Begeisterungsausbrüchen. Was ist passiert? "Memories of Matsuko" ist auf DVD erschienen und kann nun endlich über Hong Kong bezogen werden - und alle sind über die Maßen von diesem Stück Zelluloid entzückt.

"Nie gehört" , dachte ich mir und werfe einen Blick in die IMDB, die mir 8,4 als Bewertung und ebenfalls begeisterte Kommentare offeriert. "Nun, denn, so schlecht kann das nicht sein. Bestell' ma's". Sprach's und nach drei Wochen langen Wartens, irrwitzigen Zoll- und Versandgebühren hatte ich die DVDs in den Händen.

Doch nun steht - dem DVD-Label I-ON New Media sei Dank - die DVD auch als reguläre deutschspachige Veröffentlichung in den Videotheken. (Auf der Cover-Rückseite ist übrigens dieses Review von der Filmseite Eures Vertrauens zitiert. Anm. d. Red.)

Was also ist "Memories of Matsuko"? Am ehesten würde es folgende Mischung treffen: "Die wunderbare Welt der Amelie", mit "Breaking the Waves" und "Moulin Rouge". Einige wenige kennen wohl das Vorgängerwerk des Regisseurs Tetsuya Nakashima, der damals mit seiner abgefahren, schrägen anti-gesellschaftkonformen Irrwitz-Girlie-Story "Kamikaze Girls" schon 2004 für Aufsehen gesorgt hat. Diesmal hat er sich jedoch noch übertroffen, seinen abgefahren Filmstil (vergleichbar mit Survive Style 5+ , nur vor allem noch etwas bunter und schneller) verbessert und der Komödie noch eine tragische Komponente hinzugefügt.

Der Film erzählt die Geschichte des Losers Shô, der von seinem Vater verdonnert wird, die Wohnung seiner toten Tante aufzuräumen und im Laufe des Filmes immer mehr über die tote Matsuko herausfindet, da ihm allerhand liebenswerte und nicht liebenswerte Charaktere den Weg kreuzen: Ein tätowierter Punk, eine Porno-Queen, ein Yakuza, ein Polizist und viele andere. Jeder erzählt ihm einen kleinen Teil aus dem Leben der Matsuko, so dass der Seher immer mehr darüber erfährt, wer diese Frau war, dessen Leben Shôs Vater als "sinnlos" bezeichnet hat.

Matsuko ist stilistisch ein Hammer! Die einzelnen Lebensabschnitte aus dem Leben der Matsuko haben alle einen anderen Stil, so dass Vertonung und Filmstil der Zeit entsprechen, in der Matsuko gerade lebt. Dabei werden beispielsweise Disney-Filme durch den Kakao gezogen, Wizard von Oz und Konsorten gnadenlos zitiert, niemals aber ohne dabei den durchgehenden Werbeclip-Stil des Filmes zu vergessen. Wie der liebenswerte Punk im Film schon sagt: "Fucking crazy!" Man kann es schwerlich beschreiben, aber vielleicht geben die Photos am Rand eine Andeutung, was ich meine. Wer Survive Style 5+ mochte, wird diesen Film lieben.

Matsuko ist spannend! Der Zuseher erfährt langsam - Stück für Stück - vom Leben und Wirken Matsukos: Ihre Kindheit, ihre erste Liebe mit einem Zahnpasta-lächelndem Lehrer, ihre Zeit als Prostituierte, ihr Mord, ihre Zeit im Gefängnis, ihr Leben mit einem Yakuza... Stück für Stück lernt auch der Zuseher Matsuko lieben und er liebt mit ihr, denn darum geht es im Leben von Matsuko: Der Suche nach Liebe… Matsuko ist ein Liebesfilm - und was für einer!

Matsuko ist witzig! Unglaublich sind die Einfälle des Regisseurs und so sorgen faszinierende Cuts, Filmzitate, abgefahrene Ideen, Videoclips usw. für große Heiterkeit. Der Film ist immer auf eine liebenswerte Art komisch, ohne jedoch jemals albern zu werden.

Matsuko ist traurig! Auf ihrer Suche nach Liebe gibt Matsuko alles, ja, gibt sich selbst für andere auf. Jedoch trotz all Ihrer Bemühungen, all ihrer Liebe, prügelt das Leben auf sie ein. Der Zuschauer fühlt und leidet mit Matsuko, man möchte helfen, doch natürlich geht das nie. Der ist Film schafft es, den Rezipienten in den Sog von Mitgefühl einzubinden, gibt ihm immer "Heiß"-"Kalt", jedoch aber ohne jemals kitschig oder sentimental zu werden.

Matsuko ist lebensbejahend und positiv! Trotz all ihrer Rückschläge richtet sich Matsuko immer wieder auf, sucht Kraft in ihrer nächsten Liebe und erlebt sie in voller Leidenschaft.

Matsuko ist genial! Obwohl man fürchten könnte, dass gerade diese Mischung aus schönen und traurigen Momenten den Film verwässern würde - und bei jedem anderen Regisseur wäre das wohl der Fall gewesen - macht dieser Mix aus Komödie, Tragödie, Liebesgeschichte mit Hilfe von opulenten Bildern, abgefahrenen Kameraeinstellungen, geiler Technik und super-coolem Soundtrack daraus ein Meisterwerk, wie es schon lange keines mehr gab und vermutlich auch lange keines mehr geben wird.

Es wundert auch nicht, dass Miki Nakatani (Ringu, When the Last Sword Is Drawn), die Matsuko spielt, für den Film bereits fünffach als beste Schauspielerin ausgezeichnet wurde. Ebenso wurde der Editor Yoshiyuki Koike, der für die tollen Schnitte zuständig war, sowie der Soundtrack mehrfach mit Preisen überhäuft.

Einziger Wermutstropfen (und das kostet Matsuko meinen so gut wie nie erreichbaren 10.ten von 10 Punkten) ist der allerletzte Schluss. Vermutlich hatte der Regisseur noch einiges an Fluss-Filmaufnahmen zu viel, anders kann ich mir die sinnlose Sequenz nicht erklären (möglicherweise auch um den Film nochmal etwas aufzuheitern). Wenn das geschnitten gewesen wäre, hätten wir einen perfekten Film gehabt.

Memories of Matsuko Bild 1
Memories of Matsuko Bild 2
Memories of Matsuko Bild 3
Memories of Matsuko Bild 4
Memories of Matsuko Bild 5
Memories of Matsuko Bild 6
Memories of Matsuko Bild 7
Memories of Matsuko Bild 8
FAZIT:

Danke, danke, danke an das DVD-Label I-ON New Media, dass ihr diesen wunderbaren Film endlich für den deutschen Sprachraum zugänglich macht.

Kein Review kann diesem Film gerecht werden, man muss ihn selbst gesehen haben. Für mich der beste Film seit vielen Jahren (vermutlich zurück bis 'City of God'). Also: Nicht hier die Kritik lesen sondern sofort in die Videothek laufen! Schnell! Ihr werdet es nicht bereuen!

WERTUNG: 9 von 10 zuckerlbunten Blumen am Screenrand
TEXT © Andreas Berger
Dein Kommentar >>
Goldi | 25.11.2009 00:21
Ich bin beeindruckt!!!
Ich war mir nicht sicher ob ich mir den Film ansehen wollte da ich ein eingeschworener Horror - Psychothriller Anhänger bin und mir nur zu selten Komödien oder Dramen ansehe.
Aber der Film hat alle meine Erwartungen übertroffen ein mehr an Fantasie und Emotionen.
ich fasse zusammen... wunderschön

10 von 10 verzweifelten Hoffnungen
>> antworten
a bloodred bird | 02.09.2008 11:44
ich bin ja ein freund des ab- und aufgedrehten
japanischen films (ich sag nur "Hausu") - aber
der film war mir letztendlich doch zu, äh,
überinszeniert. bei aller liebe zur überbordende
phantasie und der kreativität des herrn
nakashima - die (leidens-)geschichte und der
mensch matsuko bleiben irgendwann zwischen
der ganzen pompösen popart-bonbon-ozworld-
candyjail-inszenierung auf der strecke. ein
bisschen weniger pfefferminzgeschmack und der
film wäre ergreifend gewesen. 6 von 10
zwangsneurosen.
>> antworten
Ralph | 19.02.2008 13:23
Ohne Zweifel ein genialer, herrausragender Film. Die japanischer Version von Lars von Triers "Dancer in the Dark".
Mich hat der Film aber etwas am falschen Fuß erwischt, denn ich hatte im Hinterkopf, dass der Film ein Superhit war, Amelieanleihen hatte und aus irgend einem Grund den Teil des Reviews, wo "Breaking the Waves" erwähnt wurde, ausgeblendet. Daher ich hätte nie im Leben erwartet, dass dieser Film sowas von beinahe unerträglich traurig war (vor allem wenn man etwas eher Leichtfüßiges erwartet). Ich fand daher besagte Kamerfahrt am Ende sehr wichtig um den Zuseher (mich!) aus diesem tiefen Loch zu holen. Ein Meisterwerk, aber man sollte vorbereitet sein.... Ist etwas für Naturalismusjunkies, trotz der farbenprächtigen Inszenierung.

9/10 unhappy endings
Andreas Berger | 19.02.2008 17:50
gerade die abwechlung der stimmungen, zwischen fröhlich und traurig, machen diesen film so hervorragend.

in all seiner traurigkeit hat ja das ende auch etwas unbegreiflich schönes und positives, indem man sieht, wie diese - augenscheinlich - unbedeutende person, das leben von so vielen personen positiv beeinflusst hatte...
Ralph | 27.02.2008 10:20
Jetzt nachdem ich eine Woche Zeit hatte um den Film zu verdauen, muss ich sagen, dass ich ihn rückblickend auch sehr schön fand. Wenn ich jetzt an den Film denke, dann ist es seine lebensbejahende Aussage, die mich am allerstärksten berührt...
Andreas Berger | 27.02.2008 17:53
...ja, selbst als sie niedergeschlagen wurde, läßt sie der regisseur nochmal aufstehen. und sogar am schluss wo sie dann engültig am boden liegt, schwebt ihr vermächnis (in form eines schmetterlings) nach oben.

oder interpretier ich da wieder zuviel? :-)
Ralph | 10.03.2008 15:20
Ich glaub nicht;-)
>> antworten
Gisele Tchilda | 05.09.2007 14:22
Great Movie!!!! 10 out of 10!
>> antworten
Bernie | 31.07.2007 20:08
Gesehen und für genial befunden!
10 von 10!

Die Mühen (es aus dem Internet zu saugen) haben sich gelohnt... :-)
Christian | 07.08.2007 17:24
Wenn ich so etwas lese, krieg ich Plack: "Die Mühe den Film zu downloaden"... Es gibt eine ganz hervorrangende HK-Disc zu dem Film, welche dazu auch noch sehr günstig zu erwerben ist. Das hat mit Filmliebe nichts mehr zu tun, wenn man solch grandiose Produktionen nicht auch finanziell irgendwie unterstützt.
Bernie | 10.08.2007 12:47
Pff. Ich glaube kaum, dass der Film auf unsere Unterstützung angewiesen ist. Immerhin hat Matsuko in Japan mehr eingespielt als der Da Vinci Code. Und das war immerhin zumindest in Österreich der finanziell erfolgreichste Film des Jahres.
Harald | 10.08.2007 19:38
ich verfluche ja die download-mafia bei jeder sich bietenden gelegenheit - aber wenn ein genialer film nur schwer oder gar nicht erhältlich ist, hab ich doch ein wenig verständnis für den elektronischen saugreflex...
>> antworten
harald | 15.07.2007 21:03
na, das nenne ich eine euphorische rezension. gute nachricht:
i-on new media hat die deutschen rechte gekauft, eine dvd-veröffentlichung ist also nur eine frage der zeit ...
Ralph | 17.07.2007 13:29
Der Film hört sich ein bisschen nach Citizen Kane an. Wollt ich nur anmerken. Also Amelie trifft Citizen Kane, trifft Breaking the Waves, trifft Moulin Rouge.... So jetzt gibt es aber wirklich keinen Grund mehr ihn nicht anzusehen ;-)
Andreas Berger | 17.07.2007 16:01
hmmm, nö, citizen kane passt vom stil nicht. aber grund diesen film nicht anzuschauen gibt es trotzdem wirklich keinen.
Ralph | 18.07.2007 12:32
Naja, bei Citizen Kane wird ja auch das Leben einer Person durch verschiedene Perspektiven mit jeweils eigenen Stilelementen erzählt.... Aber nachdem ich Matsuko nicht gesehen hab, kann ich im Grunde nicht wirklich mitdiskutieren....
>> antworten