ANIMATIONSDRAMA: AUS, 2008
Regie: Adam Elliot
Darsteller: Philip Seymour Hoffman, Toni Collette, Eric Bana
Der Film erzählt die Geschichte der Brief- und später echten Freundschaft zwischen dem New Yorker Autisten Max und der australischen Außenseiterin Mary.
KRITIK:Es ist schon erstaunlich. Die meisten Filme bieten den immer und immer wieder selben Handlungsablauf mit den immer und immer wieder selben Problemen und Figuren, die sich auf die immer und immer wieder selbe Art gebären. Aber hin und wieder scheint eine Art göttlicher Funke auf eine künstlerisch veranlagte Person zu treffen und erzeugt damit gleich eine Kettenreaktion an Einfällen, nennen wir es eine Genesis der Kreativität.
Vor allem der Animationsfilm ist dafür prädestiniert eine solche Explosion an Innovation zu begünstigen, weil seine Form es neben der Narration auch erlaubt mit den Bildern herumzuspielen, diese so sehr zu verfälschen, dass sie als Umkehrreaktion der Wahrheit viel näher kommen als jegliche fotografische Genauigkeit.
Max und Mary des australischen Regisseurs und Drehbuchautors Adam Elliot, der für seinen Animationskurzfilm "Harvie Krumpet" mehrfach ausgezeichnet wurde, ist, wenn man ihn nüchtern betrachtet ein beinharter Film, wäre da nicht sein Macher, der offenbar in den Filmzaubertrankkessel geplumpst ist und es deshalb versteht, jede Szene trauriger Realität mit einer derartigen Dichte an Fantasie und Humor zu kompensieren, dass es einem die Tränen sowohl aus Leid als auch aus Freude in die Augen treibt.
Max und Mary sind zwei hochproblematische Charaktere. Er ein übergewichtiger, jüdisch-atheistischer Autist, der folglich mit Menschen überhaupt nicht zurecht kommt, ihn überfordert schon die Dekodierung der menschlichen Mimik, wodurch er niemals weiß, welche Emotion Menschen ausdrücken, und sie eine krasse Außenseiterin mit dysfunktionaler Familie, Vater ein schräger Vogel, der bald stirbt, und Mutter, eine schwere Alkoholikerin.
Durch ihre kindliche Neugier schreibt sie eher zufällig einen Brief an Max, wodurch eine lebenslange sehr schwierige Freundschaft beginnt, da Max durch geringste Verunsicherungen sehr schnell in depressive Phasen gerät (etwa als sie ihn einmal etwas über die Liebe fragt).
Sie hingegen möchte ihm und sich selbst helfen und studiert sogar Psychologie um ihn zu heilen, nur um am Ende zu erfahren, dass er nicht geheilt werden möchte, das er als Mensch zufrieden mit sich ist und ihr lange Zeit nicht verzeihen kann, dass sie ihn so nicht akzeptieren konnte wie er ist. Werden es die beiden also jemals schaffen einander gegenüberzutreten?
Man sieht schon, ein Film voller trauriger Wahrheiten, voller neurotischer Figuren, deren Wohlbefinden oft nur am seidenen Faden hängt, ein Film voll Tod und makaberem Humor, ein Film der die rosarote Brille im Schrank lässt und dennoch das Leben feiert, weil eben ein Film der in unserer trostlosesten Realität die Schönheit des Lebens findet, die Kraft der Liebe, den Genuss an Schokolade zu knabbern und die unbändige Kraft freundschaftlicher Bande darstellt und die ist im Endeffekt stärker als jegliche Tristesse.
Ein visuell und inhaltlich unglaublich treffender Film für solche, die längst erkannt haben, dass der Blick der Depressiven viel näher an der Wahrheit liegt, als der der sogenannten "Glücklichen", die sich im Grunde in Illusionen verlieren. Ein Film der aber auch zeigt, dass sich sogar in der unerträglichsten Traurigkeit, Lebensfreude, Humor und Freundschaft verbergen. Kurz: Ein Meisterwerk des Galgenhumors und sicher der beste Animationsfilm des Jahres. Nicht versäumen!!!