DRAMA: HK, 1999
Regie: Wong Kar Wai
Darsteller: Tony Leung, Maggie Cheung
Zwei Ehepaare ziehen zur selben Zeit als Untermieter in eine Wohnsiedlung ein und werden Nachbarn. Immer öfter verbringen die Alleingelassenen Zeit miteinander und bald schon stellt sich heraus, dass ihre Ehepartner sie betrügen...
KRITIK:Ach, welche Freude mein Lieblings-Liebesfilm zu rezensieren. In the Mood for Love von Wong Kar Wai, dem Hong Kong-Ausnahmetalent. Tatsächlich. Hong Kong. Nicht nur die typischen "Eastern" entstehen in diesem kleinem asiatischen Hollywood, in denen wild geprügelt und blind geschossen wird. Hong Kong beherrscht mit seinen vielen sensiblen Regisseuren auch poetische, romantische Kinoballaden, deren cineastische Qualitäten und Stilbrüche eng verwandt mit der Nouvelle Vague sind.
Wong Kar Wai, der wohl bekannteste unter ihnen zauberte mithilfe seines seelenverwandten Kameramann Christopher Doyle 1999 diese hinreißend schwermütige Romanze mit Tony Leung und Maggie Cheung in den Hauptrollen. Ein Film über zwei Menschen, die von ihren Ehepartnern betrogen werden und durch diese Entdeckung zueinander finden, die Linderung des verursachten Herzschmerz quasi durch die Anwesenheit des anderen Betrogenen suchen. Fortan spielen sie dem anderen den braven Ehepartner vor und zwingen sich letztlich nicht so zu werden wie "Sie", die es miteinander treiben.
Es ist erstaunlich wie sehr man von der atmosphärischen Dichte mit ihren großen Zeitsprüngen gesogen wird, Szene für Szene, wie nah man diesen zwei Verlieren der Liebe kommt. Harte Schnitte, keine Kompromisse. Die Zeit fehlt fast vollständig. Bemerkbar einzig in Zeitlupensequenzen, die fast unsichtbare Kleinigkeiten hervorzuheben scheinen.
Einmal mehr zeigt sich das Talent des Regisseurs den Raum perfekt für eine Geschichte zu nutzen und durch das Fehlen der Zeit allem und jeden ewige Bedeutung beizumessen.
Liebende, die sich ihrem Glück versperren um nicht von der Gesellschaft geächtet zu werden, deren Partner sich allerdings irgendwo vergnügen. Zwei Verlierer, die keine Ehebrecher sein wollen und genau deshalb sich vielleicht ihrem Liebesglück in den Weg stellen. Hinreißend melancholischer Gedanke, der zeigt, das sogar in unserer Gegenwart wo alles schon mal da war, immer neue Märchen entstehen können und die Quelle der Romantik nie versiegt.
Außerordentlich auch festzustellen, dass Wong Kar Wai ein Regisseur ist, der nicht konventionell mit einem vorgefertigtem Drehbuch arbeitet. Er erfindet die Geschichte, von der er erzählen will am Set, meist kurz vor Drehbeginn.
Man schmunzelt und grinst unentwegt, liebäugelt mit den Beiden. Wie sie Szenen einer intakten Ehe durchspielen. Versuchen dem Ideal des Anderen gerecht zu werden. Maggie Cheung, wie sie grinst und Tony Leung über das Hemd streicht, verliebt und unvorsichtig. Ihre Begegnungen vor der Haustür, Blicke die ohne Worte auskommen, dem Zuschauer alles verraten und dem Angesehenen verunsichern. Und immer wieder Yumejis Theme, einem begleitenden Walzer, der so fabulös zu den Bildern passt wie Maggie Cheungs Kleider. (Man achte darauf, dass sie in jeder Szene ein anderes Kleid trägt.)
Christopher Doyles Kamera hält stilsicher das fest, was die Geschichte braucht und viel viel mehr. Der Kniff die Ehebrecher nicht zu zeigen wirkt geradezu elegant. Zeitlupen. Bis zum Ende erleben wir kein Tageslicht. Das meiste spielt sich in Räumen und Gassen der Wohnsiedlung ab, bei denen man denkt schon mal dort gewesen zu sein.
Ich könnte Seiten hindurchschwärmen über diesen Liebesfilm und doch nicht der Entzückung gerecht werden, der man erliegt, wenn man sich auf den Film und seine Atmosphäre einlässt. Wer anschließend mehr will: 2046. Und wer dann noch immer nicht genug hat wird großer Wong Kar Wai- Fan.
Wer noch an die Liebe glaubt und ernstes, gefühlgeladenes Kino "braucht"... der möge auch eine Ehe mit "In the Mood for Love" eingehen.