SATIRE(?): SWE, 1968
Regie: Vilgot Sjöman
Darsteller: Lena Nyman, Vilgot Sjöman, Börje Ahlstedt
Wir befinden uns im Schweden der späten sechziger Jahre. Die Jugend probt den Aufstand gegen ein verkrustetes System: Man demonstriert gegen den spanischen Faschismus und die Konservativen im eigenen Land und stellt Spießer auf offener Straße zur Rede. Irgendwann entdeckt man die Vorzüge der freien Liebe und dreht Sexfilme - mit streng politischer Message, versteht sich.
KRITIK:Sagen wir's mal so: Es schadet nicht, als Zuseher Begriffe wie "klassenlose Gesellschaft", "Revolution" oder "ziviler Ungehorsam"
zumindest schon mal gehört zu haben. Ansonsten könnten sich die politischen Straßenumfragen,
mit denen unsere Hauptfigur Lena arglose Passanten überfällt, bald zur Geduldsprobe auswachsen.
Vor dem Sex kommt nämlich die Politik, auch (oder gerade?) bei linken 68ern.
Der Tonfall ist aber erfreulich zynisch, etwa wenn Lena am Flughafen heimkehrende Mallorca-Urlauber fragt: "Mögen Sie Franco?". 45 Jahre später wird ein gewisser Michael Moore diese Masche mit großem Erfolg kopieren.
Ein Film für Hirnbesitzer also. Und ein interessantes filmisches Kuriosum aus einer Zeit, in der es noch Utopien gab. Schlag nach unter "subversive Kraft der freien Liebe". Der Film hat keine Handlung im herkömmlichen Sinn, er mischt Agitatorisches, Politisches, Sexuelles und Satirisches zu einer freien Assoziationskette, die wie eine 68er-Variante der Sendung ohne Namen (für unsere deutschen Leser: Eine leider eingestellte Sendung des österreichischen Fernsehens, die Kultstatus erreichte) daherkommt.
Wohl aufgrund der einigermaßen offenherzigen Sexszenen wurde der Film in 16 Länder verkauft. Die Moralapostel tobten, mit tragikomischen Auswüchsen: In Norwegen, wo der Film verboten wurde, organisierten Reisbüros Busreisen in die Kinos im benachbarten Schweden. Ein Gericht in New York befand den Film als "obszön" und lies die Filmrollen vorsorglich vom Zoll beschlagnahmen.
Trotzdem ist der Film vor allem aufgrund seiner geschichtlichen Bedeutung interessant. Ich bin neugierig wurde zu einem Massenphänomen. Der Film hat seinen Beitrag zur sogenannten sexuellen Revolution geleistet, so viel ist sicher.
Und wie ist er jetzt wirklich? Nun ja, doch etwas langatmig. Seeehr dialoglastig. Halblustig im Tonfall, aber
künstlerisch ambitioniert. Schwarzweiß! Und für einen Film, der "die letzen Sexmauern sprengt" (deutscher Werbeslogan 1968)
eigentlich ziemlich un-explizit: Die erste Sexszene gibt's erst nach 40 Minuten Laufzeit, und pornographische Details wie in Pasolinis nur wenige Jahre später gedrehten erotischen Trilogie wird man hier keine finden.
Wegen des großen Erfolges hat der Regisseur ein Jahr später ein "Sequel" gedreht;
das im Grunde den selben Inhalt aus einer anderen Perspektive erzählt.
Legend Films präsentiert beide Filme Ich bin neugierig Gelb / Blau in der beliebten Kino Kontrovers-Reihe,
auf zwei DVDs mit vielen Extras und ausführlichem Booklet.
Die jüngste Veröffentlichung aus der beliebten Kino Kontrovers-Reihe entpuppt sich als mitunter sperriges, aber interessantes Provokations-Kunstwerk aus einer Zeit, in der man noch an das subversive Potential der "freien Liebe" glaubte.